12. Kapitel

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Die Savanne breitete sich vor mir aus. Hell und offen, warm gegen den azurfarbenen Himmel. Die Gräser wiegten sich sanft im Wind. Es roch nach der trockenen Erde, nach Sand, den Felsen und nach der unergründlichen Tiefe des Dschungels hinter mir. Ich hörte ein leises rauschen, allgegenwärtig in der Savanne, die Grillen zirpten. Ich konnte die schwachen Luftwirbel des Windes spüren, die Wärme der Sonne, die nahende Trockenzeit in der Luft erahnen.

Es war genau wie zuvor. Keinerlei Unterschied.

Inkani trat neben mich. Man sah ihre Rippen. Und den Riss in ihrem Ohr. Sie hob den Kopf, witterte und trottete dann mit gesenktem Kopf auf den Berg zu der neben uns in den Himmel aufragte. Shelva folgte ihr, Naruna, Anori, Kosar marschierte vorneweg, Keon dicht hinter ihm. Tao mit Abstand neben den Löwinnen. Nura und Same stolperten hinter Anori her die zuletzt lief. Ihre Schritte waren unsicher und man konnte jeden einzelnen Knochen sehen.

Es war genau wie zuvor. Man sah ihnen kaum an, dass jemand fehlte. Nur ein leichte Unsicherheit, Anori lief neben Shelva, sie hielt einen respektvollen Abstand, aber sie wirkte seltsam fehl am Platz. Das Rudel war zusammengeschrumpft. Akono, Fayi und jetzt auch Vern.

Sie lag noch im Dschungel, mit halb offenen Augen, vielen Biss- und Krallenspuren und einer Langen Wunde am Hals. Sie war bereits tot als ich wieder zum Rudel traf. Niemand hatte gekämpft, nur dagelegen, mit gesenktem Kopf.

Ich hatte nicht geweint. Ich hatte keine Tränen mehr. Ich war einfach gegangen und versucht dieses Bild aus meinen Gedanken zu verbannen. Mir einzureden, dass sie noch lebte. Ich hatte mich nie besonders gut mit Vern verstanden, sie hatte sich nur mit Shelva und Keon wirklich gut verstanden, aber sie war ein Grundstein in meinem Leben. Sie war immer da gewesen. Sie hatte selten geredet, man musste in ihrer Nähe aufpassen, aber sie war immer da. Auf der Jagt hatte sie einen Plan. Und sie zog ihn durch. Ihre Entscheidungen waren die richtigen. Und sie war gut. Es war nicht selten sie der man den Erfolg zusprechen konnte.

Von allen trat uns ihr tot am meisten. Sie war ein Grundstein des Rudels. Erfahren, gut in der Jagt und im Kampf, sie zu verlieren war hart. Wir alle hatten eine Bindung zu ihr gehabt. Sie war eine unverwüstliche Jägerin gewesen. Man konnte sich immer auf sie verlassen. Es gab niemanden der sie ersetzten konnte.

Fayi war noch jung, sie hatte geradeerst angefangen wirklich Jagen zu lernen und ein Teil des Rudels zu sein. Außerdem gab es die geringe Chance, dass sie nicht tot war. So verschwindent gering sie auch war. Akono wäre gegangen. Natürlich. Er war ein Männchen und alleine hatte er keine Chance gegen Kosar, Tao und Keon.

Aber Vern...sie hätte noch lange leben können. Und sie hätte Junge aufziehen können, die irgendwann ihren Platz hätten einnehmen können, wenn es für sie Zeit gewesen wäre, aber ihr einziges Junge aus diesem Jahr war gestorben und das davor war ein Männchen nahmens Taka gewesen, dass eines Tages wegeggangen war, nachdem Kosar ihm ein Ohr abgebissen hatte.

Und nun war sie tot, wegen eines sinnlosen Kampfes um die letzten paar Fleischfetzen der Beute. Ich hatte Akono geschworen, dass ich nicht zulassen würde, dass meinem Rudel etwas zustoßen würde. Und nun war Fayi verschwunden, Vern, Juna und Monok tot. Auch wenn Fayi vielleicht noch den Hauch einer Chance dort draußen hatte, für ein Junges war es der unausweichliche Tod alleine überleben zu müssen.

Ich hasste mich für das Gefühl, froh darüber zu sein, dass ich noch am Leben war.

Mit gesenktem Kopf ging hinter den Anderen her. Ich spürte weder die wärme der Felsen unter meinen Füßen, noch ihre scharfen Kanten. Ich hatte keine Ahnung was Kosar hier wollte. Wir mussten Jagen gehen, oder wir alle würden verhungern, aber als ich das Rudel sah, verstand ich. Keon lag bereits wieder auf der Seite, seine vielen Verletzungen machten ihm zu schaffen, genau wie Tao. Kosar ging es nicht wesentlich besser und dabei hatten sie alle gefressen. Naruna und Shelva legten sich in den Schatten. Same trat maunzend auf Shelva zu, wurde aber mit einem Knurren verscheucht. Sie hatte keine Milch. Nura versuchte es nicht einmal. Inkani zog sich nach ganz hinten in die Nebenhöhle zurück. Vielleicht wollte sie Kosar aus dem Weg gehen, der sich knurrend an den Felsen rieb um sein Revier zu markieren. Ich hatte keine Ahnung was gestern Nacht vorgefallen war.

Ich schmiss meinen Köcher und den Bogen hin, lehte mich an die Höhlenwand und waretete. Auf Schlaf, auf ein Ereignis, ich wusste es nicht.

Von hier aus hatte man eine unglaubliche Aussicht auf die Savnne. Der Horizont erschien mir unendlich weit entfernt, vielleicht war er das auch. Es brauchte einen halben Tag um dorthin zu reisen. Und das auf dem Rücken eines Löwen. Ohne Hilfe würde ich Ewigkeiten brauchen. Und momentan konnte keines meiner Rudelmitglieder mir helfen.

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Um das zu erklären: Vern war zwar "nur" eine Nebenfigur, aber eine bedeutende. In dieser Geschichte gibt es nicht viele Personen, aber alle liegen mir am Herzen. Vern war ein Grundstein des Rudels. Sie ist erfahren und es ist ein harter schlag für das Rudel Sie zu verlieren.
Ich wollte ihr einen Teil widmen, denn sie ist wichtig, wichtig genug um ihr ein Kapitel zu widmen.
In freier Wildbahn gehen ganze Rudel daran zu grunde ein derartiges Rudelmitglied zu verlieren.

Ansonsten, es tut mir leid, dass ich so lang weg war aber es gab eine kurzfristige Änderung in meiner Ferienplanung und dann war ich weg ohne Internet.
Ihr bekommt alle Teile aber nicht regelmäßig, ich weiß nicht genau wann ich weg bin und wann ich Wlan habe
Liebe Grüße und habt schöne Ferien :)
Und danke für mehr als 2k reads :D

Rote Sonne Die Löwen von AkanaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt