Midnight Walk

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Viel Schlaf bekam ich nicht, denn ich wachte schon nach gut zwei Stunden wieder auf, schweißnass und schwer atmend. Zitternd setzte ich mich auf und Jimins Arme, die bis eben noch um mich geschlungen waren, rutschten von meinem Körper. Diese leichte Bewegung weckte ihn offenbar, denn er rieb sich schlaftrunken die Augen und setzte sich ebenfalls aufrecht hin.
"Hmm... wasn' los", grummelte er mit rauer Stimme. Wenn ich nicht wie Espenlaub gezittert und mir kein bedrückendes Gefühl die Luft abgedrückt hätte, hätte ich bei seinem niedlichen Anblick mit den verstrubbelten Haaren und dem verschlafenen Blick gekichert.
"S-Sorry..." Selbst meine Stimme zitterte. "Alptraum."
Jetzt hatte ich wohl seine volle Aufmerksamkeit, denn sofort verschwand der verschlafene Ausdruck und er bedachte mich mit einem besorgten Blick.
"Willst du drüber reden?" Er sprach leise, um die anderen nicht aufzuwecken. Ich antwortete mit einer Kopfbewegung, die allerdings weder als Nicken noch als Schütteln entziffert werden konnte. Ich war verwirrt, doch Jimin wusste offenbar was man in einer solchen Situation tat.

Er stand auf, holte seine Jacke, die er über einen Stuhl gehängt hatte und hielt sie mir hin.
"Anziehen", wisperte er. Es klang allerdings weniger wie ein Befehl sondern eher wie eine Bitte. Wortlos streifte ich mir die viel zu große Jacke über und sah ihn dann an.
"Steht dir", meinte er lächelnd, bevor er meine Hand nahm und mich von der Couch zog. Er führte mich bis zur Haustür, wo er sich seine Schuhe anzog und mich dann abwartend ansah. So langsam verstand ich was er von mir wollte und schlüpfte ebenfalls in meine Schuhe. Dann öffnete er die Tür und bedeutete mir nach draußen zu gehen.

Die frische Luft tat gut. Ich atmete einmal tief ein und das drückende Gefühl auf meiner Brust verschwand langsam.
"Besser?" Jimin stand neben mir und sah mich an. Er lächelte zwar, aber in seinen Augen konnte ich Sorge erkennen. Und noch etwas anderes, was ich im Augenblick allerdings nicht entziffern konnte. Ich nickte leicht und lächelte ihn dankbar an.
"Sorry nochmal, dass ich dich geweckt habe." Ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn vom Schlafen abhielt, doch er schüttelte nur abwehrend den Kopf.

Eine Weile liefen wir schweigend nebeneinander her. Ich ließ mir nochmal die Bilder von meinem Traum durch den Kopf gehen. Jetzt im wachen Zustand und mit Jimin neben mir kamen sie mir fast lächerlich vor und trotzdem bis ich mir auf die bebende Unterlippe, um die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Was nicht wirklich viel half.
Plötzlich spürte ich, wie jemand seine Arme um mich schlang und im nächsten Moment fand ich mich an Jimins Brust gepresst wieder. Er hielt mich einfach nur fest, während mir stumm diese unnötigen Tränen über die Wangen liefen. Warum ich weinte wusste ich selbst nicht, es war absurd, doch Jimin schien das nicht zu kümmern. Er stand einfach da, hielt mich fest und flüsterte ab und zu ein paar beruhigende Worte, während er mir übers Haar strich.

Nachdem meine Tränen einigermaßen versiegt waren, löste ich mich sanft aus seiner Umarmung und strich mir verlegen über die Wangen.
"Wieder okay?", fragte Jimin vorsichtig und strich mir mit dem Daumen eine letzte Träne weg. Ich nickte nur und blickte zu Boden. Dann spürte ich plötzlich seine Hand in meiner.
"Komm, ich will dir was zeigen. Wenn wir sowieso schon draußen sind", meinte er lächelnd und zog mich mit. Wir liefen durch die frische Nachtluft und inzwischen waren wir weit aus dem Bereich, denn ich kannte, heraus.
"Jimin, wo bringst du mich hin?", fragte ich ihn leicht außer Atem. Meine Ausdauer war nicht wirklich die beste. Was ich vielleicht, wenn ich so drüber nachdachte, zu faul war, um das zu ändern.
"Überraschung", sagte er und grinste kurz zu mir rüber. Wir waren in einer langen Straße angekommen, die nur ab und zu mal von einer schwachen Straßenlaterne beleuchtet wurde und am Ende im Dunkeln verschwand. Ich wurde automatisch langsamer und erntete dafür einen fragenden Blick von Jimin.
"Da willst du lang?", fragte ich skeptisch und versuchte irgendetwas in der Dunkelheit zu erkennen.
"Vertraust du mir?", entgegnete er und hielt unsere Hände hoch. Kurz war ich still, doch dann nickte ich.
"Es wird dir gefallen, versprochen."
Damit zog er mich weiter in die Dunkelheit - ich wollte mich gerade dazu äußern und vorschlagen, nicht doch lieber zurück zu gehen - doch schon ab der nächsten Biegung konnte man wieder mehr erkennen.
"Überraschung." Jimin machte eine ausladende Geste über die ganze Gegend. "Darf ich vorstellen, der Han River."
"Wow!", war das einzige, was ich zustande brachte. Wir standen direkt am Rand eines riesigen Flusses, auf dessen andere Seite sich die wunderschöne Skyline von Seoul entlang streckte. Auf dem Fluss fuhren ein paar Boote und beleuchtet wurde er von Laternen am Ufer mit gelblichem Licht, das den Eindruck machte, als würde es der Nacht ihren extra Glanz verleihen.
"Es ist... toll", sagte ich, immer noch ein bisschen sprachlos vom ersten Eindruck des gewaltigen Flusses.
"Nicht wahr? Früher bin ich gerne hier hin gegangen. Naja, jetzt hab ich ziemlich wenig Zeit dafür, aber-", er stockte und sah mich kurz erschrocken an.
"Was ist?", fragte ich leicht irritiert nach, "Wieso hast du jetzt keine Zeit mehr?"
Doch Jimin schaute mich einfach weiterhin an, biss sich auf die Unterlippe und blieb still.
"Ist es wegen eurer Arbeit?", fragte ich weiter. Jimins Augen weiteten sich, bevor er schließlich leise seufzend nickte.
"Naja, das Leben eines Idols ist ganz schön anstrengend, was?" Ich musste mir bei Jimins Anblick das Lachen verkneifen. Er starrte mich mit offenem Mund an und ihm fielen fast die Augen aus dem Kopf.
"Du-Du weißt Bescheid?", brachte er schließlich raus.
"Ja, aber erst seit ein paar Tagen. Ich hab einfach nach euren Namen gegooglet." Nagut, das war nur die halbe Wahrheit. Um ehrlich zu sein, hatte ich nur nach Jimins Namen gesucht, aber das hatte gereicht.
"Bangtan Sonyeondan, huh?", grinste ich. Jimin nickte ergeben und lächelte.
"Sorry, dass wir es dir nicht gesagt haben." Er schaute betreten zu mir.
"Hey, ich versteh das. Ihr konntet nichts riskieren. Obwohl ich schon enttäuscht war, dass ihr mich angelogen habt." Jimin zog fragend eine Augenbraue hoch.
"Von wegen gecovert, das waren eure eigenen Songs."
Er grinste schief. "Sorry. Allerdings frage ich mich, warum du nicht schon früher gesagt hast, dass du es weißt."
"Weil es mir im Grunde egal ist, womit ihr euer Geld verdient. Andere arbeiten im Büro und ihr seid in einer Boygroup." Ich zuckte mit den Schultern. "Aber eure Musik ist toll. Ich wusste ja schon, dass ihr singen könnt, aber seit ich weiß, dass das eure eigenen Songs sind, mag ich sie noch mehr."
Jimin schaute mich mit einer Mischung aus Stolz und Verlegenheit an. "Danke. Das bedeutet mir- ähm... uns viel."
Kurz sah er mir in die Augen, bevor er mich zu einer Bank ganz in der Nähe zog und sich neben mir darauf nieder ließ.
"Aber eins muss ich dir noch sagen, jetzt da du es weißt. Du darfst das niemanden sagen. Unser Manager akzeptiert dich nur in unserer Nähe, weil er denkt, dass du keine Ahnung hast. Wenn er das erfährt, denkt er, dass du nur ein Fan bist und wird dich von uns fern halten wollen. Er findet es sowieso nicht toll, dass du bei uns bist, aber wir konnten es ihm schön reden. Also versprich mir, dass du niemandem was erzählst, ja." Nach diesem ernsten Monolog holte er kurz Luft, hob dann seine Hand und streckte den kleinen Finger aus.
"Hey, wie alt bist du. Fünf?" Ich lachte leise, aber verhakte dennoch unsere Finger miteinander. "Ich verspreche es. Ich will euch schließlich keine Probleme bereiten."
Damit lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und schaute auf das ruhige Wasser des Flusses. Urplötzlich überkam mich die Müdigkeit und ich musste mich bemühen, die Augen offen zu halten.
"Sollen wir so langsam wieder zurück gehen?", frage Jimin, der offenbar bemerkt hatte, dass ich nicht mehr ganz da war. Ich nickte nur erschöpft und wollte gerade aufstehen, als er plötzlich vor mir in die Hocke ging, mit dem Rücken zu mir.
"Steig auf, der Weg ist doch recht lang und ich will nicht, dass du mir unterwegs umkippst." Normalerweise hätte ich protestiert - ich war schließlich nicht aus Zucker- , doch jetzt nahm ich seine Einladung nur dankend an, kletterte auf seinen Rücken, legte ihm meine Arme um den Hals und meinen Kopf auf seine Schulter.
Als wir wieder bei mir zu Hause ankamen, bekam ich nicht mehr viel mit, nur noch wie er die Tür aufschloss, mir die Schuhe und Jacke auszog und mich dann sanft aufs Sofa legte. Eigentlich wollte ich die Augen öffnen und mich bei Jimin bedanken, doch ich war so müde, dass ich nicht einmal mehr das schaffte.
Ich wusste, dass er ganz in meiner Nähe sein musste, ich konnte seine Wärme spüren, als plötzlich etwas warmes und weiches auf meinen Lippen lag. Obwohl ich schon im Halbschlaf war, konnte ich doch noch wahrnehmen, was das war. Und hätte mich nicht im nächsten Moment die Erschöpfung überfallen und wäre eingeschlafen, hätte ich Jimins Kuss definitiv erwidert.
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Annyeong^^
Hier ist nach langer Zeit mal wieder ein neuer Teil. Ich versuche, in der nächsten Zeit mehr zu schreiben, kann aber leider nichts garantieren😆

Wenn ihr Lust habt, könnt ihr mal bei meiner anderen Story "Sweet Scandal" vorbeischauen. Sie ist auf Englisch, für alle die wollen und es ist eine Yoonmin-Story.

Es geht um den Reporter Park Jimin, der beauftragt wird, über den berühmten Tennisspieler Min Yoongi ein Artikel zu schreiben Allerdings wir daraus mehr, als er anfangs angenommen hatte.

Also es wäre toll, wenn ihr da mal vorbei schaut^^
사랑해 ♡

Can this be my new life?  [ BTS/Suga - FF ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt