20«Geronnenes, verrottetes wiedersehen

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"Es tut mir so leid Adam." rufe ich gegen den beständigen Wind. Ein leises Wimmern seinerseits bereitet mir eine unangenehme Gänsehaut. Es ist traurig, er hat es sich anders vorgestellt als zu beginn, er hat seine Schwester nicht gefunden. Noch weitere fünf Stunden haben wir überlegt, waren an seinem alten Haus. Haben Verwandte, Freunde, Bekannte getroffen und uns sagen lassen das sie einfach gegangen sind. Weg. Unauffindbar. Das beschreibt es am besten. Das Gefühl muss schrecklich für ihn sein. Ellensburg war seine einzige Hoffnung auf ein wiedersehen. Aber diese ist gestorben, trotz das man sagt die Hoffnung stirbt zuletzt. Sie ist gestorben. Erst nach den lästigen Anrufen von Christian haben wir unsere Suche aufgegeben, um in die Realität zu blicken. Sie an einem Tag zu finden, ist unmöglich. Sie in dem Wald übers Internet zu finden, undenkbar. Was wir jetzt machen, oder was er jetzt macht, steht in den Sternen. Fakt ist ich werde ihm helfen, wenn er das möchte, wenn er mich braucht.

Ruckartig bleibt er stehen, so das mein Oberkörper kurz nach vorne wippt. "Adam, was ist los?" frage ich leise und schaue mich um, so wie seine Ohren es tun. Ein knurren kommt aus seiner Kehle und in eil Tempo sprintet er los. Schneller und rasanter als vorher. Immer mehr kralle ich mich in sein Fell an seinem Hals, sodass ich meinen Halt verbessere. "Adam!" schreie ich aufgebracht. Ein unsicheres Gefühl macht sich in mir breit und am liebsten würde ich von ihm runter. Aber bei dem Tempo würde ich jeden Baum mitnehmen und mit Knochenbrüchen vereinsamen. Adam würde es nicht merken, wenn ich runter falle. Ein aggressives und dominantes Heulen, erweckt meine Aufmerksamkeit und den Grund des schnellen Tempos von Adam. Angst beschleicht mich als ich nach hinten schaue und drei weitere Wölfe entdecke. Einer davon ist der graue. Ich merke wie mein Puls rasant zu nimmt und mir die Luft zum Atem abschnürt. "Renn!" schreie ich aufgebracht und als ob er seine letzte Kraft zusammen suchen würde, beschleunigt er und lässt mich das Gefühl haben, als ob ich in einer Rakete sitzen würde. Der Wind peitscht mir unangenehm in mein Gesicht, kleine Insekten verfangen sich in meinen Haaren. Meine Augen kneife ich zusammen und kann kaum verhindern, das sich Tränen aus ihnen schleichen. Ein knurren von der Seite lässt uns beide nach rechts schauen. Ein dunkel brauner Wolf stürzt sich auf Adam und wirft ihn gegen den Baum. Ich spüre wie mein Körper mit geschliffen wird. Wie meine Seite halb gegen den Baum aufprallt, mir den Atem nimmt und die Tränen in den Augen einbringt, als ich weiter über den Boden gleite.

Schmerzverzogen halte ich meinen rücken und schaue zu Adam, der sich wieder aufrappelt und in Kampfstellung vor mich geht. Der erste Wolf geht wieder auf angriff und versucht nach ihm zu beißen, was er rechtzeitig bemerkt und ausweicht. Innerlich beginne ich zu schreien. Ich will ihm helfen, drei gegen ein ist unfair. Aber würde ich eingreifen, wäre ich sofort tot, was ich noch zu verhindern versuche.

Der schmerz in meinem Rücken verhindert das ich normal aufstehen kann, weshalb ich mich auf mein Bauch rolle und den Dreck aus meinem Gesicht wische. Meine Arme zittern, halten mich gerade noch so. Eine kalte Hand in meinem Nacken lässt mich aufzischen und mit Leichtigkeit werde ich auf meine Knie gezogen. Ein schauer beschleicht meinen Rücken und zischend über den Eises griff, der sich in jeder meiner Pore verbreitet versuche ich seine Hand von mir zu lösen. "So sieht man sich wieder." schmierig grinst mich Alec an. Er trägt nur eine Hose und dennoch ist er trotz seines gut gebauten Körpers ein ekelhaftes schmieriges Arschloch. Wütend presse ich meine Zähne aufeinander und ignoriere das fiepen im Hintergrund. Ich kann nicht sagen von wem es kommt, weder sehe ich es, noch kann ich die Wolfsstimmen zu ordnen. "Ich habe lange auf solch eine Gelegenheit gewartet." lacht er begierig auf. Langsam platzt mir der Kragen, selbst im Ghetto habe ich solch ein Benehmen nicht erlebt. Angewidert spucke ich ihm in sein Gesicht, was er wutentbrannt zusammenzieht und seine faust in mein Gesicht schlägt. Erneut lande ich mit meinem Gesicht in dem Matsch. Ein blatt klebt an meiner Wange und Armeisen laufen über meine schmutzige und aufgeschürfte Hand, die sich langsam mit dem Erdboden tarnt. An meinen Haaren werde ich Grob hochgezogen, was mir erneut ein zischen entlockt. Erst jetzt, merke ich die warmen Tropfen die an meiner Wange herunterlaufen. "Du Miststück, wirst schon merken wer das sagen hat." knurrt er. "Nenn mich nicht Miststück, du Wichser!" fauche ich und versuche meine Haare aus seiner Hand zu bekommen. Ohne auf mein Protest zu achten, hebt er mich auf meine Füße und schaut mich belustigt an. "Als ob du mir was antun könntest." lacht er, in dem Moment ziehe ich mein Knie hoch und ramme es in seine Kronjuwelen. Stöhnend lässt er mich los, was meine Chance ist zu rennen. Keine Ahnung wohin oder wie lange, aber ich renne, lasse Adam mit gutem Gewissen zurück. Das pure Adrenalin bringt mich voran, lässt meine Beine das zittern nicht spüren und einfach nach vorne schauen.

An meiner Schulter werde ich Grob zurückgerissen und auf den Boden geschlagen, erneut. Wieder spüre ich das Blut über meine Wange laufen. Wieder spüre ich kein Schmerz, was daran liegen muss das das Adrenalin noch anhaltend ist. Es ist eine Demütigung mir gegenüber mich so erniedrigt zu fühlen. Ich habe Ophelia besiegt, wieso also schaffe ich es nicht bei dieser Mistgeburt? An meinem Arm werde ich auf den Rücken gedreht und Alec setzt sich auf meine Beine, so das ich völlig Bewegungsunfähig bin. Erschrocken schaut er mich an, was mich aber momentan am geringsten juckt. "Ich frage dich das ein letztes mal, was bist du?" Faszination und Verwunderung blitzt in seinen Augen auf. "Verfluchte Scheiße ich bin ein Mensch! Ein fucking Mensch!" schreie ich ihn an und versuche mich weiter zu bewegen. Doch meine Hände hält er über meinen Kopf, sein Gewicht ist zu schwer, als das ich mich hoch stemmen könnte. Meine Handgelenke werden kalt und ein ständiges ziehen und pochen breitet sich aus, bereitet ein unumgänglichen Schmerz aus, was meine Zähne aufeinander pressen lässt. Egal was für eine Wirkung er auf mich hat, sie ist sicher nicht normal und alles andere als Gesund. Seinen Kopf kommt meinem immer näher, so das ich seinen eisigen Atem auf mir spüre, den Ekel in mir. "Du bist alles, aber kein Mensch." haucht er begierig, bevor er seine Lippen gewaltsam auf meine presst. Es schmerzt, es schmerzt unglaublich. Tränen rinnen meine Wange hinab. Es fühlt sich an, als würden tausende Nadeln in meine Lippe gerammt werden, sie zerfleischen und immer wieder zustechen. In die selben bereits offenen Wunden, die von Würmern verfressen sind und verfaulen. Verdorren, meine eigenen Lippen. Ich schrecke auf als sich das Gewicht von mir entfernt und ich die kühle Luft tief inhaliere. Ich huste, spuck Blut, was keines Wegs aus meinem Mund kommt. Meine Finger fahren instinktiv über meine Lippen und die Übelkeit erklimmt mich, als ich das Blut an dem Handschuh schimmern sehe. Es erinnert mich an das Blut, bei Blacky's Katzenbiss. Geronnen und viel zu dunkel für das normale Blut. Genauso unnormal ist das ich kein Eisen schmecke, nichts. Bloß das verfaulte, das schlechte und ekelhafte füllt meinen Mund aus. Ich höre das keuchen von Adam, der als Mensch von Alec gegen den Baum gedrückt wird. Seine Sicht sieht verschwommen aus, als sei er schon lange nicht mehr anwesend. Mit einem bloßen Blick greife ich nach einem dicken Ast und versuche mich auf meinen wackeligen Beinen zu halten. Er sieht mich nicht. Mein Puls pocht und noch immer muss ich meine Magensäure innehalten. Der Geschmack meines 'eigenen' Blutes ist ekelerregend und erinnert mich in jeder Faser an Alec, der dabei ist meinen Besten Freund zu würgen. Ohne weiter zu zögern schlage ich den Ast an seinen Kopf und nicht lange, da löst sich seine Hand von dem Hals. Erleichtert atme ich auf und fange Adam sofort auf, als er sich nicht weiter halten kann. "Es ist alles gut." murmle ich. "Tapfer gekämpft, Lavea." selbst durch seine kratzige und heisere Stimme höre ich die Belustigung heraus. "Wir sollten gehen, ärger kriegen wir so oder so." Erinnere ich ihn daran.

Lavea •Feuer des Herzens•Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt