25. Ein Brief

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Die nächsten Tage normalisiert sich die Situation und Jim geht wieder zur Arbeit. Ich schicke die Bewerbungen ab und habe nun weniger zu tun, was mich ein wenig langweilt. Doch wenn Jim abends nach Hause kommt und Zeit hat, dann machen wir noch etwas zusammen. Sei es dass wir essen gehen, einen Spaziergang machen oder uns einen Film im Fernsehen anschauen, irgendwas fällt uns immer ein.
Als nach einer Woche Sebastian nochmal bei uns auftaucht, tue ich so als sei nie etwas gewesen und lerne ihn quasi nochmal kennen. Und nun erkenne ich, dass Jim recht hatte. Eigentlich ist Seb ein ziemlich korrekter Kerl und er entschuldigt sich aufrichtig für das was passiert ist.
Ab da kommt es öfter vor, dass er uns besucht und wir zu dritt den Abend verbringen. Schon bald ist der Vorfall vergessen und ich gehe mit Seb freundlich um, allerdings nicht so offen wie mit Jim. Das merke ich ganz besonders, aber ich denke dass die anderen beiden das auch mitbekommen.
Obwohl ich es mir immer fest vornehme passiert zwischen mir und Jim nichts weiter. Keine dieser Situationen, wo ein Kuss gar nicht mal untypisch wäre, keine Andeutungen dass wir uns mehr mögen als nur Freunde. Ich lasse mich davon aber nicht runterziehen.

* * *

Zwei Monate lang muss ich warten bis ich eine Rückmeldung von den Firmen bekomme, bei denen ich mich beworben habe. Mittlerweile habe ich fast sechzig Prozent meines Hausrats verkauft oder entsorgt und den Rest in Kisten und Kartons gepackt, die jetzt alle in einer von Jims Garagen stehen. Mir war gar nicht aufgefallen dass Jim eine, geschweige denn mehrere hat. Durch den Verkauf habe ich nun ein bisschen mehr Geld, zusätzlich zu dem letzten Gehalt meines alten Jobs, aber dennoch werde ich für den Kauf einer Wohnung einen Kredit aufnehmen müssen. Aber mit dem Geld, was ich durch einen der drei Jobs verdienen würde, wäre auch dieses Problem gelöst. Doch bis dahin muss erstmal eine Antwort kommen.
Es ist absolut ätzend arbeitslos und ohne Beschäftigung herum zu sitzen und die Zeit irgendwie totzuschlagen. Jims Laptop hilft mir da nur teilweise weiter, und den ganzen Tag vor dem Fernseher hängen will ich auch nicht. Das fühlt sich viel zu sehr danach an als hätte ich keine Hoffnung. Also gehe ich ab und zu joggen, aber öfter als früher, sodass meine Ausdauer immer besser wird. Manchmal kommt Jim nach Hause und findet mich schlafend auf dem Sofa, so erschöpft bin ich vom laufen. Dann bringt er mich meistens nach oben in mein Bett, oder er gibt mir eine Decke und lässt mich unten schlafen.
Ich habe schon langsam das Gefühl dass niemals eine Antwort von den Firmen kommen wird, als eines Tages ein Brief im Briefkasten liegt.

~~~

"Melody?", ruft Jim nachdem er die Haustür hinter sich geschlossen hat und ich hebe eine Hand, da ich auf dem Sofa liege und zu faul bin um aufzustehen.
"Hier", antworte ich gelangweilt und höre wie Jim seinen Mantel aufhängt.
"Hier ist ein Brief an dich. Er ist von einer der Firmen bei denen du dich beworben hast."
Augenblicklich sitze ich aufrecht auf dem Sofa und schaue zu Jim. Er sieht mal wieder verboten gut in seinem dunkelblauen Anzug aus und winkt mit dem Brief. Sofort springe ich auf und laufe zu ihm, mit zitternden Händen vor Aufregung. Ich nehme den Brief entgegen und starre ihn an. Das weiße Kuvert ist schmucklos, mit der Adresse von Jim darauf, allerdings mit meinem Namen. Die Adresse der Firma prangt in der oberen linken Ecke und ich versuche herauszufinden ob es jetzt eine Absage oder eine Zusage ist.
