68. Die Gala

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Es ist angenehm warm und klimatisiert in dem Foyer, welches wir betreten und unsere Schritte klackern auf dem Marmorboden. Sobald wir drinnen sind, kommen zwei Männer in schwarzen Anzügen auf uns zu.
"Sie ist meine Begleitung", meint Jim zu ihnen und wir lassen uns unsere Mäntel abnehmen. Die Männer nicken schweigend und verschwinden schnell während wir zum Aufzug gehen.
"Die Gala findet im 14. Stock statt", informiert Jim mich und wir betreten den Aufzug, dann drückt er auf einen Knopf und wir fahren los.
Als wir wieder anhalten steigen wir aus dem Aufzug und gehen nach links einen kurzen Gang entlang, der in einen großen Raum mündet. Dort befinden sich bereits viele Menschen, die an hohen Tischen stehen und sich unterhalten. Da entdeckt uns Sebastian, der zuvor relativ unauffällig unterwegs war und kommt auf uns zu. Er trägt einen schwarzen Anzug und eine gleichfarbige Fliege, was ihm überraschend gut steht, aber er wirkt sehr ernst.
"Hey Seb", begrüße ich ihn und er nickt kurz, dann wendet er sich mit gedämpfter Stimme an Jim.
"Ich habe alle Räume gecheckt und mir auch die Leute angesehen. Abgesehen von ein paar Bodyguards besteht keine Gefahr, allerdings habe ich ein paar alte Bekannte entdeckt."
"Danke Seb", meint Jim und lächelt dann kurz.
"Der Anzug steht dir."
Sebastian lacht schnaubend und verdreht die Augen.
"Danke Boss, aber ich werde trotzdem nicht so zur Arbeit erscheinen."
"Ach Schade."
Jim klingt so enttäuscht dass ich unwillkürlich schmunzeln muss und Seb grinst.
"Du siehst aber auch schön aus Mel", sagt er augenzwinkernd zu mir und ich grinse nun auch.
"Danke Seb", antworte ich als ich plötzlich sehe wie ein Mann auf uns zukommt. Er hat rote, kurze Haare, die ihn recht jung wirken lassen, und ist sehr schlank. Allerdings bemerke ich, dass seine Hände ziemlich vernarbt aussehen, so als wäre er mehrmals verletzt worden.
"Mister Moriarty!", begrüßt er meinen Ehemann überschwänglich und reicht ihm eine Hand. Jim erwidert das Lächeln kurz während er die Hand des Mannes schüttelt.
"Guten Abend Mister Forrest", erwidert er kühl und deutet dann auf mich. Sebastian ist schon wieder verschwunden.
"Darf ich vorstellen, meine Begleitung Melody."
Überrascht schaut Mr. Forrest mich an und reicht mir die Hand, welche ich widerstrebend schüttele. Seine narbige Hand fühlt sich rau und komisch an.
"Ihre Begleitung?", fragt er ungläubig.
"Es ist schon mehr als ein Jahr her dass Sie jemanden als Begleitung dabeihatten."
Er macht sich nichtmal die Mühe sich mir richtig vorzustellen oder ein Wort an mich zu richten, doch davor hat Jim mich ja schon gewarnt. Allerdings möchte ich wissen was diese 'Probleme in der Vergangenheit' waren.
"Ja, das stimmt. Entschuldigen Sie uns."
Mit diesen Worten zieht Jim mich mit sich weiter in den Raum und ich neige mich kaum merklich zu ihm.
"Wer war das?", frage ich nach und Jim lacht kurz.
"David Forrest, Waffenspezialist der sich auf die Kunst der Informationsbeschaffung spezialisiert hat."
"Also Folter?", hake ich nach und Jim nickt.
"Und was ist mit seinen Händen passiert?"
Nun zuckt er mit den Schultern.
"Genau weiß das keiner, aber es gibt Gerüchte dass er versucht hat sich mit Säure die Fingerkuppen wegzuätzen, damit er keine Fingerabrücke mehr hinterlässt, und dabei einen Unfall hatte. Fingerabdrücke hinterlässt er aber wirklich nicht mehr."
Bei dieser Antwort läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken.
"Er hat ein paar Mal für mich gearbeitet... sehr nützlich", murmelt Jim in Gedanken und ich stupse ihn an, denn nun ist ein anderer Mann auf dem Weg zu uns. Er ist auf jeden Fall älter als Jim und wahrscheinlich auch als David Forrest, mit hellbraunem, schütteren Haar und einer Brille auf der Nase. Gekleidet ist er in einen grauen Anzug und man kann seine schlanke, fast schon hagere Gestalt sehr gut sehen. Die grauen Augen hinter den Brillengläsern wirken wie tot, und so ist auch seine Miene, ausdruckslos, ohne Emotionen. Sein säuberlich geschnittener Bart und seine ganze Austrahlung macht klar dass er kein fröhlicher, und auch kein freundlicher Mensch ist. Sofort ist er mir unsympathisch und ich verspüre unwillkürlich das Bedürfnis zu gehen.
Vor uns bleibt der Mann stehen und mustert uns kurz, dann beginnt er zu sprechen.
"Guten Abend, mein Name ist Charles Augustus Magnussen. Wir wurden einander noch nicht vorgestellt."
Er streckt Jim seine Hand entgegen und mein Mann ergreift sie, aber ich merke dass auch er den Mann nicht wirklich gut leiden kann. Diese Stimme ist genauso wie der Mensch: ausdruckslos.
"James Moriarty, und das ist meine Begleitung Melody", stellt Jim uns vor und Magnussen richtet seinen Blick nun auf mich.
"Selten sieht man solche Schönheit auf diesen Veranstaltungen, Melody. Es freut mich Sie kennenzulernen", sagt er zu mir, greift nach meiner Hand und hebt sie zu seinen Lippen. Seine Hand ist warm und schwitzig, und die Berührung seiner Lippen hinterlässt einen feuchten Fleck auf meinem Handrücken. Trotz meines Ekels versuche ich zu lächeln und bin froh als er meine Hand wieder loslässt. Dieser Mann ist mir äußerst unangenehm, seine Art mich anzusehen hat irgendwie etwas perverses und erinnert mich an meinen Stiefvater und das Narbengesicht das mich entführt hat. Nicht zu vergessen an den Priester.
"Mich auch", antworte ich schließlich, da lächelt Magnussen kurz. Doch das Lächeln erreicht nicht seine Augen und lässt mich unwillkürlich vor Angst erschauern. Ich will nicht wissen was im Kopf dieses Mannes los ist.
"Nun, ich möchte Sie nicht weiter belästigen, Sie haben gewiss noch zu tun", meint Magnussen schließlich und entfernt sich wieder, was ich erleichtert zur Kenntnis nehme. Auch Jim scheint erleichtert zu sein und nimmt unauffällig meine Hand.
"Er scheint neu zu sein, ich habe ihn noch nie gesehen. Aber ich möchte trotzdem nicht dass er dir zu nahe kommt", wispert er mir ins Ohr und ich nicke kurz.
"Ich stimme dir vollkommen zu."
Wir gehen weiter durch den Raum und ich kann mir die anderen Menschen hier ansehen. Die Frauen tragen wie ich ein Kleid, aber die meisten sind auch noch geschminkt oder sonstwie aufgetakelt. Ich spüre einige Blicke auf mir als ich an Jims Seite an ihnen vorbeigehe, aber keiner spricht uns an, jedenfalls bis eine Dame zielstrebig auf uns zukommt. Sie trägt ein rotes Kleid welches ihre Kurven sehr gut betont und ihre rot-braunen Haare scheinen geglättet zu sein, aber ansonsten sieht sie recht natürlich aus. Ihre blauen Augen strahlen und ich sehe dass sie lediglich einen roten Lippenstift benutzt hat um ihre Lippen hervorzuheben. Vor mir und Jim bleibt sie stehen und Jim wirkt leicht überrascht.
"Weißt du noch wer ich bin?", fragt sie ohne Umschweife und ich schaue Jim neugierig an.
"Ja, das weiß ich noch Amanda", antwortet Jim mit einer Kühle in der Stimme, die mir zeigt dass er eigentlich keine Lust hat mit ihr zu reden.
"Und ich weiß auch dass wir gesagt hatten dass wir uns nie wieder begegnen wollten."
"Tja, ich habe mich geändert. Vielleicht willst du es jetzt nochmal mit mir versuchen", meint sie und kommt einen Schritt näher. Sofort beginnt Eifersucht in mir zu kochen und ich will etwas sagen, doch Jim schneidet mir das Wort ab.
"Nein, will ich nicht Amanda. Ich weiß ja nicht ob du es bemerkt hast, aber ich bin in Begleitung hier."
Nun schaut Amanda mich an und ich muss mich zurückhalten um nicht auszurasten als sie eine Augenbraue hochzieht.
"Sie ist überhaupt nicht dein Typ."
"Falsch, du bist überhaupt nicht mein Typ. Meinst du ich hätte dich damals angesprochen weil du mir gefällst oder nett warst? Ich wollte nur Informationen über deinen Bruder, sonst nichts. Schon bemerkt dass er tot ist?"
Während Jim spricht werden Amandas Augen immer größer, doch dann kneift sie den Mund zusammen.
"Das wirst du noch bereuen."
Nun beginnt Jim zu kichern.
"Das glaube ich nicht."
Mit einem Schnauben geht Amanda an uns vorbei und rempelt mich dabei an, doch ich sage nichts. Allerdings ist die Eifersucht noch da, und auch Jim weiß das.
"Komm mal kurz mit."
Er führt mich weg von den Menschen in einen Raum etwas abseits und schließt die Tür hinter uns. Mit vor der Brust verschränkten Armen drehe ich mich zu ihm herum und runzele die Stirn. Seufzend fährt er sich mit einer Hand durch die Haare und sofort fällt die Kühle von ihm ab.
"Wer ist Amanda und was wollte sie jetzt von dir?", frage ich nach.
"Amanda und ich waren ein halbes Jahr zusammen, bis ich ihren Bruder umbringen ließ. Allerdings hat sie es nie so richtig akzeptiert, und meint wenn sie sich ändert würde ich sie wieder wollen", beginnt er zu erklären und kommt auf mich zu bis er direkt vor mir steht.
"Doch das wird nicht passieren", sagt er leise und ich schaue ihn unschlüssig an. Unschlüssig ob ich weiterfragen soll oder nicht, da nimmt Jim mir die Entscheidung ab indem er mich auf den Mund küsst. Überrumpelt erwidere ich den Kuss und lege beide Arme um seinen Hals während er mich an meiner Taille enger zu sich zieht. Schließlich lösen wir uns wieder, aber er lehnt seine Stirn gegen meine und ich spüre seinen Atem auf meiner Haut.
"Du bist die einzige Person die ich liebe", flüstert er und ich schmunzele.
"Das will ich doch hoffen", meine ich, da öffnet sich die Tür und Seb schaut zu uns herein.
"Boss, Grange ist da", informiert er uns und Jim zuckt mit dem Kopf zurück.
"Danke Seb, ich komme. Bleib du bei Melody."
Wir gehen gemeinsam aus dem Raum hinaus und ich bleibe bei Seb stehen während Jim zurück zu den anderen Menschen geht.
"Ist alles okay zwischen euch?", erkundigt er sich und ich nicke.
"Ich musste nur wissen wer Amanda ist. Wer ist Grange?"
Seb schmunzelt.
"Ein äußerst wichtiger Klient, mehr weiß ich auch nicht."
Eine Weile lang schweigen wir, dann fasse ich mir ein Herz.
"Wie geht es dir Seb?"
"Ganz gut. Ich komme drüber hinweg, langsam aber sicher."
Ich lege eine Hand auf seinen Arm und schaue ihn freundlich an.
"Ich bin da falls du reden willst."
Er lächelt mich an und nickt.
"Danke."

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