Entführung

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Der nächste Tanz war der sogenannte "Handtour". Hierbei drehten sich die Paare, Handfläche an Handfläche und die Unterarme aneinander, um ihre eigene Achse und nach einer Drehung wurde die Hand gewechselt und es ging in die andere Richtung.

Die Tanzfläche hatte sich inzwischen gefüllt und als Jonah erneut in die Richtung der Frau blickte, war diese bereits verschwunden.

Nach insgesamt zwei Drehungen wurden die Partner gewechselt und Jonahs nächste Partnerin war die Braut höchstpersönlich. Sie fiel ihm förmlich in die Arme und Jonah musste sie gut festhalten dass sie nicht hinfiel.

"Jonah Farris, richtig?", fragte sie nachdem sie sich wieder gefangen hatte.
Sie begannen mit dem Tanz. Jonah nickte und lächelte sie an.

"Genießen Sie ihre Feier?", fragte er.

"Und wieeee!", grinste sie. Ein anderes Lied wurde angespielt und die beiden nahmen wieder die normale Tanzhaltung ein. Die Braut kam Jonah aus seiner Sicht viel zu nahe.

"Wie lange seid ihr beiden Süßen denn schon ein Paar?", fragte sie ohne Hemmung.

"Etwas mehr als eine Woche."

Alle anderen Gäste wechselte erneut die Partner, aber die Braut lies nicht von Jonah ab. Dann eben noch eine Runde..., dachte er.

"Wehe du behandelst Lucy nicht gut!", mahnte sie ihn mit zusammengekniffenen Augen und bohrte ihm ihren Finger in die Schulter. Dann lachte sie und sagte es sei nur ein Scherz gewesen. Ihr Mann kam zu ihnen und bat Jonah, seine Frau für einen Tanz 'ausleihen' zu dürfen. Jonah übergab sie ihm erleichtert. Er blickte ihnen nach und sah weiter hinten auf der Tanzfläche Lucy mit einem der Anzugträger weggehen. Sofort drängte Jonah ihnen durch die tanzenden Paare hinterher, aber er kam nicht weit.

Wie aus dem Nichts stand die Frau von der Terrasse vor ihm und nahm seine Hände. Wie von selbst standen sie in Tanzhaltung wieder mitten auf der Tanzfläche. Jonah starrte in ihre Augen, die halb von der Maske verdeckt waren. Sie waren grün.

"Sie erinnern sich an mich, nicht wahr?", flüsterte die Frau ihm zu. Jonah antwortete nicht. Er ließ sie eine Drehung vollführen und schaute dabei nach Lucy. Die Frau stand wieder direkt vor ihm. Sie war fast einen ganzen Kopf kleiner als Jonah und als dieser immer noch den Blick über die Tanzfläche schweifen ließ, schaute sie auch in diese Richtung. Dann sah sie wieder zu Jonah und lächelte geheimnisvoll. In dem Moment machte es 'Klick' in Jonahs Kopf und er ließ die Frau einfach alleine zurück. Er hatte Lucy mit dem Typen ins Nebenzimmer gehen sehen und der andere folgte den beiden kurz darauf. Das war Jonah gar nicht recht. Und dann dieser Blick von...ihr. Irgendetwas stimmt da nicht! Mein Gefühl täuscht mich nicht!

Während Jonah sich mühsam durch die Menge kämpfte, begann ein neues Lied zu spielen und alle Gäste tanzten plötzlich als ob es eine Disko wäre, was den Durchgang noch weiter erschwerte.

Jonah hatte endlich die Tür erreicht und öffnete diese. Der Raum dahinter war dunkel, aber er konnte zwei Personen ausmachen.

"Jonah!" Das war Lucy.

"Verschwinde hier, das ist eine Falle!", schrie sie. Doch es war bereits zu spät. Der Lauf einer Pistole berührte Jonahs Nacken und ein Klick sagte ihm, dass die Waffe geladen wurde. Er hob seine Hände. Nun hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt und er konnte den anderen Typen sehen, der Lucy eine Waffe an den Kopf hielt. Ich muss Lucy hier rausbringen! Jonah überlegte fieberhaft, doch er wurde direkt unterbrochen.

Die Tür öffnete sich erneut und die Frau von eben trat ein. Alles war still. Man hörte wie sich der Schlüssel im Schloss drehte und kurz darauf ein Geräusch weit hinten im Zimmer ertönte. Die Frau hatte den Schlüssel weggeworfen. Sie waren gefangen!

Sie knipste eine kleine Lampe neben der Tür an und stellte sich dann vor Jonah. Das Licht schien Jonah komplett an aber er konnte die Frau kaum sehen, nur ihre Umrisse. Dann kam sie zu ihm und zog ihm die Maske vom Kopf. Die Maske landete genauso wie der Schlüssel irgendwo im dunklen Raum.

"Ich dachte ja, ihr hättet mehr drauf gehabt...", sagte sie enttäuscht.

Jonah starrte sie wütend an.

"Naja, aber was soll ich machen, ich will ein bisschen Action sehen!", rief sie und bohrte Jonah daraufhin ihre langen, spitzen Fingernägel in den Bauch. Jonah krümmte sich und bekam dazu noch einen Tritt des Typen hinter ihm, sodass er auf dem Boden landete.

"Jonah!", schrie Lucy, die alles mit angesehen hatte. Jonah rappelte sich wieder auf und griff den Anzugträger an. Der andere Typ band währenddessen Lucy an einen Stuhl fest und eilte seinem Kollegen dann zur Hilfe. Die Frau stellte sich neben Lucy und beide schauten den Dreien zu.

"Aus ihm ist ja ein richtiger Mann geworden. Wie die Zeit doch vergeht...", sagte sie gelassen.

Lucy starrte sie an. Jetzt erkannte sie die Frau auch.

"Was wollen Sie von uns?", fragte Lucy und versuchte, ihre Fesseln zu lösen. Die Frau schaute sie an als wäre sie ein Kind, dem man alles erklären musste.

"Keine Sorge meine Süße. Du dienst nur als Ablenkung und als Druckmittel." Sie schaute zu Jonah rüber.

"Er ist es, den ich will!" Mit diesen Worten ging sie auf die Drei zu.

Jonah hatte gerade einen der beiden zu Boden werfen können, als er einen stechenden Schmerz am Rücken spürte. Er verlor für einen kurzen Augenblick die Kontrolle über seinen Körper und fiel sofort zu Boden. Halb aus dem Augenwinkel sah er die Frau über ihm stehen, mit einem Elektroschocker in der Hand.

"So macht man das, ihr Nichtsnutze!", rief sie und gab dann ein Zeichen, dass sie weitermachen sollten. Jonah bekam daraufhin von allen Seiten Tritte verpasst, obwohl er schon am Boden lag. Als er gerade versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, trat ihm einer der beiden Männer so hart in den Bauch, dass er auf dem Rücken landete und sich nicht mehr rühren konnte. Der Mann zu seiner Rechten trat ihm außerdem auf das Handgelenk, sodass er seinen Arm nicht mehr von der Stelle bewegen konnte.

Er hörte das Klackern von Schuhen und dann kam die Frau in sein Blickfeld. Sie bückte sich zu ihm hinunter und legte ihre Hand auf Jonahs freien Arm, der seine verletzte Seite hielt.

"Du hast dich tapfer geschlagen, Jonah...", sagte sie leise. Ihre Hand wanderte hoch zu seinem Hals, sie lockerte seine Krawatte und drehte seinen Kopf in ihre Richtung. Jonah riss sich sofort davon los und vermied es so, die Frau anzugucken. Daraufhin bewegte der Mann, der auf Jonahs Handgelenk stand, seinen Schuh, als ob er eine Zigarette austreten würde. Jonah schrie auf, lies seinen Kopf aber dennoch von der Frau abgewendet.

"Warum tötest du mich nicht einfach?", fragte er ohne sie anzugucken.

Die Frau strich ihm fast zärtlich durchs Haar und holte dann ein winziges Taschenmesser aus einem ihrer Schuhe. Sie klappte es auf und ein wenig Flüssigkeit tropfte dabei von der Klinge. Ohne ein Wort zu sagen, zog sie die Klinge über Jonahs Hals, sodass ein etwa 5 cm langer Kratzer an seiner rechten Halsseite entstand. Jonah schloss vor Schmerz die Augen.

Die Frau verstaute das Messer wieder in ihrem Schuh und sagte dann:

"Ich brauche dich noch, Jonah."

Die Betäubung wirkte bereits, als die Frau langsam ihre Maske absetzte.

Das Letzte was Jonah sah, bevor er bewusstlos wurde, waren die Augen der Mörderin seiner Eltern.

Die grünen Augen von Alessa Sortaz.

Agent J8 - the mysterious womanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt