Die Dunkelheit umgibt uns, während sich der weiße Nebel um uns legt. Meine Augen sind starr auf dieses blau gerichtet, welches meinen so gleich ist. Der Vollmond strahlt auf die Pflanzen am Boden und lässt sie in ihrer Pracht erblühen, während sich das Licht in den Wolken-Schleier spiegelt. Anmutige Pfoten beginnen sich in den Boden zu stapfen. In voller Kraft und Eleganz, steht es vor mir, nimmt mir meine Angst, lindert den Nebel und lässt nun den ganzen Boden in seiner Erscheinung treten. Doch mit ihm spüre ich die Flüssigkeit, die meine Hände zu erreichen versucht, ich rieche das vergammelte Fleisch, das Eisen des Blutes und ich höre die letzten Schreie, die die Menschen und Wölfe taten, bevor sie in das Licht blickten und ihre Seele ihren Körper verlassen haben.
Schreiend schrecke ich auf, schreiend schlage ich um mich. Spüre den Schweiß an meinem Körper rinnen, spüre die Panik in meinem Herzen schlagen und die Verzweiflung in mir pochen. Alles an mir beginnt zu zittern und zu beben. Die Bilder, die Eindrücke- sie waren echt. Sie waren keine Einbildung. Sie sind genau wie die Erlebnisse im Wald, als ich Blind war. Als ich mit Dreck und blättern in meinen Haaren erwachte.
"Lavea." meine Augen legen sich auf die Tür, die von den letzten Sonnenstrahlen beschienen wird, bevor diese untergeht. Zögernd wird die Klinke runtergedrückt, ehe Blaise in dem Zimmer steht, welche meine persönliche Zelle darstellt. "Was ist passiert?" alarmierend liegen seine Augen auf mir. Ich erkenne wie sie sich zu schlitzen verziehen, bevor er auf mich zu tritt und an den Rand des Bettes setzt. "Nichts. Ich habe bloß schlecht geträumt. Zeig mir die Übersetzung." auffordernd blicke ich ihn an und erhoffe mir das er es so hinnimmt und keine Fragen stellt.
Kritisch ringt er sich ein nicken ab, bevor er aus seiner Hosentasche einfache DNA4 Blätter holt und auseinander faltet. Deutlich zu sehen sind die durchgestrichenen und schnellen Wörter, die geschrieben wurden. "Es ist ein Tagebuch eines Albino-Jungens, wie wir schätzen, so beschreibt er sich zumindest. Aufgrund seiner Krankheit wurde er von seinem Volk verstoßen, wobei er alles mögliche versucht dazu zu gehören." zögerlich blicke ich von den Worten auf und erwidere den Blick von Blaise. "Es hat sich alles verändert, seit einem Ereignis."
Seine Finger streifen die erste Seite, wodurch ich mich wieder diesem widme.
Uns wird beigebracht, das man immer von seinem vorherigen Leben bestraft oder belohnt wurde. Wahrscheinlich war ich ein schlechter Mensch. Denn sonst verstehe ich diese Art von Belohnung nicht. Was ist toll daran, außerhalb des Zeltes zu schlafen, abseits von meiner Familie zu Speisen. Nichts. Und ich bekomme nicht einmal die Aufmerksamkeit, in solch einer schwierigen Zeit. Häuptling Tecumseh erwartet das Ende unseres Lebens. Wir befürchten alle den Tot, aber er versichert gutes. Und darauf bauen wir auf. Was bleibt uns übrig. Laut ihm wird die Sonne in der Dunkelheit untergehen. Sie wird nicht mehr existieren und uns das Licht zum sehen nehmen. Jeder fürchtet die Nacht, jeder hat den Tag gerne. Verehren ihn. Verachten die Dunkelheit, die Ungewissheit, das böse. Wir haben nicht mehr als drei Sonnen. Zwei Monde. Dann sind wir dem neuen Leben geweiht. Und vielleicht ist eine gute Sache dabei. Ich verabscheue mein Leben. Ich habe niemanden etwas getan, ich war immer nett. Und nun, nun werde ich in meinem nächsten Leben belohnt. Nach meinem Tot.
"So abergläubisch." spottend verziehe ich meine Augenbraue, als ich Wort für Wort lese. Als ich die Naivität unserer Vorfahren lese und erkenne. "Weißt du was er meint?" erneut blicke ich zu ihm und erkenne das wachsende grinsen auf seinen Lippen, wodurch mir bewusst wird, dass er es bereits weiß, was der Junge in seinem Buch beschrieben hat. "Die Sonnenfinsternis." murmle ich leise. Verziehe meine Augen zu schlitzen und blicke auf die sich bewegenden Baumwipfel. "Verstehst du was ich meine?" kritisch schüttle ich meinen Kopf und versuche seinen Gedanken Gang zu verstehen. "Nein, ich wüsste nicht, was das-" "Die Mondfinsternis Lavea. Letztes Jahr, war die Mondfinsternis. Letztes Jahr kamst du zu uns. Und soweit ich weiß, hast du dich erst letztes Jahr begonnen zu verändern." weiter beiße ich mir auf meine Lippe, spüre das Blut welches in meinen Mund fließt und spüre wie sich das Gewebe sogleich darüber legt und die Flüssigkeit zu stoppen bringt.
"Das bedeutet, ich habe oder mache das gleiche durch, was dem Jungen widerfahren ist?" fragend lege ich meinen Kopf schief, probiere die Puzzleteile zusammen zu fügen, doch ich habe nicht einmal eine Handvoll. "Es wird interessanter, Lavea. Und so viel Mächtiger."
Mein Kopf schießt zu meiner rechten, lässt Blaise nicht aus den Augen und mustert jede Regung seiner seits. "Du weißt was ich bin." das grinsen wird breiter, die Hoffnung und mein Herzschlag größer. Es besteht ein Lichtblick, nur mithilfe dieses Buches.
"Er der Sonne, du der Mond. Alle legenden, alle Religionen sind wahr. Ihr erweist Ying und Yang, dem Gleichgewicht zwischen gut und Böse. Es wurde nur immer falsch erzählt." ungläubig schüttle ich meinen Kopf. "Das macht keinen Sinn, Blaise. Ic-" "Mir wurde erzählt, dass du damals geklaut, gelogen und betrogen hast. Ehebruch, Drogen, Alkohol." ich frage mich erst gar nicht, woher er all diese Informationen besitzt. Es würde auch keinen Sinn machen, mich nun damit zu beschäftigen. "Du meinst, er war von reiner Seele und ich nicht." feststellend erhebe ich erneut die Blätter, lege das oberste fort, wodurch Blaise das nächste Blatt in die Hand nimmt.
"Die Nächte und Tage vergingen und zu unserem Erstaunen blieben wir verschont und dennoch habe ich das aller schönste gesehen, das man hätte sehen können. Die so bekannt hell scheinende Sonne, wurde in ein tiefes schwarz getaucht. Jeder aus dem Dorf hat sich davor gefürchtet, haben den Untergang gesehen, doch ich war wie verzaubert davon. Es ist schon eine Weile her, seit dem dieses Ereignis geschehen war. Und in dieser Zeit habe ich mich so verändert. Vielleicht nicht unbedingt vom äußeren, aber vom inneren. Ich bin Stärker geworden, ich bilde mir nichts mehr auf meine 'Familie' ein. Ich weis das ich ohne sie besser dran bin. Ich kann mit dem schmerz umgehen, ich denke logisch. Es ist als würde ich alle nötige Kraft von diesem Tage bezogen haben. Von dieser wenigen Zeit, in der das Böse das Gute verdrängt."
Seufzend stehe ich von dem Bett auf und erkenne den aufsteigenden Mond über den Baumwipfeln. "Er war gut, hat sich aber durch die Macht die er bekam verändert. Er wollte Rache." beschließe ich kritisch, was Blaise abnickt.
"Die Titanen, die Götter des Chaos, haben uns erschaffen- uns Wölfe. Und irgendetwas musste zum Ausgleich entstehen. Vielleicht habe der Olymp versucht jemand gutes zu dieser Aufgaben zu bringen, doch er nutzte die Macht aus. Die Sonne war gut, aber es entsteht Feuer wenn sie zu Mächtig wird." seine Stimme beginnt sich zu überschlagen und doch denkt er nicht daran zu stoppen. "Und der Mond war das böse, brachte die Nacht mit sich. Du warst sein Ebenbild, aber du hast gelernt mit ihm umzugehen und du hast dich verändert. Du wurdest gut und du wurdest Hilfsbereit, so wie der Mond uns das Natürlichste Licht in der Nacht schenkt. Und du bist der Ausgleich, die zweite Chance der Götter und der Natur, ihre vergehen ungestraft zu machen."
"Blaise, wenn das alles Stimmt, dann haben wir eine Spur, wie wir jeden Retten können. Ich kann lernen, was ich bin." lachend bleibe ich stehen, erkenne die Erleichterung in seinen Augen und das ebenso freie Lächeln, dass ihm soviel Last von den Schultern nimmt. Und mir auch.
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Lavea •Feuer des Herzens•
Kurt Adam[Beinhaltet den ersten und zweiten Teil] Teil 1 - Abgeschlossen Teil 2 - Pausiert Nach dem Tod ihrer Mutter muss Lavea wieder den Kontakt zu ihrem Bruder aufnehmen. Nach sieben Jahren Trennung nimmt er sie bei sich, im abgelegenen Naturschutzgebiet...