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Die Vorbereitungen für das anstehende Maskenfest waren in vollem Gange. Alle waren in heller Aufruhr, jeder freute sich auf das beliebte Fest. Das Maskenfest war eine alte Tradition, um die Verstorbenen der Waldvölker zu ehren.

Tayanaras Dorf war nicht das einzige, das im brasilianischen Dschungel lebte und anlässlich des Maskenfestes kamen alle vier umliegenden Völker des Tukuta-Stammes zusammen, um zu feiern. Und dieses Jahr gebührte die Ehre, das Fest ausrichten zu dürfen, Tayanaras Dorf. Normalerweise würde Taya sich ebenfalls auf das Fest freuen, aber Kari hatte offenbar beschlossen, sie zum "Laufburschen" zu machen. Als wäre sie nicht genug damit bestraft, im Dorf bleiben zu müssen. Einmal einen Auftrag angenommen, fanden alle Freude daran, Tayanara durch das Dorf zu scheuchen. Und da sie natürlich nicht widersprechen konnte, als Frau hatte sie gar kein Recht dazu, musste sie alles erledigen.

Schon zur Mittagszeit schmerzten ihr die Füße und der Rücken, obwohl sie durchaus anderes gewöhnt war. Sie schleppte Materialen für die Maskenbinder von einem Ende des Dorfes zum anderen, versorgte die Stammeshäuptlinge, die schon früher zusammengetroffen waren, mit genügend Essen und Trinken und half, wo Hilfe benötigt wurde.

Irgendwann musste sie aber selbst mal eine Pause machen und einige Schlucke trinken. Sie setzte sich in den Schatten einer Hütte und streckte ihre Beine aus.

"Hallo Süße. Ach, entschuldige, ich soll dich ja nicht mehr so nennen." Cyr stand auf einmal neben ihr.

"Cyr. ", antwortete Taya knapp. "Geht es dir wieder besser?"

Cyr ließ sich neben Tayanara nieder. Seinen Arm hielt er in einer Schiene aus Holz vor seinem Körper, um ihn nicht allzu viel zu bewegen.

"Danke, ja. Nur deinetwegen. Du hast schnell genug reagiert und mich zu Kari gebracht."

"War keine große Sache."

"Doch. Ohne dich wäre ich vielleicht gestorben. Aber warum hast du Kari angelogen? Wie ich von der Schlange gebissen wurde?"

"Weil sie nicht wissen muss, dass du ungefragt auf mir lagst und versucht hast, mich zu küssen.", erwiderte Taya pampig. Cyr gab ein unbestimmtes Geräusch von sich.

Taya sah aus den Augenwinkeln zu Cyr. Er sah sie wie gebannt an. Auf einmal kam er langsam näher und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

Taya sprang erschrocken auf die Füße. "Was soll das? "

Cyr sah ebenso erschrocken aus. "Was denn? Ich will mich doch nur bedanken."

"Ein Danke hätte gereicht. ", fauchte Tayanara. "Hast du mir gerade zugehört? Ich dachte, ich habe es dir schon oft genug erklärt! Kannst du es nicht einfach lassen?!"

Wütend drehte Taya sich auf dem Absatz um und lief davon. Unglaublich, wie Cyr sich verhielt. Sie hatte ihm schon gefühlt hundert Mal erklärt, dass sie Freunde waren. Nicht mehr und nicht weniger. Sie wollte keine ungefragten Küsse von ihm. Er sollte es eigentlich wissen. Und trotzdem versuchte er immer wieder, sich ihr aufzudrängen.

"Tayanara!", wurde sie gerufen. "Vergiss die Häuptlinge nicht. Kari braucht frisches Wasser zum Kräuterwasser brauen. Und danach kannst du Seda und Alena beim Backen helfen." Schnaubend tat sie, wie ihr geheißen.

Die Stammeshäuptlinge der anderen Dörfer kamen schon ein paar Tage vor dem offiziellen Beginn des Festes zusammen und entschieden, welche Verstorbenen dieses Jahr geehrt werden sollten. Es galt als die größte Ehre, geehrt zu werden. Tayanara und ihrer Familie war diese Ehre nie zuteil geworden.

Das Maskenfest dauerte plus der Vorbereitungen etwa fünf Tage. Morgen würde das Fest mit der feierlichen Eröffnung beginnen.

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Amazona GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt