21«Unkontrollierbare Mächte, welche einen jeden bezwingen möchte

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"Alec." erstarrt bleibe ich in meiner Bewegung stehen, als ich den dunkelhaarigen erblicke, welcher sich zögernd aufrichtet. Seine Bewegungen sind bedacht, quälend langsam und erschreckender, je mehr er sich zeigt. Er hat sich nicht verwandelt. Er blieb die ganze Zeit über ein Mensch. Er blieb ein Mensch, während er seine Zähne in die Kehle anderer bohrt. Während sich das Blut in seinem Mund ausbreitet, er die Haut durchtrennt und die wehrenden Hände an sich spürt. Er tut es nicht im Instinkt seines Wolfes, sondern in der Rache seines Menschen.

"Du hast es hergeschafft." erfreut wischt er sich mit seinem Gelenk über seinen Mund, wie ein Blutraubender Dämon, welcher kaum mehr erbarmen besitzt. "Was ist in dich gefahren? Wie kannst du-" meine Stimme bricht ab, als sich meine Augen auf den Boden haften und ich den Fluss an Blut um meine Füße spüre, als ich ihn verfolge und als ich das Fell eines Tieres erkenne. Als ich die gequälten Lider betrachte, die sich zu sinken beginnen. Als ich das graue, verdreckte und Blutbedeckte Haar erkenne, dass sich mit letzter Kraft in den seidenen Wind windet. Als ich die Augen erkenne, die mich so angeleuchtet haben. Die solch eine Ehrlichkeit besitzen. Solch eine Freundschaft, dass man sie schützen möchte. Ich spüre wie sich der Klos in meinem Hals ausbreitet, wie ich schreien möchte und doch verstumme. Wie sich meine Lippen schließen, wie ich die salzigen Tränen über meine Wangen fließen spüre. Wie ich das beben des Bodens ausblende, die Schreie, die Verluste, die Wut. Wie ich die sich jagenden Feinde ignoriere. Wie ich das stärker werdende Feuer toleriere.

"Wie konntest du?" krächzend beginnen sich meine Füße aus ihrer Starre zu lösen. Und erst nun spüre ich das zittern meiner Beine, wodurch ich zusammensackend neben dem Wolf lande. Schwer atmend lasse ich meine Hand auf ihre Rippen gleiten, spüre das kalte Blut an meinen Fingern und das weiche Fell zwischen meiner Haut. "Man hätte sie vorher von ihrem Leid befreien sollen." kopfschüttelnd beginnt sich Alec neben ihr hinzuknien, noch immer mit ihrem Blut an seinen Lippen. Noch immer mit einem bestialischen Ausdruck, der jedem zeigt, wie viel Freude er an diesen Handlungen hat. "Sie war eine Freundin!" schreiend schlage ich meine Lider auf und betrachte das Funkeln seiner Goldenen Augen. "Glaubst du ernsthaft das sie eine Freundin war? Sie wusste das ich ihr Folge und doch hat sie mich hier hergebracht. Jeder beginnt den Blick auf die Freundschaft zu verlieren. Jeder handelt im Egoismus." Meine Brauen ziehen sich zusammen, während ich ihn weiter betrachte und mit anblicke, wie er seine Finger über ihre Augen fahren lässt, wodurch sie sich schließen.

"Was meinst du?" wimmernd schließe ich meine Lider und versuche jeden Gedanken dazu zu bringen, Alec zu hassen und zu zerstören. Doch ich kann es nicht. Ich kann ihn nicht anfassen, ohne mir selber zu schaden. Ohne mich gegen den Befehl zu beugen, der mich selbst nach der Vollmondnacht triumphiert. "Sieh dich um, Lavea. Spüre die Atmosphäre, den Boden, die Bäume. Höre den Vögeln zu, wie sie dich warnen, höre den Atem der dich lockt. Und denke dabei an eines. Vernichte alle Verräter. Dazu bist du immerhin hier." meine Augen reißen sich bei seinen flüsternden Worten auf, ehe ich spüre wie sich der Nebel legt und nur noch die dunklen Rauchschwaden durch die Bäume fließen.

Ich lausche den Herzen, der Schmerzen. Verstoßene. Ehemalige Rudelmitglieder von Alec. Verwundete. Kinder, Erwachsene. Sie standen für sich und das richtige ein. Sie müssen Leiden. Und für Alec, müssen sie sterben.

"Denke an all meine vergangenen Worte, als würde ich sie dir immer wieder ins Ohr flüstern." schmunzelnd geht er an mir vorbei, während ich meinem schneller werdenden Atem lausche. Während ich das zittern meiner Hände spüre und die Furcht, die durch mich hindurch fließt zu kontrollieren versuche.

All der Schmerz der durch die jagenden Worte von Alec ausgelöst worden ist, versucht mich eigenhändig zu zerfleischen. All meine Konzentration, die ich von den schreien in meinem Kopf abzulenken versuche, fließt auf die Umgebung. Fließt auf die Menschen, knallend ihre Schüsse durch den Wald gleiten lassen. Die vor meinen Augen die Wölfe mit Waffen vernichten. Wie sie ihnen die Kugeln in ihre Fleisch bohren, wie die Wölfe von der damit freigegebenen Substanz getötet werden. Wie sie beginnen zu fallen und zu stürzen. Ich beobachte die Menschen, die Äste durch die Rippen der Tiere stoßen, um sie zu stoppen. Um ihnen das Leben zu nehmen, dass sie nicht gelebt haben. Eingesperrt, wie Verstandes Viecher. Ohne Stimme. Ohne Rechte. Ohne das wissen, anderer, dass es sie gibt. Das man sich für sie einsetzten kann.

Und doch erkenne ich, wie sich die Wölfe nur schwach gegen die Waffen der Menschen auflehnen. Sie sind zu stark, in dem sinne, dass sie wissen auf was die Wölfe reagieren.

"Alec hat Recht, Blacky. Sie sind grausam, aber die Stimme wollen nicht vergehen." flüsternd stütze ich mich an dem blutigen Gras ab, um über die schwarzen Wolken blicken zu können. Um ein Bad aus Wölfen und Menschen zu sehen, die Leblos auf dem Boden liegen. Um zu sehen, wie trotzdem zwischen ihnen gekämpft wird. Um zu sehen, wie immer wieder einer zu Boden fällt. Schmerzend, Leidend, Hoffnungslos.

Tu nichts unüberlegtes.

Seine Stimme hallt über den des Verlangens , die Ausgestoßenen zu vernichten. Meine Finger krümmen sich bei dem Gedanken, mein Körper versteift sich bei all den finsteren Schreien, die durch Alec in mir entstanden sind. "Ich muss, Blacky. Ich kann sie alle vernichten, mit einem Schlag." das brennen in meinem Körper nimmt immer weiter zu. Das brennen in meinem Körper übersiegt meine Kontrolle. Alec hatte gesagt ich sei eine Waffe, doch dies entspricht nicht der Wahrheit. Alec hat mich durch seine Pläne erst zu einer Waffe gemacht. Er hat die Wut des Jungen der Legende entfacht. Er hat die Gefühle entfacht, die für mich unerlaubt waren. Er hat ein Chaos entstehen lassen, das auch für ihn ein Untergang sein wird.

Es sind unschuldige, Lavea. Kontrolliere dich!

Schreiend, gar fauchend triumphiert er meine Gedanken und doch vergeht er in dem dichten Nebel, der aus dem Boden auferstehen zu beginnt. Ich rieche das Eisen, welches von Claires Totem Leichnam kommt. Welches ebenso fließend in Wolken aufsteigt und bis in die Baumkronen ragt. Das sich auf meiner Haut nieder lässt, dass mich das Atmen vergessen lässt. Das mich das gute vergessen lässt. Es erinnert mich an eine vergangene Freundin. Es erinnert mich an eine unschuldige Person. Es erinnert mich an so viele Opfer. Der Nebel wird brennender. Er beginnt sich auf meiner Haut ebenso verätztend niederzulegen. Ungebändigt, gelangt es in jede Winkel des Waldes. Unkontrolliert macht es jeden Blind, jeden unfähig zu Kämpfen, zu denken. Zu schreien. Es sind die Herzschläge die durch mich hindurch dringen- die langsamer werden. Qualvoller.

Du tötest jeden! Dich eingeschlossen.

Erneut spüre ich die Wut in mir aufkeimen. Alecs Wut, die mich triumphiert hat. Alecs Wut, gegen die ich zu sehr angekämpft habe. Eine Wut, die jeden Töten wird, sowie er es wollte. Denn all diese Leute sind verräter. Verräter gegenüber ihres Verstandes, ihrer Naivität, ihrer Unterwürfigkeit. Sie sind Verräter der Wölfe, der Menschheit, der Lebewesen. Ich erlange Wissen, dass es nicht zu erlangen gab. Aber doch besteht man bloß aus einem Experiment, dass man nicht leiten kann. Man muss zuschauen. Man muss hoffen. Man muss bangen. Es dreht sich um Richtig und Falsch. Es dreht sich um Konsequenzen und Wiedergutmachungen. Alec hätte anders versuchen können sich zu wehren. Die Menschen hätten Fehler einsehen sollen, statt sich ein Leben lang davor zu fürchten, was passiert. Das Rudel hätte ihren eigenen Verstand nutzen müssen, um zu erkennen, dass der Tod etwas ist, dass keine verdient hat, der nicht gelebt hat. Die Menschen hätten ebenso reagieren müssen.

Jeder wurde von einer unsichtbaren Hand geleitet, die einen dazu brachte ihr zu folgen. Ohne Fragen und ohne eigene Verantwortung. Es wurden Worte in den Raum geworfen, die Angst gemacht haben, die einen dazu anstachelte jemandes Tod zu wünschen. Aber es war niemals die Aufgabe sich mit Mensch und Wolf zu bekriegen. Es war niemals die Aufgabe, Blut zu vergießen. Es war niemals die Aufgabe, unterschiede zu sehen und zu suchen. Niemals Stärke und Schwäche miteinander zu vergleichen. Es war die Aufgabe Schwäche mit Stärke fort zu bringen. Es war die Aufgabe, sich auf alles kommende vorzubereiten. Es war die Aufgabe zu Leben und das Geschenk des Lebens anzunehmen. Nicht zu zerstören, weil die Furcht größer, als das Leben ist.

Das letzte Kapitel für heute... das vorletzte für dieses Buch

Lavea •Feuer des Herzens•Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt