27. Kapitel

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Kenneths POV:

Sobald Helen neben mir im Auto sitzt, lehnt sie ihren Kopf an die Fensterscheibe und sieht nach draußen. Ihre Finger spielen rastlos mit dem Saum ihres gefütterten Wintermantels und ihre Atmung wirkt unruhig. Ich habe ein beklemmendes Gefühl in der Brust, wenn ich sie so beobachte. So als ob irgendwas hier ganz und gar nicht in Ordnung ist. 
Ich lehne mich zu meiner Freundin und greife nach ihrer Hand, die in meiner eigenen so klein wirkt. Als ich unsere Finger miteinander verschränke, wirkt sie verkrampft und ich spüre, wie sie zittert. Noch immer sieht sie mich nicht an und meine Sorge wächst umso mehr und legt sich wie eine eisige, bleischwere Hand auf meine Brust.
Obwohl ich meiner Kleinen ihren Freiraum lassen wollte, halte ich es plötzlich nicht mehr aus und drehe ihren Kopf zu mir, ohne dass sie sich dagegen wehrt.
Diesmal ist es meine Hand, die sich um ihre Finger verkrampft. Helens Augen sind gerötet und ihre Wangen sind von den Tränen schon durchnässt. Der Anblick bricht mir das Herz. Es fühlt sich so an, als würde jemand mit einem Hammer immer wieder auf mich einschlagen, bis mir schlecht wird und ich keine Luft mehr kriege. Wie soll ich so nur in den Flieger steigen können? Ich muss doch auf sie aufpassen und darauf, dass sie glücklich ist!
Helen weint, und als sie sieht, dass mir ebenfalls einige Tränen übers Gesicht laufen, kriegt sie Panik.
"Kenny, ich...nein, wieso nur? Ich...es tut...mir leid...nein, das...wollte ich nicht...oh Gott, Liebling, ich...", schluchzt sie, auch wenn ich sie sofort in meine Arme nehme und sie beschützend festhalte, "Ich...das ist so...gemein...von mir, verzeih mir...ich...du darfst dich...nicht schlecht fühlen, wenn...wenn du jetzt fliegst...ich...ich will doch, dass du fliegst...aber...aber ich werde dich so...so vermissen!"
Meine Kleine schluchzt gegen meine Brust und ihre Tränen durchnässen meinen Hoodie, aber ich bemerke das kaum, während ich meine Hände über ihren Rücken gleiten lasse. Ich kann ihr das doch nicht antun! Sie sagt zwar, dass sie will, dass ich fliege, aber ich habe das Gefühl, als ob ich ihr damit wehtun werde.
Sanft hebe ich ihren Kopf, den sie an meine Brust presst, an und vergrabe meine Hände in ihren Haaren. Dann lehne ich mich zu ihr und sammele mit meinen Lippen die Tränen von ihren Wangen. Anschließend lehne ich meine Stirn gegen ihre und flüstere: "Ich liebe dich, mein Schatz. Ich liebe dich so sehr. Mehr, als du dir das vorstellen kannst. Ich will nicht, dass du so weinst. Wenn du willst, dass ich hierbleibe, dann tu ich das, okay? Ich will nur, dass du glücklich bist, Liebes. Dann bin ich das nämlich auch. Ich liebe dich. Keine Entfernung könnte daran etwas ändern. Und auch keine zeitliche Trennung. Meine Sehnsucht nach dir wird mit jedem Tag wachsen. Liebling, ich halte es ja nichtmal aus, zehn Minuten nicht in deine wunderschönen Augen zu schauen. Danny hat vorhin gefragt, ob ich immer noch nicht gemerkt habe, dass ich mich "mega in das Prinzesschen verknallt habe", wie er sagt, weil ich ihm erzählt habe, wie süß du bist. Aber weißt du, ich verliebe mich mit jedem Tag, eigentlich mit jedem Augenblick, wieder in dich, weil ich all die kleinen Dinge an dir liebe. Und allem voran die Tatsache, dass du mich liebst. Das ist so ein unglaubliches Gefühl, Liebes. Ich liebe dich."
Ich löse endlich meinen Blick von Helens Augen und schaue auf ihre Lippen, während ich zärtlich die Tränen, die ihr nun wieder über die Wangen laufen, wegwische. Ich fühle gleichzeitig, dass ihre kühlen Finger sich einen Weg unter meinen Hoodie suchen, und dass ihr Atem fast unspürbar über meine Lippen streicht. Ich warte sehnsüchtig darauf, dass sie den Abstand zwischen unseren Lippen verschließt, und als es endlich geschieht, werde ich von der ganzen Zuneigung, die meine Kleine in diesen Kuss legt, überströmt. Meine Lippen öffnen sich leicht, damit sie den Kuss vertiefen kann und ich seufze glücklich auf, sobald unsere Zungen miteinander spielen und mein ganzer Körper in Flammen zu stehen scheint. 
Viel zu schnell löst sie sich wieder von mir und lehnt ihren Kopf erneut gegen meine Brust. Dann schaut sie zu mir auf und lächelt mir so verliebt zu, dass die Schmetterlinge in meinem Bauch wie wild umher flattern. Ich kann mich nicht zurückhalten und muss einfach einen schnellen Kuss auf ihre Nasenspitze drücken, bevor sie gesteht: "Ich hab mich auch "mega in dich verknallt", Liebling."
Ihre Wangen ziert jetzt eine leichte Röte, was sie nur noch hübscher macht.
"Ich will dir nicht das Gefühl geben, dass du mich verletzt. Es ist nur...ich hab mich so sehr in dich verliebt, dass ich wirklich Angst davor habe, dich bald wieder zu verlieren. Ich vertrau dir, ja? Natürlich tu ich das. Und du sagst mir immer wieder, dass du mich liebst und dass ich das beste für dich bin. Das glaub ich dir, ganz fest, aber ich hab immer noch Angst, dass ich nicht gut genug bin. Und außerdem will ich nicht ohne dich aufwachen. Das soll nicht heißen, dass du hierbleiben sollst, okay? Ich will unbedingt, dass du allen zeigst, wie toll du bist. Aber ich werde dich vermissen und dich wahrscheinlich nerven, indem ich jeden Tag anrufe und dir sage, dass ich stolz auf dich bin."
Und das ist wieder einer dieser Momente, die meine Liebe zu der kleinen Deutschen noch mehr verstärken. Immer noch überrascht von dem, was sie gesagt hat, küsse ich ihre Stirn.
"Liebes, ich kann dir die Angst nicht wegnehmen. Ich kann dir nur immer wieder sagen, dass ich dich mehr als alles andere liebe. Und du musst genauso damit rechnen, dass ich stundenlang mit dir telefonieren will", murmele ich gegen ihre Stirn und lächle, werde dann aber wieder etwas traurig, "Ich wünschte doch auch, ich könnte jeden Morgen neben dir aufwachen und jeden Abend neben dir einschlafen. Ich versprech dir, irgendwann werden wir das."
"Du machst mich so glücklich, wenn du sowas sagst", ist das einzige, was meine Kleine darauf erwidert, und ich küsse sie ganz zärtlich. Sie hat wahrscheinlich nicht den Hauch einer Ahnung, wie glücklich sie mich macht.
Viel zu schnell sind wir am Flughafen und Helen greift nach meiner Hand, als wir das Terminal betreten. Die anderen halten ein wenig Abstand zu uns, damit wir ungestört sind, und ich bin froh darüber. So kann ich meine Freundin ganz eng in meine Arme schließen und durch ihre weichen Haare streichen, die locker über ihre Schultern und den Rücken fallen.
"Ich hab auch Angst, dich zu verlieren", gestehe ich ihr plötzlich. Ich weiß nicht, was mich dazu verleitet, aber die Worte purzeln ohne jeglichen Halt aus meinem Mund. "Du bist wunderschön, du bist klug und talentiert, du bist witzig und liebevoll und hilfsbereit. Ich finde dich umwerfend und da bin ich sicher nicht der einzige." Meine Freundin schüttelt leicht ihren Kopf, den sie in den Falten meines Hoodies vergraben hat, aber ich glaube ihrem Widerspruch nicht: "Es ist unmöglich, dass niemand von dir absolut fasziniert ist. Meine Liebe zu dir würde ja schon für alle Menschen auf der Welt reichen, aber für dich ist sie gerade gut genug. Ich will dir alles geben, was du verdienst, all das Glück und die Liebe. Glaub mir bitte, wenn ich sage, dass keine Minute vergeht, in der ich nicht überlege, wie ich dir das noch besser zeigen kann."
Ich schaue ernst zu ihr herunter und sie nickt mit Tränen in den Augen, bevor sie mich so zärtlich und gleichzeitig leidenschaftlich wie nie zuvor küsst.
Als sie sich von meinen Teamkollegen verabschiedet hat, wobei vor allem Anders, Tom und Danny sie kaum wieder loslassen wollen, flieht sie zurück in meine Arme, während Alex sagt: "Anfangs hatte ich ja meine Zweifel über diese Beziehung und darüber, ob du Kenneth zu sehr ablenken könntest, vor allem als seine Trainerin. Aber jetzt...so einer Liebe kann man nicht im Weg stehen. Ich freu mich für euch."
"Danke, Alex", murmelt Helen etwas undeutlich, weil ihre Stimme dadurch, dass sie sich immer noch an meine Brust kuschelt, gedämpft ist. 
Ich schiebe sie trotz allen Widerstands ein Stück von mir weg und hole ein Paket aus meiner Tasche. 
"Ich will ja nicht, dass du mich vergisst", flüstere ich gegen ihre Lippen, bevor ich erneut anfange, sie zu küssen. Meine Freundin vergräbt ihre Hände in meinen Haaren und ich habe das Gefühl, dass sie in meinen Armen dahinschmilzt, während mein eigener Körper von der Zuneigung zu ihr überschwemmt wird. 
Als unser Flug aufgerufen wird, löst meine Kleine sich mit Tränen in den Augen von mir und drückt mir ebenfalls ein kleineres Geschenk in die Hand, das ich neugierig öffne. Es ist ein Lederarmband mit einem Anhänger auf dem steht 'my sun and stars' und sie zeigt mir ihre dazu passende Kette mit der Aufschrift 'moon of my life'. 
"Liebe meines Lebens", grinse ich verliebt, bevor ich sie ein letztes Mal sehnsuchtsvoll und voller Hingabe küsse. Dann muss ich mich tatsächlich von meiner wunderschönen Freundin lösen und durch die Kontrollen gehen. 
Kurz bevor wir zum Boarding müssen, schreibe ich Helen noch eine kurze Nachricht:
'Ich hoffe, dir gefällt, was in dem Paket ist. Ich liebe dich so sehr. Schlaf gut. Vielleicht hilft mein Geschenk ja. Ich vermisse dich jetzt schon, dein Elfchen ;)'
Der Gedanke daran, wie sie lächelnd auf ihr Handy schaut, sorgt dafür, dass mir ganz warm wird während ich das Gerät etwas wehmütig ausschalte. Japan, das ist so weit weg von hier. Aber in Gedanken bin ich sowieso immer bei meiner Kleinen.

Mein fliegender Held Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt