8. Kapitel

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Es hat wehgetan, das zu schreiben, also bitte seid nicht so kritisch. :(( Und ich möchte nochmal hervorheben, dass Kenneths Verhalten nicht der Realität entspricht! Er ist der liebste Elf auf der Welt. :)

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Zwanzig Minuten später kommt Anders ins Zimmer. Zu meiner Überraschung ist er nicht betrunken und er setzt sich auf sein Bett, nachdem er mich schuldbewusst angeschaut hat.
"Sind die anderen mit dir gekommen", frage ich ihn gespielt beiläufig und stöhne auf, als er den Kopf schüttelt.
Dann ist Kenneth bestimmt noch nicht zurück im Hotel. Mein Verdacht bestätigt sich, als Anders sagt: "Kenny ist noch...beschäftigt. Und Danny wollte auf ihn warten."
Beschäftigt? Was soll das denn heißen? Ich schnappe mir mein Handy und wähle Kenneths Nummer. Anrufbeantworter. Na toll.
Eigentlich habe ich gar keine Lust, die beiden suchen zu gehen.
"Wie heißt die Kneipe?", frage ich Anders und sobald er geantwortet hat, füge ich hinzu: "Ich geh kurz rüber."
Vor der Kneipe treffe ich auf den teameigenen Herzensbrecher, der sich durch die blonden Haare fährt.
"Hei Danny", spreche ich ihn an, "Wo ist Kenny?" Der Norweger meint überrascht: "Prinzessin! Noch da drinnen. Aber geh nicht da..."
Bevor er ausreden kann, habe ich schon die Tür aufgestoßen und stehe jetzt in der rauchigen, nach Bier stinkenden Kneipe, aus der laute, schnulzige Musik tönt.
Ein betrunkener Student tanzt mich von der Seite an. Ich stoße ihn von mir weg und kämpfe mir meinen Weg durch die Menge von eng aneinander gepressten Körpern. Ist ja ekelhaft.
Endlich kann ich mir einen Überblick verschaffen. Am Rande der Tanzfläche drückt gerade eine Blondine einen jungen Mann gegen die Wand und es sieht so aus, als wolle sie sein Gesicht essen. Er verzieht eben jenes, das aber halb hinter ihrem Kopf versteckt ist, und dreht sich kurz weg, bevor sie sich enger an ihn drückt. Ihr kurzer Rock rutscht noch ein Stück hoch und als sie ihre lange Mähne über die Schulter wirft, sehe ich das Gesicht des Mannes.
Kenneth.
"Das kann doch wohl nicht wahr sein", flüstere ich. Es ist wie ein Stich mit dem Messer direkt ins Herz. Ich habe das Gefühl, dass alle Luft meine Lunge verlässt und ich an dem Anblick ersticke. Mit mir möchte er keine Zeit verbringen, da bevorzugt er eine dahergelaufene polnische Blondine, oder was?
Ich schüttele mich kurz. Mit energischen Schritten gehe ich zu den beiden und räuspere mich, sobald ich mit verschränkten Armen neben ihnen stehe. Stark sein, rede ich mir selbst zu, du kannst das. Eigentlich habe ich richtig Panik davor, die beiden anzusprechen. Die Blondine schaut zuerst hoch und mustert mich abfällig.
"Und was willst du, kleine?", schnaubt sie, woraufhin auch der Norweger aufschaut. Er sieht in meine Augen und wirkt dabei...reumütig? Verzweifelt? Ich kann die Emotion nicht einordnen und will es auch im Moment gar nicht.
Blondie scheint zu begreifen, dass wir uns kennen, und fragt jetzt irritiert: "Bist du etwa seine Ex?" Ich schüttele lachend den Kopf, obwohl mir gar nicht nach Lachen zu Mute ist. Eher zum Kotzen. "Nee, schlimmer."
Der Gesichtsausdruck der Blondine wirkt jetzt noch dümmer. "Seine Frau? Na toll." Ich schüttele wieder den Kopf "Noch viel schlimmer, ich bin seine Trainerin. Und Loverboy sollte seit einer halben Stunde im Hotel sein", meine ich streng und zynisch, woraufhin Kenneth mich betreten anschaut, aber die Blondine verdreht nur die Augen und meint: "Chill mal. Es ist doch voll in Ordnung, dass er seinen Spaß haben will. Und nicht mit spießigen Leuten abhängen will, wie dir. Komm, sweetie, wo waren wir stehengeblieben?"
"Nein", meint Kenneth jetzt, "Sie hat recht. Ich hab morgen einen Wettkampf. Sie hat immer recht. Ich habe unverantwortlich gehandelt. Verzeih mir." Seine Stimme wackelt wegen des Alkohols, den er getrunken hat und er schaut mich mit großen, glasigen Augen an.
Er hat vermutlich keine Ahnung, wie schwer es mir fällt, keine Reaktion zu zeigen und ihn stattdessen weiter böse anzuschauen.
Blondie zischt endlich ab und ich drehe mich um zur Tür. "Komm schon, es wird höchste Zeit, dass du deinen Weg ins Bett findest", meine ich dann emotionslos und Kenneth folgt mir nach draußen, wo Danny immer noch wartet.
Er schaut mich mitleidsvoll an, aber ich winke ab. Ich will nicht, dass er merkt, wir sehr es mich verletzt, dass Kenneth mich versetzt hat, um dann mit irgendeiner beliebigen Frau rumzuknutschen. Bin ich so eine grauenvolle Freundin? Bisher hatte ich eigentlich nicht den Eindruck.
"Helen", spricht Kenneth mich mit meinem ganzen Namen an. Das tut er normalerweise nie. Er schaut zu mir hinunter und ich muss schlucken. Seine Augen sind so blau...und sie glitzern, als würde er Tränen zurückhalten.
"Du hast keine Jacke an", meint er mit gerunzelter Stirn und legt mir dann seine eigene Teamjacke um.
"Danke", murmele ich und wir gehen stumm zum Hotel zurück. Ich spüre Kenneths Blicke auf mir, als wären sie brennende Geschosse, aber ich weigere mich, ihn anzusehen. Ich will seine traurige Miene nicht sehen, ich will nicht sehen, wie er das bereut, und ich will ihm auch nicht verzeihen. Dieses Mal ist es mir echt zu viel. Aber ich weiß, dass ein Blick von ihm reicht, um mich weich zu kriegen, sodass ich ihm in einem Augenblick vergeben würde.
Dementsprechend ewig lang kommt mir der Weg zurück zum Hotel vor, aber endlich erreichen wir unsere Zimmer.
Anders stürzt sofort auf mich zu und schließt mich in seine Arme. "Ist alles okay?", flüstert er sanft und ich möchte ihn einerseits von mir wegschieben, aber andererseits sehne ich mich nach einer Umarmung. Ich schüttele kaum merklich den Kopf und Anders drückt mich noch fester.
Kenneths Handy klingelt. Ich spüre wie er zögert, sobald er den Namen des Anrufers gelesen hat, aber dann geht er doch ran. Eine Sekunde später schallt Stines keifende Stimme durch den Raum.
"Kenneth Gangnes, was hast du getan? Wie konntest du mir das antun? Hast du auch nur den Hauch einer Vorstellung, was das für mich bedeutet?", schreit sie, sodass Anders und ich sie problemlos verstehen können, und lässt den verzweifelten Norweger nicht zu Wort kommen. Ich mag ja sauer auf ihn sein, aber das hat er nun echt nicht verdient. "Du bist so ein Arschloch! Wie konntest du nur! Was werden die Leute von mir denken? Dass ich es nicht mitkriege, dass mein Freund eine Affäre hat? Du zerstörst meinen Ruf, ist dir das eigentlich bewusst? Argh! Ich hasse dich dafür, Kenneth! Und lass dich bloß nie wieder bei mir blicken!"
Dann ist die Leitung still, was nach dem Gezeter beinahe surreal wirkt. Kenneth legt ruhig sein Handy zur Seite und murmelt: "Na endlich." Es scheint ihn nicht einmal zu schockieren, dass seine Ex-Freundin ihn nur für den Ruhm benutzt hat.
Ich stehe immer noch mitten im Raum, als Kenneth sich zu mir wendet. Seine zuvor noch klaren Augen füllen sich mit Tränen, was sie viel heller erscheinen lässt. Seine Stimme zittert genauso stark wie seine Hände als er sagt: "Ich fühle mich so schmutzig, so dreckig, was hab ich getan?"
Dann bricht er zusammen, sinkt auf den Boden, wo er zusammengekauert neben dem Bett sitzen bleibt, und wiederholt die Worte weinend wie ein Mantra. Heftige Schluchzer zerreißen die Stille.
Mit jedem von ihnen bricht mein Herz ein wenig mehr. Egal was auch passiert, ich kann meinen Elfen nicht leiden sehen. Er darf nicht weinen. Ich stolpere vorwärts, während die Tränen jetzt auch über meine Wangen laufen.
Danny und Anders wollen mich zurückhalten, aber ich schüttele ihre Hände ab. "Du tust dir nur selbst weh."
Egal, hauptsache ich bringe Kenneth wieder zum Lächeln.

Mein fliegender Held Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt