35) Kampf oder Flucht

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Clarke PoV
Irgendwie war es mir unangenehm, dass Bellamy mich so tief in seine Kindheit hinein blicken ließ. Er war plötzlich so vertraut und ich bekam einen ganz anderen Einblick von ihm. Wären wir allein gewesen, hätte ich ihn geküsst. Allein bei dem Gedanken daran, wurde mir warm ums Herz.
"Bellamy? Wir haben sie gefunden." Das vertraute Raschen des Funkgerätes ließ uns alle aufblicken. Sofort sprang Bellamy auf und schnappte es sich.
"Ist sie okay? Wo seid ihr?" fragte er sofort und starrte das Funkgerät an, als würde Octavia gleich da raus springen.
"Ja, Bell, mir geht's gut. Wir gehen jetzt zurück ins Camp. Beeilt euch. Die Grounder... Sie greifen im Morgengrauen an!"

Wir waren die erste Gruppe, die zurück ins Camp kam. Bellamy lief die ganze Zeit nervös auf und ab, bis endlich Octavia kam.
"Komm!" Er zog sie, nicht gerade sanft, in sein Zelt und ich folgte brav wie ein Schoßhündchen. Gott, ich hasse diesen verdammt gutaussehenden Kerl! Wie konnte er mich mit einem Blick nur so aufwühlen!? Ich bin noch nie jemanden hinterhergelaufen.

"Was machst du in meinem Zelt?" fragte er steif und musterte mich.
"Warum nicht? Die Leute, da draußen, hören auch auf mich. Also sollten wir zusammen entscheiden, was wir tun." Missmutig nickte er und sah zu seiner Schwester.
"Lincoln hat mir erzählt, dass seine Leute uns angreifen wollen und-"
"Wer zum Teufel ist Lincoln!? Du bist bei einem Grounder!?" Die allzu bekannte Zornesfalte bildete sich auf Bellamys Stirn. Octavia hielt ihm aber stand und nickte nur selbstsicher.
"Ich bin 17, großer Bruder. Als du so alt warst wie ich, hast du schon andere Dinge mit Mädchen gemacht."

Ich wollte eigentlich nicht wissen, in welchem Alter Bellamy zu diesem Riesen-Arsch wurde, vor allem nicht, da wir gerade andere Probleme hatten.
"Leute, wir werden angegriffen und ihr streitet euch gerade darüber, wann Bellamys Interesse zu Mädchen geweckt wurde?" Ich sah beide abwechselnd an.
"Sie hat Recht..." gab Octavia nur leise von sich und sah zu ihrem Bruder. "Wir können die Grounder-Armee nicht aufhalten, entweder wir gehen oder kämpfen." Da Bellamy schon immer dieser Kämpfer-Typ war, war seine zugebende Antwort ziemlich vorraussehbar.
"Es werden mehr als hundert sein, Bellamy. Wir haben keine Chance. Wir können nur verlieren." Er musterte mich und sah mir dann in die Augen.
"Ich habe Vertrauen in unsere Leute. Sie können die Grounder schlagen. Wir haben Waffen und Gewehre, sie nur Schwerter und Pfeile."

Bellamy PoV
Clarkes Dickkopf machte mir zu schaffen. Wir können doch nicht einfach flüchten! Wir waren nun Grounder. Wir hatten die Waffen. Sollten sie und ruhig angreifen.
"Wir werden nicht davonlaufen, Clarke." Octavia sah kurz zu ihr.
"Sie hat Recht, Bell. Ihr könnt sie nicht schlagen. Ihr solltet gehen." Ihr? Warum sprach sie in dieser Form?
"Was ist mit dir, O? Du bleibst doch bei uns..." Ihre eiserne Miene veränderte sich und sie umarmte mich.

"Nein, Bell. Ich gehe mit Lincoln. Wir werden zu Luna gehen. Dort sind wir in Sicherheit..." Plötzlich raste alles an mir vorbei. Nur ihre Worte hingen in der Luft und wiederholten sich in Dauerschleife.
Ich gehe mit Lincoln. Ich gehe mit Lincoln.
"O... Du bist nirgendwo sicher. Bleib hier, hier bei mir." Sie küsste mich auf die Wange.
"Ich liebe dich, großer Bruder." Und dann ging sie. Sie ging. Leise flüsterte ich noch ein
"Ich dich auch..." hinterher, aber sie hörte es wahrscheinlich nicht. Clarkes mitleidiger Blick ruhte auf mir.
"Bellamy, es tut mir leid..." Mich interessierte es nicht, ob die Prinzessin Mitleid hatte oder nicht. Wir hatten gerade andere Probleme.

"Also gehen wir? Wir geben auf? Wir haben das hier alles mit unseren eigenen Händen aufgebaut!" Ich deutete um uns herum. "Und wir gehen jetzt?" Clarke seufzte leise und nickte.
"Ja, Bellamy. Wir gehen, jetzt. Es ist nicht sicher für uns." Mir war klar, dass ich hier kein Mitsprache-Recht hatte, also erwiderte ich lieber gar nichts. Warum mussten Frauen auch immer zusammenhalten!? Warum mussten sie somit immer Recht haben!?
"Dann sollten wir jetzt los. Du erklärst es den Anderen."

Das blonde Mädchen nickte und verließ das Zelt. Kurz darauf hörte ich ihre Stimme auch schon. Die Reaktionen auf ihre Mitteilung waren eher verhalten. Ein paar sahen es so wie ich und wollten bleiben, andere hingegen konnten Clarke verstehen.
"Wir werden nicht gehen!" protestierte ein Jugendlicher lautstark. Ich ging raus und stellte mich neben Clarke.
"Wir gehen! Die Grounder sind viel mehr als wir. Es ist zu riskant! Wenn wir noch die Chance haben zu flüchten, dann sollten wir es machen."

The Sunset (Bellarke)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt