"Christian, dass kannst du nicht tun! S-" eine aufgebracht weibliche Stimme verzerrt sich mit den pochenden Kopfschmerzen und meinem schmerzenden Körper. "Denkst du mir gefällt es? Glaubst du ich finde es gut, sie wieder alleine zu lassen? Ganz sicher nicht. Aber wie willst du ihr das alles erklären?" die Richtung in die das Gespräch geht, gefällt mir gar nicht und beunruhigt mich zugleich. "Sie würde dir dann nie verzeihen, dass ist dir bewusst oder? Du hättest jetzt die Chance alles gut zu machen und stattdessen rennst du weg. Christian warum?" die Stimmen durchdringen mich nur Grob und lange kann ich mir ein stöhnen nicht mehr zurückhalten. Dafür schmerzt alles einfach zu sehr. "Wir haben noch ein wenig Zeit, bis wir sie ins Krankenhaus bringen können. Aber wir müssen uns beeilen." bemerkt mein Bruder harsch, als seien alle Emotionen aus ihm gewichen. "Du machst einen Fehler." stellt seine Freundin fest.
"Nein, ich versuche sie bloß aus diesem Leben rauszuhalten." Kräftezerrend versuche ich meine schweren Lider zu öffnen. Sie fühlen sich an, als würden sie zerreißen, zu sehr verkleben und mir damit jeden freien Willen das Licht zu erblicken nehmen. Und dennoch spüre ich wie die Verbindung meiner Lider reißt und ich zögerlich die zuckenden Flammen des Kamins wahrnehme. Das helle Licht brennt in meinen Augen und lässt mich mit verengten Augen meinen Kopf zur Seite drehen. Jede Faser meines Körpers pocht und der Geschmack meines Mundes ist immer noch stark von Angst, Panik und erbrochen bedeckt. Eine ekelhafte Mischung, die mich erneut Übel werden lässt.
"Wir fahren in zehn Minuten los. Adam hat ihre Tasche gepackt, darin befindet sich Geld und alles was sie braucht." meine Augen fixieren die Tür, wohinter die aufgebrachten Stimmen erklingen und ich mit ihnen das pochen meines Kopfes wahrnehme. "Das ist barbarisch Christian. Du schickst sie weg, während sie unter irgendwelchen Mitteln steht. Und wenn sie aufwacht, ist sie allein. Willst du ihr das wirklich antun?" ich zucke bei der herrischen Stimme von Nora zusammen. Doch die Wut auf meinen Bruder, mich wieder fort zu schicken und das, wenn ich schlafe ist grausam. Ohne Begründung.
Wütend funkle ich meinen Bruder an, als sich die Türen öffnen und er mich mit offenem Mund anstarrt. "Du bist wach?" fassungslos lässt er seine Augen über mich gleiten, scheint nach irgendetwas zu suchen. "Du willst mich weg schicken? Bin ich so eine große Last für d-" ich unterbreche mein schnippischen Ton, spüre, wie sich eine Last in mir ausbreitet. Spüre wie sich alles zu drehen beginnt. Ich höre die schreie- ich höre meine Schreie. Ich spüre den kalten Boden unter mir, den stechenden Schmerz in meiner Schulter, das erleichterte Gefühl, Blacky zu haben- die Angst. Ich rieche das feuchte Gras, die Waldluft, das verrottete Wesen. Erneut steigt eine Übelkeit in mir auf. Erneut sticht der Geruch meines eigenen Erbrochenen in meine Nase, lässt mich würgend aufrichten. "Scheiße, Lavea!" Christian bewegt sich mit stockenden Bewegungen, greift vom Boden eine Schale und platziert sie vor mir, sodass mein neuestes Erbrochenes in der Schale landet und ich die beruhigende Hand über meinen Rücken spüre. Tränen fließen über meine Wangen und lassen mich leise aufschluchzen, als ich mich wieder aufrichte und spüre, wie Nora mir die Schale entnimmt und aus dem Zimmer bringt.
"Christian, was ich passiert?" es ist lediglich ein wimmern, welches mir entkommt und meine Arme um die Beine wickeln lässt. Ihm ist bewusst, dass jegliche Erinnerungen an den Vorfall zurück sind. Ihm ist bewusst, dass er mir nun eine Erklärung für all das unbewusste schuldig ist. Seine Hand die über mein Rücken gleitet stoppt. Sie hält inne und mit ihr, sein Atem. Ich blicke zögerlich über meine Schulter und treffe auf seine braunen Augen, die meinen doch eigentlich so ähnlich sind. Und dennoch habe ich das Gefühl, dass uns Welten trennen. Und wahrscheinlich habe ich Recht- mehr als das.
"Christian, was war das? Warum...-" ich breche ab, als sich neue Tränen über meine Wangen legen und ich die Panik in seinen Augen wahrnehme. "Erkläre es mir." fordere ich, noch immer stumm lässt er seine Hand von meinen Rücken gleiten und lässt mich erschaudern, als er von dem Bett aufsteht. "Ich bin nie freiwillig gegangen." murmelt er, als er sich vor mich hinsetzt und starr zu mir blickt. Und ich erkenne die Tränen in seinen Augen. "Ich möchte dich eigentlich auch nicht mit der Geschichte belasten, denn du sollst wenig wissen. Du sollst dein eines Jahr hier sein, du solltest hier von bloß nie was erfahren." ungläubig verziehe ich meine Brauen. "Das heißt, du hättest mich- sobald ich 18 bin, weggeschickt? Erneut allein gelassen? Christian, wann verstehst du es endlich, dass ich niemanden mehr habe?" meine Stimme gleicht einem einzigen verzweifelten Schrei. "Lavea, ich möchte dich hier behalten, aber das ist nicht dein Leben! Du gehörst nicht hier her!" stockend halte ich die Luft an. Seine Worte schmerzen ungemein. "Das denkst du also die ganze Zeit von mir? Das ich nicht mehr in dein Leben passe?" fauchend trete ich aus dem Bett, spüre den Schwindel und dennoch das Blut, welches von der pulsierenden Wut geleitet wird. "Nein! Aber du hast doch selbst gesehen, welches Leben ich führe. Du bist hier einfach nicht Sicher genug, dass ich ruhig schlafen könnte."
Aufrichtig blickt er mir entgegen, während alles in mir schreit, der Wahrheit nach zugehen. Ich glaube kaum das, dass gestern geträumt war. "Was bist du?" verständnislos schaue ich ihn an und erkenne die Verzweiflung in seinen Augen. Er atmet tief durch, bevor er sich an dem Bett abstützt. "Ein Gen defekt oder ein Naturwunder, wie man es nimmt. Es gibt verschiedene Geschichten über die Entstehung der Wölfe. Manche reden über die Griechischen Götter, andere über damalige Experimente zwischen der Kreuzung, bei Wölfen und Menschen und manch andere, fangen waghalsige Theorien an. Jedenfalls bekommt man mit sechzehn seine ersten Symptome. Und mit sechzehn wird man aus seiner Umgebung herausgerissen. Keiner darf was von diesem Defekt wissen, also wird man in Naturschutz Reservate gebracht, welche von Menschen nicht betreten werden dürfen." fassungslos lasse ich meine Augen auf dem Boden verweilen. Ich habe meinen Bruder Jahrelang für etwas beschuldigt, was er nicht Kontrollieren konnte. "Aber, wenn man keine Verbindung nach draußen hat, wie können dann noch immer Kinder entstehen?" seine Miene nimmt harte Züge an, ehe er tief durchatmet. "Manche Rebellieren. Natürlich, es ist grausam was uns angetan wird. Wir sehen unsere Liebsten nie wieder und meistens konnte man sich nicht ein mal verabschieden. Also versucht man den Wolf's Bestand aufrecht zu halten. Nicht nur untereinander, in den Rudelhäusern, sondern auch nach draußen hin, um Botschaften zu hinterlassen. Und das mit Vergewaltigungen. Es gibt auch Ausnahmen, wie wir beide. Unser Vater konnte sich bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr verstecken. Sein Freund wurde schon früher geholt, da hat er schon eine Vorahnung gehabt. Mom war dort mit mir Schwanger. Und dann sechs Jahre später hat er es geschafft, die Regierung auszutricksen und kam zurück. Nun, da bist du dann entstanden." ich bin Sprachlos. Meine Mutter hatte immer gesagt, unser Vater war immer bei uns, bis er gestorben war. Ich sollte dort in einem Alter von zwei sein. "Mom wusste von diesem Defekt." murmle ich leise, was ihn nicken lässt.
"Ich habe dich gehasst, dafür was du aus mir gemacht hast. Dafür das niemand da war, der mir gezeigt hat wo es lang geht, welcher Weg richtig ist. Welcher Weg nicht mit Drogen, Alkohol und Sex endet und welcher der einfachere ist. Christian, ich habe dich dafür verantwortlich gemacht." ein bitteres lachen überkommt meine Lippen und verzweifelt schaue ich zu ihm hoch, wie er durch meine Worte immer angespannter wird. Ich kann mir vorstellen das es nicht einfach für ihn ist, nun zu wissen wie ich in Illinois gelebt habe. Das mein Leben aus diesen drei Sachen bestand, worunter das letzte, immer in einem kompletten Desaster endete. Entweder wurde ich betrogen oder ich habe betrogen. Oder ich war diejenige die betrügt, so wie mit meinem letzten Ex, der Verlobt war. "Aber weist du Christian? Ich hasse dich nicht, ich glaube ich könnte dich nie hassen. Dafür aber hasse ich dieses Monstrum in dir. Das was mir mein Bruder genommen und mich zerbrochen hat. Und auch wenn ich dir in die Augen schaue, ich wüsste nicht ob ich dem in dir verzeihen kann." seine Augen weichen meinen aus.
"Wie alt war er?" zwischen zusammen gepressten Zähnen, blickt er auf den Boden. Ich verstehe aber wohl kaum seine Frage. "Ich meine wie alt war dein ex?" fassungslos schaue ich ihn an und versuche zu verstehen, woher er das jetzt aufgeschnappt hat. Kurz huscht mein Verdacht auf Adam, aber ich habe ihm nie gesagt wer genau mein Ex war. "Es ist ein Vorteil Alpha zu sein, wir können Gedanken hören." fügt er im stillen hinzu. "Knapp 30." gebe ich ihm zu genüge. Das Gefühl gleich zusammen zu klappen ignoriere ich konstant. "Lavea, ich hasse das Ding in mir auch. So sehr. Und ganz besonders wenn ich daran denke, was alles während der sieben Jahre passiert ist. Aber ich kann es nicht ändern. Er gehört zu mir, so wie ich zu ihm. Wir gehören aus Instinkt in den Wald und das können dir alle gleichermaßen erklären." kopfschüttelnd steht er auf und blickt mit einem bitteren Gesichtsausdruck auf mich hinab.
"Willst du mich noch immer los werden?" fragend schaue ich ihn an, versuche die Tränen endlich zum stoppen zu bringen und doch funktioniert es nicht. "Ich weiß es nicht. Ehrlich gesagt hatte ich damit gerechnet, dass du auf das Mittel wirkst und das du schläfst. Ehrlich gesagt hatte ich damit gerechnet, dass du Schmerzen wegen deiner Schulter hast." eindringlich beachtet er mich. Ich lasse mein Blick auf den Pullover gleiten, welcher voller Schmutz und Blut ist. Die Wollmaschen an meiner Schulter sind herausgerissen und mit großen Löchern versehen, wohinter sich dicke vernarbte Haut befindet, die mich stutzig macht. "Was zum?" ich ziehe den Ärmel hinunter und betrachte die drei einstechenden Narben. "Ich bezweifle, dass du vollkommen Mensch bist."
DU LIEST GERADE
Lavea •Feuer des Herzens•
Hombres Lobo[Beinhaltet den ersten und zweiten Teil] Teil 1 - Abgeschlossen Teil 2 - Pausiert Nach dem Tod ihrer Mutter muss Lavea wieder den Kontakt zu ihrem Bruder aufnehmen. Nach sieben Jahren Trennung nimmt er sie bei sich, im abgelegenen Naturschutzgebiet...