15«Annäherung's Versuche

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Träge wasche ich mein Gesicht und stelle erschrocken fest, was für Augenringe ich überhaupt habe. Die Nächte wurden immer kürzer und mieser. Abermals rolle ich mich umher, lasse die Gedanken wie finstere Dämonen über mich kreisen und finde keine Ruhe davor, so sehr ich es auch möchte. Sie verfolgen mich und scheinen ihren Spaß daran gefunden zu haben, mir jegliche Freude am Schlaf zu nehmen. 

Seufzend trockne ich mein Gesicht ab und setzte mir wieder meine Brille auf, um meine Umgebung definierter und klarer wahrzunehmen. Ich blicke zu Blacky, welcher sich auf den Badewannenrand gesetzt hat und von dort aus meiner Morgendlichen Tortour nachschaut. Seine blauen Augen aufmerksamer, denn je. Ich schnalze mit meiner Zunge und lasse ihn somit aufspringen, sodass wir zusammen das Bad verlassen und ich bereits nun die lauten Stimmen der Bewohner des Hauses lausche. Es ist eine Mutprobe für mich geworden zu den andere zu gehen. Und ich finde es furchtbar. Mein Herz pocht, meine Nerven liegen auf dem Boden und meine Gedanken spielen, wie so auch in der Nacht, verrückt. 

Ich lasse meine Augen über den langen Holztisch gleiten und erkenne Ophelia, die mich mit bösen Blicken straft. Soweit ich weiß habe ich ihre Nase gebrochen, hingegen sie mir nur ein paar Schürfwunden zugezogen hat. Noch immer kann ich mir die Stärke nicht erklären, doch ich schiebe es auf die Trauer gegenüber Rosie und die Wut gegenüber Blacky. 

Zögernd lasse ich mich an den Tisch nieder und spüre den Blick von Adam auf mir. Ich kann nicht leugnen, dass ich mich von ihnen distanziert habe. Aber momentan weiß ich weder wohin mit den Gedanken, dass es Wölfe gibt und das sie diese sind, dass ich ebenfalls kein Mensch bin und das meine Tante nun ebenfalls Tod ist. Es überfordert mich, sodass ich kaum daran denke, wie ich auf andere wirke. Und wenn, dann ist es eines meiner wenigsten und geringsten Probleme. 

"Lavea." langsam richte ich meinen Kopf auf und schaue meinen Bruder an, der mich undefinierbar mustert. "In ein paar Tagen beginnt die Schule." die Erkenntnis tut es der Faust von Ophelia gleich- Sie geht mitten in mein Gesicht. "Glaubst du, du fühlst dich dafür bereit? A-also auch wegen deiner Ta-" ich schüttle meinen Kopf und rühre weiter in der Suppe rum. "Es geht schon." unterbreche ich harsch, was sie verstummen lässt. "Lavea." warnend sieht mein Bruder auf mich hinab. Ich merke selbstverständlich wie sehr er mich in Schutz nimmt, seit dem Tod meiner Tante, aber scheinbar habe ich hier eine Grenze überschritten. "Mir ist der Hunger vergangen." frustriert werfe ich den Löffel in die Schale und stehe auf. 

Ich atme erleichtert durch, als ich mich in mein Bett werfe und erneut die herannahenden Tränen in meinen Augen spüre. Das hier ist nicht mein Leben. Und so habe ich es mir nie vorgestellt. Der Tod von Rosie ist falsch, er fühlt sich falsch an und einfach viel zu unerwartet. Bei Mom konnte ich mich ein Jahr auf den Tag ihres Todes vorbereiten, aber bei Rosie? Keines Wegs. 

Ich ignoriere das klopfen an der Tür und die Stimme von Adam, der darum bittet in mein Zimmer kommen zu dürfen. Ich antworte nicht, es ist als würde meine Stimme bei dem kleinsten Ton versagen. Ich höre wie die Tür aufgemacht wird und er sie wieder schließt. "Lavea. Das geht so nicht weiter. Wir sind deine Freunde, nicht deine Feinde." ohne besonders auf mich zu achten, redet er los. Anders wie sonst klingt er unwahrscheinlich enttäuscht, was mein Herz zusammenziehen lässt. "Bitte gib ihnen nicht recht, dass wir solche Monster wären." er lässt sich neben mich nieder und schaut direkt in mein Gesicht. Wäre Blacky nicht zwischen uns, würden sich unsere Nasenspitzen berühren. "Du bist mir eine zu gute Freundin geworden. Es schmerzt das du uns, mich so abstößt und mit diesem Blick von Abschaum betrachtest. Ich weiß das bist nicht du. Ich weiß du bist verletzt und wir verstehen das alles." matt lächelt er mich an, was ich kaum erwidern kann. Seine Worte treffen mich und ein funken von Anstand gegenüber meinen neuen Freunden entsteht und entflammt sich in mir auf. Es sorgt für ein noch größeres Chaos. "Warum hat Christian mich und Ophelia nicht auseinander gebracht?" krächtze ich leise. Wäre er wirklich kein Monster hätte er wohl kaum dabei zugeschaut, wie seine Schwester von einem fast drei Meter Wolf zerfleischt wird. Auch wenn mich die Wendung noch immer wundert. "Du hast es gebraucht." bemerkt er mitfühlend. "Ophelia ist stark und kann sich selber beschützen. Und du wurdest von deiner Trauer und Wut begleitet, sodass du jede Moral der Menschheit vergessen hast. Als sie sich wandelte wollte er eingreifen, aber wir waren alle von deiner Kraft überwältigt und konnten nur noch dabei zusehen." er schildert die Situation so logisch und expressiv zugleich, dass ich nur stumm nicken kann. Und so liegen wir da. Es können Stunden oder auch einfache Minuten vergangen sein. "Adam." murmelnd hebe ich meinen Blick von meinen Kater und schaue den blond Schopf vor mir an. "Es tut mir leid. I-ich wollte dich oder sonst wen nicht verletzen, aber es war und ist einfach zu viel." ein kleines lächeln breitet sich auf seinen Lippen aus, bevor er seine Arme öffnet und ich über Blacky in seine Arme flüchte.

Lavea •Feuer des Herzens•Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt