Kapitel 44

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''Habt ihr sonst noch irgendwelche Fragen, oder wollt ihr etwas besprechen?'', fragte unser Manager und schaute einmal durch die Runde und erwartete eigentlich, dass es, so, wie immer, nichts mehr gäbe, doch ich räusperte mich einmal und hob dann meine Hand.

Min und ich hatten noch am Abend des 25., also dem Tag der Abreise ihrer Familie, besprochen, dass wir dem Manager bei der nächsten Besprechung, welche am 27. stattfand, sagen würden, dass wir zusammen waren.
Erst hatte sie sich eindeutig dagegen ausgesprochen, doch zum Schluss konnte ich sie doch noch dazu überreden, zuzustimmen, indem ich meinte, dass wir weniger Stress haben würden, wenn wir ihm es so früh sagen anstatt es vor ihm zu verheimlichen, was uns ins besondere während der Promotion-Zeit weiterhelfen würde.
Und genau deswegen saßen wir nun alle, der Manager, wir sieben Jungs und Min, in diesem Konferenzraum.
Zuerst hatte unser Manager etwas komisch geguckt, da Min sonst eher selten dabei war, wir meinten aber, dass sie gerade nichts anderes zu tun hatte und ihr in der Wohnung alleine zu langweilig werden würde.

''Ja, Suga?''
Ich holte einmal tief Luft und bekam nochmal bekräftigende Blicke von den sechs Jungs zugeworfen, die natürlich wussten, was nun folgen würde.
Unter dem Tisch griff ich nach der Hand von Min, die beinahe die ganze Zeit nur nach unten geguckt hatte, da sie wahrscheinlich zu nervös war, um unserem Vorgesetztem in die Augen zu schauen.

''Ich wollte weniger etwas fragen, als eher etwas bekanntgeben...'', fing ich an.
''Dann gib mal bekannt'', bat mich der Mann im Anzug.
''Es geht um etwas, das zwischen mir und Min passiert ist'', machte ich weiter, immer noch um die eigentliche Sache herum redend.
''Ah, ich glaube ich weiß worauf das hinausläuft. Jin, Hoseok, Namjoon, Jimin, Taehyung und Jungkook. Geht ihr bitte raus und wartet dort?'', erwiderte er und die Jungs gingen, wie aufgefordert, aus dem Raum raus, was mir etwas etwas Sicherheit nahm, aber nun hatte ich angefangen und musste es auch zu Ende bringen.

Mit einem Nicken forderte mich der Manager auf, weiter zu reden.
Min drückte einmal fest meine Hand und dann machte ich weiter: ''Es ist irgendwie dazu gekommen, dass... wir beide uns ineinander verliebt haben. Was letztendlich auch dazu geführt hat, dass wir zusammengekommen sind.''
Als hätte ich den Drang, ihm diese Information nochmal zu bestätigen, hob ich die verschränkten Hände von mir und Min hoch.

Der Mann seufzte einmal tief und bat dann auch meine Freundin darum, aus dem Raum zu gehen, damit wir beide unter vier Augen reden konnten.
Mehr als ungern ließ ich ihre Hand los und schon wieder war fühlte ich mich ein Stück weniger sicher.

POV Min
Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, sah ich, wie sofort sechs interessierte Blicke auf mir lagen.
''Er wollte das alleine mit Yoongi klären'', murmelte ich nur und setzte mich dann rechts neben die Tür auf den Boden, um möglichst viel von dem Gespräch mitzubekommen.
Dazu schloss ich noch meine Augen, damit ich mich besser auf die gedämpften, leisen Stimmen des Mannes und meines Freundes konzentrieren konnte.
Zuerst verstand ich nur Bruchteile, die wenig Sinn ergaben, wenn man sie zusammensetzte, doch plötzlich konnte ich die Stimme von Suga klar und deutlich hören.
Voller Entsetzen weitete ich meine Augen.
Er schrie unseren Chef an.

''Wie soll ich Lieder über Liebe schreiben und sie performen, wenn ich nicht mal weiß, was Liebe ist und mir verboten wird, sie zu erleben?! Was für eine verfluchte Doppelmoral ist das?!''
Man konnte den Schmerz und die Trauer förmlich aus seiner Stimme heraus hören.
Zusätzlich konnte ich mir natürlich denken, was der Manager gesagt haben musste, damit er so reagierte.
''Du musst einfach verstehen, dass das nicht geht, Yoongi! So leid es mir tut, ich muss dir verbieten, mit ihr zusammen zu sein!'', war die eben so deutlich hörbare Antwort des Mannes, mit dem Suga diskutierte.
''Und was ist, wenn ich mich diesem Verbot widersetzen würde?!''
''Dann ist deine Karriere mit BTS Geschichte und das wollen wir beide nicht!''
''Das heißt ich muss mich tatsächlich zwischen BTS und Min entscheiden?! Meinen Sie das ernst?!''
''Ja, so ist es'', war das Letzte, was man hörte, bevor ein wutentbrannter Suga aus dem Raum kam und mit den Worten ''Kommt, wir gehen Heim'' an uns vorbei lief.

Die Jungs gingen ihm sofort hinterher, während ich nochmal einen Blick mit dem Manager austauschte, welcher kurz nach Suga den Raum verlassen hatte und nun im Türrahmen stand.
''Es tut mir leid Min'', meinte er, ich nickte und ließ die Tränen einfach über meine Wangen laufen.
Bevor auch ich ging, verbeugte ich mich nochmal vor meinem Chef und lief dann ebenfalls die vielen Treppen hinunter, um meinen Freund und meine besten Freunde einzuholen.

''Der überlegt sich das bestimmt nochmal. Ich glaube nicht, dass er gegen eure Beziehung ist, er steht momentan nur sehr unter Stress, weshalb ihm das vielleicht nicht alles so in den Kram passt'', versuchte Jin mich zu trösten und tupfte immer wieder mit einem Taschentuch die Tränen weg, die unaufhörlich über meine Wangen strömten.
Während er und ich in meinem Zimmer auf meinem Bett saßen, versuchten die anderen fünf Jungs den immer noch wütenden und tobenden Suga zu beruhigen, indem sie wahrscheinlich wie wild auf ihn einredeten.

''Ich war so blöd... Wieso habe ich mich darauf eingelassen? Jetzt steht Sugas Karriere auf der Kippe und ich verliere womöglich auch meinen Job. Wieso war ich so doof und hab nicht genauer darüber nachgedacht, obwohl ich wusste, was alles passieren kann?'', weinte ich mich wortwörtlich an der Schulter des Jungen aus.
Seine Hand strich immer wieder sanft über meinen Rücken, als er mit einer Gegenfrage antwortete: ''Aber du liebst Yoongi doch, oder?''
Ich nickte.
''Dann war an deiner Entscheidung nichts verkehrt und du bist auch weder blöd, noch dumm. Ihr habt einfach einen falschen Zeitpunkt erwischt, das ist alles.''

Ein paar Minuten sagte keiner von uns beiden was, bis ich wieder das Gefühl hatte, einen Satz sagen zu können, ohne, dass ich ihn mit einem Schluchzen unterbrach.
''Wenn Suga aber wirklich eine Entscheidung zwischen mir und BTS treffen müsste, für was, oder wen, würde er sich entscheiden?''
Eigentlich wusste ich, dass ich mir mit dieser Frage ein Eigentor geschossen hatte, weil jede Person, die noch bei Verstand war, die gleiche Entscheidung treffen würde.
Er mochte mich zwar lieben, aber diese Liebe stand in keinem Vergleich zu seiner Karriere, für die er sich jahrelang abgearbeitet hatte.
Nie würde er seine sechs besten Freunde und seine Fans im Stich lassen, nicht mal für seine große Liebe.
BTS konnte man sich als sicheres Boot mit einem erfahrenen Kapitän vorstellen, das aber immer noch zahlreiche Rettungsboote und Schwimmwesten an Bord hatte, falls etwas passieren sollte.
Unsere Beziehung glich stattdessen eher einem kleinen Kanu auf einem reißenden Fluss; es konnte jeder Zeit umkippen, sodass wir im Wasser landen würden, mit nichts anderem, außer vielleicht einem alten Rettungsring und unserer mit Wasser durchtränkten, schweren Kleidung.

''Mach dir darüber keine Gedanken, so weit wird es schon nicht kommen'', erwiderte Jin ruhig.
Offenbar wusste auch er, dass ich im Falle so eines Szenarios keine Chance hätte.

An dem Tag war ich nur wenige Male aus meinem Zimmer gekrochen, um ins Bad zu gehen, oder mir eine weitere Flasche Wasser zu holen.
Das einzige, was ich noch gegessen hatte, waren die zahlreichen Süßigkeiten, die ich, für den Fall der Fälle, in meinem Zimmer unter meinem Bett versteckt hatte, nachdem ich die Erfahrung gemacht hatte, dass während der Zeit vor dem nächsten Comeback, nicht mal ein kleines Stückchen Schokolade in unserer Küche zu finden war.

Suga und ich waren uns aus dem Weg gegangen, hatten kein Wort mehr miteinander gewechselt, viel eher waren Jin, Jimin und Namjoon ab und zu in mein Zimmer gekommen und hatten Boten gespielt.
Selbst die Nacht hatten wir nicht zusammen verbracht, weshalb ich bis in die frühen Morgenstunden an meinem Laptop gesessen hatte und mit meinem Bruder geschrieben hatte, während nebenbei das ein oder andere Let's Play von Markiplier im Hintergrund lief.

Aber abgesehen davon, dass ich total müde war und wahrscheinlich so aussehen musste, als hätte ich ein Wettrennen mit einem Sportwagen hinter mir, ging es mir gut.
Irgendwie hatte ich in der langen Nacht von einem unbestimmten Zeitpunkt an akzeptiert, dass weder die Beziehung zwischen mir und Suga, noch mein Arbeitsplatz bei BigHit eine rosige Zukunft haben würde, weswegen ich entschieden hatte, es einfach alles auf mich zukommen zu lassen und nebenbei schon mal nach einer günstigen Wohnung zu gucken.

Etwas lächelnd und bereit für das, was auch immer kommen mochte, ging ich aus meinem Zimmer, mein Handy in der Hosentasche und eine weitere leere Wasserflasche in der Hand.
Die Flasche stellte ich erst einmal auf den Küchentresen und schaute dann in den Kühlschrank, um zu entscheiden, was ich frühstücken wollte.
Gerade, als ich nach dem Quark greifen wollte, aus dem ich, zusammen mit ein paar in kleine Stücke geschnittene Früchte, etwas Leckeres zaubern wollte, klingelte es in meiner Hosentasche.
Ich ließ die Tür des Kühlschrankes zufallen und nahm den Anruf an, ohne vorher zu gucken, wer mich denn überhaupt anrief.

''Hallo?''
''Hallo Min! Entschuldige bitte, dass ich zu so einer Uhrzeit anrufe, aber es gäbe da etwas, was ich gerne mit dir besprechen würde'', sagte eine männliche Stimme mit einem leicht nervös wirkendem Tonfall.
Natürlich wusste ich bereits, dass es sich um den Manager von BTS handelte, weshalb ich auch schon darauf schließen konnte, weshalb er mit mir reden wollte.
''Ich war eh schon wach, also ist das kein Problem.''
An seiner Antwort erkannte ich, dass ihn meine relativ fröhliche und ausgeglichene Stimme verwunderte: ''Ähm.. Ja gut, passt es dir so in einer halben Stunde, also ungefähr um halb neun? Ich will das ganze so schnell, wie es geht, hinter mir haben.''
Auch diesmal trübte seine Aussage meine gute Laune kein Bisschen, auch, wenn jetzt auch der dümmste Idiot dieses Planeten wissen sollte, dass er mich in dem Gespräch feuern würde, noch bevor Suga irgendetwas Unüberlegtes tun konnte.
''Ja klar, ist kein Problem.''
''Gut, dann erwarte ich dich um halb neun in meinem Büro des Entertainmentgebäudes, ja?''
''Okay!''

Nachdem wir uns höflich voneinander verabschiedet hatten, ging ich sofort aus der Küche ins Wohnzimmer, in dem ich mir Zettel und Stift nahm, mit denen ich eine kurze Notiz hinterließ, dass ich spätestens um halb Zehn wieder da sein würde, auch, wenn ich davon ausging, dass die Jungs da noch schliefen.
Ich platzierte das beschriebene Blatt Papier direkt vor der Kaffeemaschine und ging dann in mein Zimmer, um mich umzuziehen.

I Need U (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt