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Felipe. Sein Name ließ sie nicht mehr los. Er ließ sie nicht mehr los. Wieder einmal lag sie wach auf ihrer Schlafmatte und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Sie konnte nicht aufhören an ihn zu denken und hatte andauernd sein Bild vor Augen, als würde er direkt vor ihr stehen.

Sie erinnerte sich an seine geraden, leuchtend weißen Zähne, die vollen Lippen, deren Lächeln so einzigartig war. Noch nie hatte sie so ein Lächeln gesehen.

Sie erinnerte sich an seine braunen Augen und sogar die kleine Narbe über seiner rechten Augenbraue hatte sie bemerkt.

Seine braungebrannte Haut und seine hohen Wangenknochen. Sie hatte sich so einfach mit ihm unterhalten können. Er liebte den Regenwald, hatte er gesagt. Er war so... perfekt?

Den ganzen Tag über hatte sie an ihn denken müssen. Ihr Herz klopfte. Sie schloss die Augen und ließ den Tag nochmal Revue passieren.

Taya war zum Glück noch rechtzeitig gekommen, keiner hatte ihre Abwesenheit bemerkt. Sie schlüpfte durch den Dorfeingang und huschte geduckt zurück zu ihrer Hütte. Ihre Geschwister schliefen noch, die Mutter arbeitete in der Küche.

"Wo warst du schon wieder?", hatte sie gefragt, ohne sich umzudrehen.

"Beeren sammeln. Und ich habe neue Kräuter mitgebracht. Fürs Sago." Die Kräuter hatte sie auf dem Rückweg ebenfalls gefunden und mitgenommen.

"Das sagst du zurzeit immer. Denk dir eine neue Ausrede aus."

"Was? Es stimmt!" Taya zog sich das Noken von Rücken und warf es vor ihrer Mutter auf die Arbeitsfläche. Diese reagierte nicht und knetete weiter ungerührt ihr Sago. Dann ging Taya plötzlich ein Licht auf.

"Mutter! Redest du etwa wegen Cyr nicht mehr mit mir?"

Keine Antwort. Tayanara hatte auch keine erwartet.

"Es tut mir leid, in Ordnung? Ich war gestern nicht gut drauf, es tut mir wirklich leid."

"Entschuldige dich nicht bei mir, sondern bei Cyr. Der Junge gibt sich alle Mühe, dein Herz zu erobern, aber anscheinend hast du keines."

Taya schnappte nach Luft. Diese Worte waren wie ein Schlag in den Magen. Wenn nicht noch schlimmer. Sie wusste keine Antwort. Deshalb drehte sie sich auf dem Absatz um und rauschte wieder aus der Hütte hinaus. Ihre Mutter hatte doch kein Recht, so mit ihr zu reden. Welche Frechheit! Natürlich besaß sie ein Herz!

Wie gerne wäre sie jetzt wieder in den Wald abgehauen, um ihrem Ärger Luft machen, wo sie keiner sehen und hören konnte. Oder sich Felipe anzuvertrauen. Nein, das wäre inakzeptabel. Felipe konnte sie mit so etwas nicht belasten, sie kannte sie ihn doch gar nicht. Obwohl es sich schon so anfühlte.

Tayanara war quer über den Platz gestapft, die Hände zu Fäusten geballt, die Zähne zusammengebissen. Es war offensichtlich, dass sie jetzt nicht angesprochen werden wollte. Sie lief an ihrer besten Freundin Naira vorbei, beachtete sie aber nicht. Naira bemerkte sie jedoch und ließ ihre Arbeit liegen, um Taya nachzueilen.

"Taya! Wo willst du denn hin?", rief sie, aber Taya drehte sich nicht um. Naira hielt sie am Arm fest.

"Lass mich los! Ich will alleine sein."

"Und wo willst du hin?"

"Weiß ich nicht. Erstmal weg von hier."

"Taya, ich verstehe es, egal was es war, aber du kannst es dir nicht leisten, nochmal abzuhauen. Sonst kannst du hier im Dorf versauern und Laufbursche für die anderen spielen. Und wir beide wissen, dass du das nicht willst." Wie recht ihre Freundin hatte. Naira kannte sie einfach zu gut. Tayanara entspannte ihre Muskeln.

Amazona GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt