14. Kapitel

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Ich streiche zärtlich über Kenneths definierte Bauchmuskeln und er seufzt glücklich, als Anders hereinkommt.
"Na, ihr beiden", meint er grinsend und will dann wissen: "Ich will euch ja nicht stören, aber wir wollen in den Wellnessbereich. Kommt ihr mit?"
Ich sage nichts, sondern schaue fragend zu dem Elfen, der immer noch fröhlich mit meinen Haaren spielt und vollkommen in seinem Tun versunken scheint. Immer wieder wickelt er sich meine Strähnen um seinen langen, dünnen Zeigefinger und beobachtet dann fasziniert, wie sie wieder aus seiner Hand gleiten. Dann fährt er mit seiner Hand durch meine Haare und legt sie vorsichtig aber fest an meinen Hinterkopf, sodass er mich noch enger - wenn das möglich ist, ich weiß schon gar nicht mehr, wo er aufhört und wo ich anfange - zu sich ziehen und kleine Küsse auf meinem Kopf verteilen kann. Er lächelt dabei vor sich hin und summt leise, er ist einfach zu süß!
"Hm, was ist, Liebes?", fragt er nun überrascht, als ich ihn sanft anstupse. "Anders möchte wissen, ob wir mit ihm und den anderen zum Wellnessbereich gehen, Liebling", flüstere ich ihm zu und er versteckt sein Gesicht in meinen Haaren.
"Gangnes, du kannst ja auch da weiter mit ihr kuscheln", grinst Anders und verdreht die Augen.
Interessiert lugt jetzt ein geöffnetes Auge über meinen Kopf und ich drücke ermutigend seine Hand. Daraufhin springt mein Lieblingsnorweger auf, strahlt unseren kleinen Mitbewohner an und zieht mich dann vorsichtig zu sich hoch, sodass er seine Arme wieder beschützend um mich legen kann.
"Liebling, du musst mich schon loslassen, wenn du willst, dass ich mich umziehe", lache ich und fahre leicht mit meinen Fingerspitzen über die Grübchen, die sich formen, als er mich süß anlächelt und quengelt: "Wiesoooo? Ich will kuscheln!" Er ist eindeutig süßer als Zucker. Wie kann man nur so niedlich sein? Er schaut mich mit großen Augen an und schmollt ein wenig. Wie gerne würde ich ihn jetzt küssen.
Allerdings lässt Kenneth mich für die wenigen Augenblicke, die ich brauche, um meinen Bikini und einen Bademantel anzuziehen, los, bevor er dann zaghaft mit seinen Fingern über meinen Handrücken streicht, was ich erwidere. Während wir runter zum Pool gehen, spielen unsere Hände weiterhin so zögerlich miteinander, allerdings traut sich keiner von uns beiden, die Hand des anderen richtig zu halten. Normalerweise hat uns das noch nie Überwindung gekostet, gerade eben im Bett hat Kenneth ja auch meine Hand gehalten, aber jetzt sind wir beide auf einmal ganz schüchtern.
Die kleinen, zärtlichen Berührungen von meinem perfekten besten Freund sorgen dafür, dass mir ganz warm wird und ich mich so leicht fühle, als könnte ich auf einer Wolke davonschweben. Dieser Norweger bringt mich noch um den Verstand!
"Schaut mal, wer da kommt!", ruft Danny aus der Schwimmhalle, "Turteltäubchen eins und Turteltäubchen zwei." Dann bricht er in sein typisches Lachen aus und steckt damit alle anderen an. Sogar Kenneth kann diesmal leicht darüber lächeln. Es verschwindet aber leider, sobald ich erwidere: "Du bist so ein Träumer, Mr Slippersking."
Der Arm, der auf meiner Hüfte geruht hat, verschwindet und mir wird kalt. Kenneth bemerkt es natürlich sofort, das sehe ich aus dem Augenwinkel, aber auch Danny bleibt nicht verborgen, dass sich eine leichte Gänsehaut auf meinen Armen bildet.
"Stimmt, ich bin ja dein Ein und Alles", lacht Danny jetzt und zieht mich in seine Arme, bevor er anfängt, mein Gesicht mit Küssen zu bedecken. Ich kämpfe mich frei und scherze: "Eww, Daniel-André, kein Wunder, dass du keine Freundin hast!"
Der blonde Norweger wirft mir einen bösen Blick zu, denn er hasst es, so von mir genannt zu werden. Ich schaue zu Kenneth, dessen Mund die Worte 'ich kann das viel besser' formen und muss lächeln. Auch wenn ich es unnötig - jedoch super süß - finde, dass er es immer wieder betont, hat er jetzt gerade doch recht. Seine Küsse sind sanft und liebevoll und geben mir das Gefühl, dass mein ganzer Körper in Flammen steht. Aber das kann ich ihm nicht sagen, ich kann ihm nicht sagen, dass ich mich in ihn verliebt habe. Das würde alles kaputtmachen.
Ich schüttele kurz meinen Kopf, um den Gedanken loszuwerden, und konzentriere mich wieder auf mein Team. Zumindest habe ich das vorgehabt, aber mein Lieblingsnorweger macht mir einen Strich durch die Rechnung, indem er seine Arme wieder beschützend um meine Taille legt und mich an seine breite, starke Brust zieht. Seine langen Finger öffnen geschickt den Gürtel meines Bademantels, den er mir dann abnimmt und auf eine Liege legt. Als er sich wieder zu mir dreht, stockt er und schaut mich an. Sein Blick wandert über meinen Körper und er wirkt total verkrampft.
Oh nein! Der Bikini...ich wette, er erinnert sich daran, wie er mich das erste Mal darin gesehen hat und wie verzweifelt er in dem Moment war. Weil er das Gefühl gehabt hat, mich betrogen zu haben und mich damit verletzt hat. Mit ein paar wenigen Schritten bin ich bei meinem Elfen und schließe ihn in meine Arme.
"Es ist okay, Liebling, denk nicht mehr daran. Ich hab dich lieb."
"Ich dich auch", flüstert Kenneth zurück und lächelt mich süß an, "soooooo sehr, Liebes." Er drückt mir einen kleinen Kuss auf die Stirn und ich merke, wie ich rot werde.
"Awwwww", ruft Tom, der gerade zur Tür reinkommt, "Helen, du musst echt etwas Besonderes sein. Kennylein, du warst nicht mal bei Stine so anhänglich und lieb!"
"Halt die Klappe", faucht Kenneth ihn an, reißt sich von mir los und stapft in die Sauna, deren Tür er zuknallt.
Das hat wehgetan. Ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen. Verdammt. Wieso tut das nur so weh? Ich kriege kaum Luft. Für ihn bin ich wohl nichts Besonderes, und ich werde es auch nie sein. Wieso habe ich mir überhaupt jemals eingebildet, dass da etwas zwischen uns ist, etwas besonderes? Was ich sonst bei niemandem fühle, nichtmal mehr bei Lucas? Aber da habe ich mich wohl geirrt.
Tom kommt zu mir, entschuldigt sich und will mich umarmen, aber ich schüttele den Kopf und gehe zum Beckenrand.
"Lass sie", hält Anders Danny davon ab, mir hinterherzugehen, "sie braucht ihre Ruhe."
Ich bin froh, dass er das getan hat. Nur Kenneth könnte mich jetzt trösten, aber das will er sicher nicht.
"Und mit diesem Idioten rede ich jetzt", fügt Anders verärgert hinzu und folgt Kenneth in die Sauna.
Ich springe ins Wasser während die anderen sich in den Whirlpool verabschieden. Das Wasser beruhigt mich irgendwie, weil ich nicht denken muss, sondern mich auf die Bahnen konzentrieren kann.
Irgendwann platscht etwas ganz laut neben mir ins Wasser und ich erschrecke mich. Tom taucht grinsend und prustend neben mir auf, dann folgen ihm die anderen.
Ich habe jedoch keine Lust darauf, mit ihnen noch hier rumzuspielen, weil mich alles wieder einholt. Ich schwimme zum Beckenrand und ziehe mich hoch.
"Hört auf, sie so anzustarren", ruft Anders, läuft mir hinterher und legt mir einen Bademantel über die Schultern und flüstert: "Danny und Kenny starren dich an." Dann tritt er vorsichtig einen Schritt zurück und schaut mich schweigend an. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu und umarme ihn, was er sofort erwidert.
"Und du starrst nicht?", scherze ich und stupse ihn leicht mit meinem Arm an. Anders senkt seinen Blick und scheint nach Worten zu suchen. Endlich meint er leise: "Doch. Aber du bist in Kenneth verliebt, und ich hätte niemals eine Chance gegen ihn."
Als er realisiert, was ihm da gerade rausgerutscht ist, dreht er sich um und verlässt zielstrebig den Wellnessbereich.
Habe ich das gerade richtig verstanden? Anders ist in mich verliebt? Und er meint, er hätte keine Chancen bei mir? Weil ich Kenneth liebe? Oh nein. Ich meine, ja, er hat vermutlich recht, aber wieso habe ich das nie gemerkt? Jetzt, wo ich es weiß, erscheint es mir mehr als logisch. Es erklärt einfach Anders' Verhalten, immer wenn er mich beschützt oder verteidigt hat und mir immer wieder Mut gemacht hat.
Ich fluche auf Deutsch und die anderen kommen jetzt verwundert zu mir rüber.
"Was ist los? Und welche Laus ist Anders über die Leber gelaufen?", will Tom wissen.
"Ich kümmere mich darum", rufe ich ihnen nur schnell zu und laufe dann Anders hinterher, die besorgten Blicke seiner Teamkollegen missachtend.
Der kleine Norweger sitzt auf seinem Bett und starrt ausdruckslos an die gegenüberliegende Wand. Ich setze mich neben ihn und lege meinen Arm um seine Schultern.
"Wieso hast du nie etwas gesagt?"
"Du bist doch so glücklich mit Kenneth. Es ist mir einfach rausgerutscht. Tut mir leid."
"Wieso tut es dir leid? Es ist doch alles okay. Nein, eigentlich nicht. Ich verletze dich und weiß es nichtmal."
Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter und sehe zu, wie seine Lippen sich zu einem Lächeln verziehen. Allerdings wirkt es gequält.
"Du hättest es nie erfahren sollen. Und irgendwie...freut es mich, dich so glücklich mit ihm zu sehen. Deswegen werde ich sauer, wenn er dir wehtut."
Anders' Miene verfinstert sich.
"So, wie vorhin. Er hat Angst davor, dich zu verletzen, aber genau dadurch verletzt er dich so häufig."
Mir wird schlecht bei dem Gedanken daran, wie Kenneth sich verhalten hat. Es versetzt mir jedes Mal einen Stich, daran zu denken.
"Hey, das sollte kein Gespräch über Kenneth werden."
"Ist es doch auch nicht, es geht um dich. Du liebst ihn, aber er hat keinen Plan, was er für dich empfindet. Ich glaube, er hat einfach Angst, dich zu verlieren", meint Anders weise.
Ich schüttele den Kopf. "Du hast doch gesehen, wie er reagiert hat."
"Hm. Jedenfalls werde ich nicht zulassen, dass er dir wehtut. Das hast du nicht verdient."
Ich lache bitter auf. "Aber ich verletze dich und das ist okay?"
"Ja", lächelt Anders einfach, "du bist glücklich und das ist am wichtigsten. Du scheinst perfekt für mich, aber ich bin es nicht für dich."
Ich merke, wie resigniert er ist. "Aber das liegt doch nicht an dir", flüstere ich, "es ist einfach...wenn Kenneth da ist, hat kein anderer eine Chance."
Endlich lächelt Anders wieder und nickt: "Und du bist perfekt für ihn."
Er hat vermutlich keine Ahnung, wie sehr ich das hoffe.

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