"Na mach schon auf. Durch bloßes Anstarren wird er dir nicht verraten was drin steht", neckt Jim mich und geht in die Küche. Ich folge ihm und öffne den Brief langsam. Mein Herz schlägt schnell, denn es ist das erste Mal dass ich einer Zusage so entgegen fiebere und gleichzeitig Angst vor einer Absage habe. Doch endlich halte ich den Brief in der Hand und falte ihn auf. Mit angehaltenem Atem lese ich den Text und Jim schaut mir über die Schulter.
"Und? Was steht drin?"
Ich höre die Neugier in seiner Stimme, kann aber nicht antworten. Mehrmals muss ich schlucken und atme tief durch, dann lese ich den Text erneut. Tränen treten mir in die Augen und machen mir das lesen schwer.
"Mel, was ist los?", fragt Jim nun besorgt als ich den Brief sinken lasse und die Tränen wegblinzele. Ich schluchze leise und drehe mich zu Jim um.
"Melody? Haben sie dich etwa...?"
Da falle ich ihm um den Hals und will ihn gar nicht mehr loslassen.
"Sie haben mich genommen, Jim! Sie haben mich genommen!", rufe ich freudig und die Erleichterung strömt wie eine erlösende Welle durch meinen Körper. Ich drücke Jim fest an mich und weine vor Glück an seiner Schulter, ein breites Grinsen im Gesicht.
"Das ist ja super!", freut Jim sich für mich und streicht mir über den Rücken.
"Danke danke danke dass du mir das geraten hast", sage ich und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Augenblicklich errötet er, doch ich ignoriere dies und hüpfe mit dem Brief in der Hand auf und ab.
"Oh das ist so mega superduper cool!", plappere ich überglücklich und drehe mich im Kreis.
"Ich kann am Montag schon anfangen und soll zum Einarbeiten kommen!"
"Musst du nicht zu einem Vorstellungsgespräch?"
Ich schaue auf den Brief und grinse Jim dann an.
"Nö."
Da fällt mir etwas anderes auf.
"Ich habe ja keine Klamotten!"
"Oh Mann, wie oft ich das schon gehört habe. Aber nicht von dir", lacht Jim und ich lege fragend den Kopf schief.
"Von wem denn dann?"
Er räuspert sich verlegen.
"Von meinen Ex-Freundinnen."
"Oh", mache ich und erinnere mich schlagartig daran, dass Jim davon mal gesprochen hatte. Seine letzte Beziehung ist aber schon ewig her. Sechs Monate, oder so.
"Wie läuft es denn in der Richtung bei dir so?", frage ich vorsichtig und Jim fährt sich mit einer Hand durch die Haare.
"Ganz okay, ich lasse es ruhig angehen."
Dann schaut er mich so seltsam an, eine Mischung aus Wärme und etwas anderem. Augenblicklich beginnt mein Herz schneller zu schlagen und ich bemühe mich meinen Atem ruhig zu halten als Jim mir langsam näher kommt.
"Ich könnte es auch beschleunigen...", murmelt er und ich spüre seinen Atem auf meinem Gesicht. Wir sind nur Zentimeter voneinander entfernt und der Abstand wird noch immer kleiner. Aufgeregt harre ich aus und mein Blick huscht zwischen seinem Mund und seinen Augen hin und her. Ich fühle schon fast seine Lippen auf meinen, als plötzlich sein Handy beginnt zu klingeln. Er hält inne, nur Millimeter vor einem Kuss.
"Ich sollte da wohl rangehen", flüstert er und ich nicke leicht.
"Ja", hauche ich, da tritt er einen Schritt zurück und dieser Moment ist vorbei. Ich atme wieder durch und versuche das eben Erlebte zu verarbeiten während Jim an sein Handy geht. Seine Stimme klingt ein wenig gereizt und auch ich spüre Enttäuschung und eine Art von Verärgerung. Wir waren so kurz davor uns endlich zu küssen! So kurz!
Unwillkürlich wünsche ich mir dass das blöde Handy nicht geklingelt hätte, wer weiß was dann passiert wäre. Wahrscheinlich wären Jim und ich dann mehr als nur Freunde. Nur eine Sekunde länger. Dann...
Doch es ist nichts passiert und nun stehe ich hier, in Jims Küche, tausend Fragen im Kopf und mit einem seltsamen Gefühl im Bauch. Jim selbst telefoniert mit irgendjemandem und entfernt sich dabei aus der Küche.
Ich widme meine Aufmerksamkeit wieder den Brief auf dem Küchentisch und muss unwillkürlich grinsen. Ich habe es geschafft! Ein gut bezahlter Job der meinen Interessen und Stärken entspricht, sowas passiert sonst nur in Filmen. Katie wäre stolz auf mich.
Da kommt Jim wieder in die Küche, das Handy in der Hand, und ich schaue ihn an. Nun traue ich mich nicht mehr etwas zu tun, was einem Kuss nahekommt. Der Moment ist vorbei und auch Jim weiß das.
"Das war ein Klient von mir. I-ich muss nochmal los, tut mir leid", sagt er und ich nicke.
"Ist schon okay, ich verstehe das."
Er wirkt erleichtert.
"Danke. Vielleicht bin ich ja bald schon wieder da, dann können wir noch ein bisschen feiern. Wenn du möchtest."
"Das fände ich cool, ja."
Ich lächle und Jim erwidert es.
"Okay. Bis nachher."
Er verlässt die Küche endgültig und wenig später höre ich die Haustüre. Sofort hole ich mein Handy und schreibe Katie an. Jetzt gerade ist es mir egal wie viel Uhr es bei ihr ist.

Me: Katie! Ich muss dir was erzählen! *-*

Sie antwortet beinahe sofort, was mich ein wenig wundert, aber ich denke nicht lange darüber nach.

Katie: Huch, wo brennt es denn? O.o

Me: Erstens: Ich habe eine Zusage bekommen!!!!♥♥♥♥
Zweitens: Jim hat mich gerade fast geküsst!

Katie: OMG! ENDLICH! ICH WARTE SCHON SO LANGE DARAUF!!!

Me: Worauf, auf den Fast-Kuss oder die Zusage? ;)

Katie: Das Jim mal vorwärts kommt XD
Aber ich freue mich auch für deine Zusage :3

Me: Danke ♥
Und Jim kann ganz gut vorwärts laufen glaube ich :D

Katie: -.- Ich meine dass er dich küsst. Aber wieso denn Fast-Kuss? D:

Me: Handys sind halt doof ._.

Katie: Och meeeeno. Aber dennoch, vielleicht wird das ja noch was ;D

Me: Also ich persönlich hoffe es :3

Katie: Nawwww, dass ich das noch erleben darf *-*
Das ist sooo cute :3 ♥♡♥

Me: ^^

Katie: Ich freue mich gerade so hart für dich, vorallem da du ihn wegen mir kennengelernt hast XD

Me: Ja, was wir zwei nicht füreinander tun XD

Katie: Dir scheint es ja absolut fantastisch zu gehen! ♡ Keine Angst?

Me: Nicht im geringsten, nicht vor Jim. Wenn er dabei ist bin ich ruhig.

Katie: Oh Melody, das ist so süß :3 Aber lass uns auch über deine Zusage schreiben, sonst frage ich dich noch aus und zwinge dich Jim zu küssen XD

Me: Oh ja, das sollten wir tun :'D
Es ist die Zusage von dem Job den ich am zweit liebsten machen wollte :)

Katie: Und nimmst du den an?

Me: Ja, das ist absolut genial ♥

Katie: Ich wünsche dir viel Spaß und Erfolg in deinem Job ♥

Me: Bist du müde? ;)

Katie: XD Ja. Ist heute spät geworden, sorry :/

Me: Kein Problem, geh du nur schlafen :3

Katie: Danke, bis morgen :)

Me: Gute Nacht ♡

Damit beenden wir die Konversation und ich lege mein Handy weg.

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Moriarty In Love Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt