7. Kapitel

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Tom springt aufgeregt um uns herum und fragt uns, ob wir uns wieder vertragen haben. "Na endlich", seufzt er dann, "Kennylein, du bist unerträglich, wenn ihr zwei euch streitet!"
Kenneth schaut betreten zu Boden. "Tut mir leid, Tom", murmelt er verlegen, "kommt nicht wieder vor."
Der hyperaktive Norweger scheint das ganze schon vergessen zu haben und fällt jetzt Kenneth um den Hals. "So leid tut es mir dann auch wieder nicht," lacht dieser und schiebt den anderen von sich weg. Ich lache mit ihm, aber wenn Tom tatsächlich ein pinkes Duracell-Häschen wäre, würden seine Schlappohren ganz traurig runterhängen, seine Kulleraugen würden sich mit Tränen füllen und er würde an seinen Pfötchen knabbern. Seine Laune bessert sich jedoch sofort wieder und er rennt aufgeregt zu Alex, der gerade mit Anders und Andreas redet.
Nachdem sich die Springer umgezogen haben, fahren wir zurück ins Hotel. Kenneths Laune hat sich seit heute Morgen mal mindestens um 100 Prozent verbessert und er wackelt neben mir auf seinem Sitz herum, während er aus vollem Hals mit den Liedern im Radio mitsingt. Er hält meine Hand fest und schaut mich immer wieder ganz lieb an, was mir ein Lächeln entlockt.
"Turteltäubchen", meint Danny und grinst uns dabei breit an. Kenneths Hand verkrampft sich und ich erwidere: "Neidisch?" Der blonde Norweger lacht nur und schüttelt den Kopf. "Muss ich doch gar nicht sein", meint er dann und küsst meine Wange. Ich zwinkere ihm zu, aber Kenneths Hand hält meine nur noch fester und er schaut verstimmt aus dem Fenster.
Ich drücke seine Hand leicht, woraufhin er wieder zu mir sieht und mich jetzt mit seinen blauen Augen festnagelt. Wie jedes Mal habe ich das Gefühl, dass er direkt in mein Herz schaut, und ich habe Angst, dass er bemerkt, wie schnell es schlägt. Zum Glück lächelt mein Lieblingsnorweger aber nur und drückt kurz seine Lippen gegen meine Stirn.
Sobald der Bus anhält, zieht Kenneth mich aufgeregt hinter sich her. "Was ist denn jetzt los, Liebling?", frage ich ihn verwundert, aber Kenneth antwortet mir erst, nachdem er sich auf unser Bett gelegt hat und mich mit sich gezogen hat. "Du schuldest mir noch ganz viel Kuschelzeit", sagt er und ich lache, vergrabe dann aber mein Gesicht an seiner Brust und lasse zu, dass er mich ganz nah an sich zieht. Ich lege meine Hände auf seinen Bauch und er atmet tief aus. Die Spannung weicht aus seinem Körper, während er meine Haare aus dem Zopf löst und dann mit den Strähnen spielt.
Unsere Ruhe hält nicht lange an. "Kenny, kannst du das Prinzesschen mal für ein paar Momente entbehren?", fragt Danny, der plötzlich mitten im Raum steht. "Nein", grummelt der Angesprochene, lässt mich dann aber widerwillig aufstehen.
Ich folge dem Norweger, der in seinen Einhornslippers unterwegs ist, zum Sofa. "Du, ich hab ja übermorgen Geburtstag. Aber da ist auch die Afterparty. Und am Montag fliegen wir wieder zurück nach Norwegen, da wollte ich nochmal eine kleine Feier machen...würdest du kommen?"
Danny scheint das wirklich unglaublich wichtig zu sein, denn als ich nicke, fällt er mir um den Hals. "Aber ich hab gar nichts zum Anziehen dabei", meine ich besorgt. "Das kriegen wir schon hin, Prinzessin", zwinkert Danny, "außerdem siehst du immer toll aus." Er umarmt mich aufs Neue und streicht mir die Haare aus dem Gesicht, bevor er meine Wange küsst.
Dann dreht er sich zu Kenneth und fragt, ob wir mit dem Team in eine Kneipe gehen wollen. Ich lehne ab, doch zu meiner Überraschung steht Kenneth auf und kündigt an, sich nur schnell umzuziehen. So viel also dazu, dass er Zeit mit mir verbringen wollte.
Naja egal, ich habe Lucas sowieso versprochen, dass ich mit ihm skypen würde. Ich schreibe ihm kurz eine Nachricht und ein paar Minuten später erscheint sein Gesicht auf dem Bildschirm.
"Lucas", sage ich fröhlich und winke ihm zu, was er erwidert. "Heli. Wie geht es dir? Was macht das Team? Ich hab dich in der Quali auf dem Turm gesehen! Und dein Liebling ist toll gesprungen, gratulier ihm von mir", meint mein bester Freund.
"Mir geht es...ach, ich weiß auch nicht. Kenny und ich, wir haben uns gestritten..." "Was? Wieso das denn?", unterbricht Lucas mich sofort, aber ich beschwichtige ihn und erzähle von Stine, was ihn wütend macht. "Diese dumme Kuh! Was bildet die sich eigentlich ein?" Ich lache. Lucas hält echt immer zu mir.
"Naja und eben wollten wir einfach nur Zeit miteinander verbringen, aber dann ist er mit dem Rest des Teams ausgegangen", sage ich traurig, "und ich weiß nicht, was ich darüber denken soll. Er ist die letzten paar Tage immer wieder so niedergeschlagen. Ich mache mir echt Sorgen."
Bevor Lucas antworten kann, klopft es an der Tür und Tom kommt herein. Ich winke ihn zu mir. "Mit wem redest du da?", fragt er neugierig und ich stelle die beiden einander vor.
"Du hast keine Chance gegen Kenneth", stellt Tom ohne Umschweife fest, "die beiden sind ein Herz und eine Seele. Du hättest sie erleben sollen, als sie sich gestritten haben. Kennylein hat sogar meine Scherze kritisiert. Und als ich ihn Kennylein genannt habe, sah er aus, als wollte er mir den Kopf abreißen. Naja. Nicht wirklich. So schlecht kann er gar nicht gelaunt sein. Er ist die Liebenswürdigkeit in Person. Aber zumindest so, als wollte er mir einen Finger brechen. Oder ein Haar ausreißen."
Lucas ist zunächst verblüfft und sprachlos, erkennt Tom dann aber als denjenigen mit den Wasserbomben und die beiden führen bald ein intensives Gespräch, bis ich sie unterbreche. "Warum bist du hier, Tom? Ist etwas nicht in Ordnung?" "Alles okay", meint der und grinst mich schelmisch an, "mir war nur langweilig. Ich darf doch hierbleiben, ich stör doch nicht, oder?"
Ich sehe ihn an und fühle mich an die großen Kulleraugen des Duracell-Häschens erinnert, weshalb ich einfach nicht nein sagen kann. Tom hüpft glücklich auf meinem Bett herum und verspricht feierlich, dass er mich dafür mit seinen Scherzen verschonen will.
"Seid ihr echt so unzertrennlich?", kommt es jetzt von Lucas und ich nicke und werde rot. "Schau nur, sie ist genauso schüchtern wie er!", ruft Tom und piekst meine Wange.
"Macht er dich glücklich?", fragt Lucas leise weiter und ich brauche keine Sekunde, um darüber nachzudenken. "Ja. Er bringt mich immer zum Lachen, egal wie traurig ich bin. Ich verzeih ihm alles, hauptsache, ich kann sein Lächeln sehen. Es ist so schön, es macht alles um mich herum ein bisschen fröhlicher", meine ich und lächle verträumt.
"Verliebt", flüstert Tom überdeutlich und grinst mich dann an. "Was, ist doch so, oder?" "Seh ich genauso", lacht Lucas. "Werde ich hier auch noch gefragt?", erkundige ich mich jetzt belustigt, aber Tom schüttelt nur den Kopf und meint: "Nö!"
"Hast du eine Idee, was mit Kenny los sein könnte?", wende ich mich jetzt wieder an meinen besten Freund. Normalerweise weiß er immer einen guten Rat. "Ich hab da so eine Ahnung", sagt er geheimnisvoll, "aber ich finde, du solltest ihn einfach im richtigen Moment selbst darauf ansprechen." Ich verdrehe die Augen und nicke. Hoffentlich kommt so ein 'richtiger' Moment bald! Ich mache mir so langsam nämlich wirklich Sorgen.
Das merkt Lucas scheinbar auch und er sagt beruhigend: "Hey, mach dir keinen Kopf. Wenn ich recht habe, dann ist es gar nicht so schlimm, wie du glaubst." Er hält einen Augenblick inne und scheint zu überlegen, dann fügt er hinzu: "Und was Stine anbelangt...kämpfe um ihn. Du bist stärker als sie und eine viel bessere Freundin. Du schaffst das, ich glaub an dich."
Ich lächle ihm dankbar zu, bevor er sich verabschiedet.
Dann schaue ich auf die Uhr. Schon zweiundzwanzig Uhr, eigentlich ist jetzt Zeit, dass alle Springer auf ihren Zimmern sind, denn die von Alex vorgeschriebene Ruhezeit -morgen steht schließlich ein Wettkampf an - beginnt. Allerdings ist niemand außer Tom zu sehen. Wenn Alex davon Wind bekommt, stecken die anderen ganz schön in der Klemme.
"Wir warten noch eine halbe Stunde", sage ich zu Tom, dem mein kritischer Blick nicht entgangen ist, "Wenn sie dann nicht zurück sind, gibt es Ärger." Tom nickt und zieht sein Handy heraus, vermutlich um den anderen zu schreiben. Ich beschließe, dasselbe zu tun.

Mein fliegender Held Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt