14«Lügen der Wahrheit

5.9K 314 22
                                    

In meinem Bett kauer ich mich zusammen und starre wie die restlichen Tage aus dem Fenster. Immer mal wieder fallen neue Blätter auf den Boden oder ein Regenschauer überkommt das National Gebiet. Immer wieder erinnere ich mich an das Gespräch mit meinem Bruder. Und immer wieder zerreiße ich mich, was schlimmer ist: Die Tatsache das mein Bruder und alle Leute die in diesem Haus, in diesem Wald zu halb Wolf sind oder das ich durch meinen Vater nicht Menschlich bin. Nie habe ich ihn getroffen, Fotos gibt es nur wenige.

Noch immer weigere ich mich die Wölfe als real anzusehen. Dieses Leben und diese Welt als realistisch. Doch der Vorfall hat alles bewiesen und hat somit die hinterste flüsternde Stimme ausgeschaltet. So stark sie mich auch vom Gegenteil überzeugen wollte. Dennoch seit bereits sechs Tagen habe ich mich in den vier Wänden hier eingesperrt. Essen wird mir ins Zimmer gebracht, damit ich überhaupt zu Kräften komme. Genauso wie das für Blacky, welcher tapfer an mich gekuschelt ist und ab und zu für ein kleines schmunzeln auf meinen Lippen sorgt. Hin und wieder versucht Nora, Adam, Katy oder sonst wer mit mir zu reden. Nur Christian hat sich seit dem nicht mehr blicken lassen. Und vielleicht ist es mir lieber so. Zu wissen das er weiß was ich denke, ist erschreckend und dazu habe ich ihn auch mit der Wahrheit abgeschreckt. Ich wünsche mir einfach nur noch Nachhause, zu Rosie, zu Timo und ganz besonders zu Mom. Ich habe mir verboten so zu denken. Aber ich kann es nicht mehr. Meine Kraft und Ausdauer hat mich verlassen, so sehr ich schwäche auch hasse. Nur das hier ist nicht meine Welt. Sie gehört den anderen. Egal ob ich nun ein Mensch bin oder nicht. Ich gehöre hier nicht her. 

Die Tränen schiebe ich zurück in den kleinsten Augenwinkel und selbstsicher stehe ich auf. Ganz gegen den Willen meines Katers, der mich mit seinen Krallen versucht festzuhalten. Doch ich schiebe ihn zurück. Das Abendessen müsste längst vorbei sein, dass heißt Christian ist in seinem Büro. Das es das Unternehmen nicht gibt, ist wahrscheinlich das Sahnehäufchen meines Aufenthalts. 

Die Blicke der anderen Hunde ignoriere ich, genauso wie meine Unsicherheit unter ihren Blicken. Ohne es besonders wahrzunehmen hat sich meine Einstellung zu meinen Mitbewohnern stark verändert, die Abneigung ist unerkennbar. In das Büro meines Monster Bruders reingeplatzt verstummt das Gespräch zwischen ihm und Ryder, welcher mich stutzig mustert. Er soll damit bloß aufhören. Und wie ich gedacht habe, schaut er weg. "Und du sollst aufhören in meinem Hirn rumzuschnüffeln. Es geht dich nichts an." fauche ich zickig. Ryder macht Anstalten aufzustehen und als ich bemerke das er durch die Tür gehen will, wo ich stehe, gehe ich einige Schritte vor. Und das unbewusst. Völlig aus Reflex. Blacky hingegen legt die Ohren fauchend an. "Ich versuche es." murmelnd legt mein Bruder ein Stapel an Unterlagen zusammen, derweil ich die Tür schließe. Wären hier nicht so große Fenster, würde ich beginnen zu schreien, aus purer Paranoia eingesperrt zu sein. Mit ihm. "Tierarzt Rechnungen?" spottend lehne ich mich mit verschränkten Armen gegen die Wand. "Du solltest die Sprüche hier lassen, die anderen reagieren nicht besonders gut, auf die Abfällige Art ihnen gegenüber." er sieht müde aus. Sehr sogar. 

"Christian ich will nachhause." die kälte ist aus meiner Stimme gewichen, hingegen ist nun nur noch ein verzweifelter Ton übrig. Bitter schüttelt er den Kopf und lässt meine Mauer erneut hoch fahren. "Lavea, ich wünschte es geht so einfach." frustriert fährt er sich mit seiner Hand durch sein Gesicht. "Was? Wieso?" schreckend gehe ich von der Wand zurück und schaue ihn abwartend an. "Ich habe es versucht. Aber es wird wohl kaum funktionieren." seine Augen sehen wässriger denn je aus. "Was ist los? Ich kann zu Rosie." stelle ich fest. "Nein, das kannst du nicht." bei seinem Anblick, bei seinen Augen die mir entgegen strecken wird mir übel. Ich spüre die Säure meine Speichelröhre hoch kriechen, bis ich sie mit Mühe runterschlucke. "Es tut mir leid. Rosie ist gestern Abend bei einem Autounfall-" "Nein." es ist bloß ein hauchen, welches ihn unterbricht. "Du lügst." scharf blicke ich in seine Augen, die mir Mitleidig entgegen blühen. "Du lügst! Du tust nie was anderes! Was willst du erreichen? Hm? Das ich hier bleibe? Deine Sklavin werde, das ich mich mit dir wieder versöhne?! Christian du lügst." tränenerstickt stütze ich mich an der Wand ab und halte mein vor schmerz schlagendes Herz. Ich spüre die Risse, die alten, die neuen. Die offene und verfaulte Wunde, von jedem Schmerz den ich bisher erlebt habe. 

Lavea •Feuer des Herzens•Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt