30. »Ich nehme dir alles!«

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Es war noch dunkel draußen, als Garrett von Jacks dröhnendem Lachen geweckt wurde. Schlaftrunken streckte er sich und stellte fest, dass Dionysos nicht mehr neben ihm lag. Murrend setzte er sich auf.

Dass sie ihn auch immer außen vor lassen mussten, wenn etwas interessantes geschehen war!

Er schwang die Beine aus dem Bett und glättete sich die Haare, während er die Zimmertür öffnete.

In der Küche brannte Licht, doch es war niemand da. Die Haustür stand offen und der Junge näherte sich langsam.

Wie ein mittelalterliches Straftribunal standen sie im Kreis um etwas herum, das Garrett nicht erkennen konnte.

»Hm... das Mündel ist aufgewacht«, hörte der Junge eine unangenehme Stimme kichern und bekam Gänsehaut.

Dionysos wandte leicht den Kopf zu Garrett hin und verzog fast unmerklich den Mund zu einem Lächeln.

»Mein Herr ist sehr erfreut, dass der Junge noch lebt, wo doch der Geruch seines Blutes so stark über der Stadt schwebte vor einigen Tagen. Nicht erfreut ist er über den Tod einer unserer Männer. Ihr werdet verstehen, dass er das nicht vergeben kann, oder?«

Garrett trat an seine Freunde heran und spähte zwischen Jacks und Dionysos' Schultern hindurch. In der Mitte saß ein Vampir am Boden.

Er war dreckig, seine Kleidung zerfleddert und er hatte Blut im Gesicht. Offenbar hatte er sich einen Kampf geliefert und ihn verloren. Sonst würde er nun kaum hier im Wald sitzen.

»Ah, guten Morgen, Junge«, wandte der Kerl sich zähneblitzend an Garrett, der ihn nur anstarrte.

»Sprich' nicht mit ihm, Abschaum. Dein Herr ist es, dem nicht vergeben wird. Die Rache für alles wird unsere sein!«, fauchte Dionysos und schlug dem Vampir hart ins Gesicht. Stöhnend kippte dieser nach hinten um, da seine Hände gefesselt waren und er sich nicht auffangen konnte. Doch dann lachte er.

»Oh du großer Dionysos. Ich erzittere vor dir«, höhnte er, »vor dir und dem Gestank nach Fisch, der dich umgibt, du elender Bauerntölpel!«

Dionysos' Brauen zogen sich zusammen. »Gibt es noch etwas, was du sagen willst, bevor ich dich in die Hölle schicke, Hurensohn?«

Der Vampir richtete sich mühsam auf und schnaufte ob der Anstrengung. Er sah Dionysos trotz der Gewissheit seines bevorstehenden Todes starr in die Augen und bleckte die verlängerten Zähne.

»Mein Herr will, dass du dir einer Sache bewusst bist: Er wird dich zerstören. Stück für Stück wird er dir alles nehmen, was du liebst. Deine Kameraden, dein Zuhause... und vor allem den Jungen da! Und dann, wenn nichts mehr übrig ist, dann wird er dich vernichten. Dann wird die Ordnung wieder hergestellt sein und niemand wird einem Straßenköter jemals wieder mehr Respekt entgegenbringen als einem Lord!«

Dionysos lächelte herablassend. »Ich wünschte fast, du könntest Allister noch die Nachricht überbringen, dass man sich Respekt verdienen muss. Aber bedauerlicherweise...«

Er hob die Hand und Garrett riss instinktiv den Kopf herum, weil er nicht sehen wollte, was das fürchterliche Geräusch, das folgte, verursacht hatte.

»Das war ganz klar eine Drohung, die nichts mehr mit der Stadt und dem Blutvorrat zu tun hat«, murmelte Jack bestürzt. Dionysos starrte auf die Überreste und knurrte.

»Das ist persönlich«, sagte Anouk.

»Es war persönlich in der Sekunde, als Allister Garrett das erste Mal bedroht hat und es war persönlich, als er seine Mum ermorden ließ. Es muss jetzt enden!«

DIONYSOS I. ZufluchtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt