Kapitel 28: Flucht

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Donnerstag, 21.07.2016, noch 9 Tage

Geschlafen hatte ich in dieser Nacht kaum. Immer wieder musste ich an Marvin denken. Immer wieder daran, dass er nicht wollte das die Jungs uns küssend sahen. Was aber war bitte so schlimm daran? Schämte er sich für mich? Aber das konnte nicht sein, sonst hätte er wohl keine Fotos von uns in Facebook gestellt, oder? Warum hat er sich dann so um mich gekümmert die letzten 3 Tage? Aus Schuldgefühlen? Wieso küsste er mich auf die Stirn, Wange und Scheitel?

Ich verstand ihn einfach nicht. Egal wie oft ich alles im Kopf durchging. Nachdem ich es geschafft hatte aufzustehen schnappte ich mir meine Tasche und packte meine Sachen, nahm mir mein Handy, meine Handtasche und all den Kram, den ich für 3 Tage bei Elliot brauchen würde und ging in das Holzhaus. Dort waren auch meine Eltern. Sie fragten wie es mir ging, ob die Schmerzen besser geworden sind, mein Vater guckte sich meine Rippen an. Dann sprach ich sie einfach darauf an, dass sie mich nach Elliot fahren sollten und ich da erst einmal ein paar Tage bleiben würde. Sollte einer der Jungs nach mir fragen, sollten sie einfach sagen das ich weg wäre.

Nachdem mein Vater mir die Taschen abgenommen hatte und diese in mein Auto getan hatte zog ich mich noch ‚schnell' um, putzte mir am Wohnwagen die Zähne. Und stieg in das Auto. Da wir halb 12 hatten, brauchte ich auch keine Angst haben die Jungs zu sehen. Mein Vater fuhr mich nach Elliot und ich stieg aus. Klingelte an dessen Haus und mir wurde die Tür von dessen Mutter geöffnet die sich freute mich nach so langer Zeit wiederzusehen. Sie fragte, ob ich was essen oder trinken wollte, ich verneinte aber und fragte ob ich erstmal in Elliots Zimmer konnte. Seine Mutter zeigte mir den Weg, als ob ich ihn selbst nicht wusste, und verlies dann wieder das Zimmer. Ich setzte mich auf das Bett und rief erstmal Elliot an und erzählte ihm das ich bei ihm sei und auf ihn warten würde, falls es ihm nichts ausmachen würde. Er verneinte und meinte, dass er sich auf der Arbeit beeilen würde und versuchen würde so schnell wie möglich frei zu kriegen.

Im Zimmer guckte ich mich danach erstmal um. Elliot hatte ein Foto von ihm, Gina und mir in einem Bilderahmen auf seinem Schreibtisch stehen. Das Zimmer bestand aus einem großen Schrank, einem Bett, einem Schreibtisch, eine Couch, einen Couchtisch und einer Anbauwand. Nichts Außergewöhnliches. Gemütlich. Jugendlich.

Nachdem ich den Fernseher angeschaltet hatte legte ich mich vorsichtig auf das Bett und schaute zum Fernseher, jedoch bekam ich nichts davon mit. Ich nahm mein Handy und schaute was in Facebook und WhatsApp los war. In Facebook kamen sofort die Fotos von mir und Marvin. Unser ‚Stirnfoto' hatte es auf sage und schreibe 634 Likes geschafft und 438 Kommentaren. Das ‚Wiesenfoto' auf 527 Likes und 325 Kommentare. Die Kommentare waren nichts anderes als wie die, die ich mit Marvin bei McDonald's gelesen hatte.

Behaltet ihn doch, Bitches. Kam es mir in den Sinn, jedoch wollte ich es dann doch nicht unter das Foto schreiben. Ich schloss Facebook wieder und ging in WhatsApp. Unwichtiges. Also schloss ich WhatsApp auch wieder und schaute mir die Fotos von gestern Nacht an.

Da war noch alles ok. Alle waren glücklich. Alle hatten Spaß. Wie schnell sich das Blatt doch wenden konnte. In dem einem Moment scheint es nichts zu geben, was einem die Stimmung kaputt machen kann und im nächsten Moment scheint es, als wenn man nie wieder aus dieser scheiß Stimmung raus kommen kann.

Wieso musste ich mich denn auch ausgerechnet auf das alles einlassen. Wir waren ja noch nicht mal zusammen. Haben bis jetzt noch nicht einmal darüber geredet. Und dann küsse ich ihn einfach. Lasse zu, dass seine Hand mich berührt. Lasse zu, dass er mit mir duschen geht. Lasse zu, dass er in meinem Bett schläft. Lasse zu, dass er in meine Gedanken umherkreist. Lasse zu, dass er mich auf verschiedene Körperteile küsst. Lasse zu, dass er mir einen Knutschfleck macht. Lasse es zu, dass er mich in den Arm nimmt. Lasse es zu, dass er sich für mich schlägt. Lasse zu, dass er mich an die Hand nimmt. Lasse zu, dass er mich trägt. Lasse zu, dass er mir essen kauft. Lasse zu, dass er mir diese teure Kette kauft. Lasse einfach alles zu, was er will. Und dann. Ja, dann kommt er mit sowas wie gestern, dass er nicht will, dass seine Freunde uns küssend sehen. Wieso? Meine Fresse, wieso. Was ist da nun der Unterschied zu den anderen Sachen? Wenn ich nicht gewusst hätte, das wir nicht zusammen waren, dann hätte ich das, wenn ich alles mitbekommen hätte auf jeden Fall gedacht. War doch schon fast wie Freund und Freundin.

Cheek KissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt