Mein Wecker tut ein paar Tage später was er am besten kann: mich wecken. Aber ich bin ihm nicht böse, dafür habe ich ihn ja gekauft.
Ein wenig verschlafen stehe ich auf und tapse unter die Dusche, wo dann auch der letzte Rest meiner Müdigkeit verschwindet. Nach einem kurzen Frühstück ziehe ich mich an und gehe aus dem Haus, um mich auf den Weg zur Arbeit zu machen. Erst am Abend treffe ich mich mit Henry, und das erst relativ spät. Wenigstens ist morgen Wochenende.~~~
Ich fahre von der Arbeit direkt zu Henry, da er von mir aus am anderen Ende der Stadt wohnt. Sebastian habe ich nichts von meinem Treffen mit Henry erzählt, denn ich glaube das würde ihm nicht gefallen. Am Ende hätte er noch Jim angerufen und dieser wäre wieder nach Hause gekommen, denn das würde ich ihm locker zutrauen. Im Hinblick auf Henry ist er irgendwie extrem misstrauisch, eifersüchtig und auch wachsam, was ich aber nicht verstehen kann.
Nach einer längere Busfahrt komme ich endlich zu der Haltestelle an der ich aussteigen muss und trete auf die Straße. Es ist dämmrig, aber noch hell und ich brauche nicht lange um Henrys Adresse zu finden. Er wohnt in einem Mehrfamilienhaus ganz oben und in einer düsteren Straße, aber ich halte mich nicht mit Ängsten und Befürchtungen auf, sondern klingele an seinem Namensschild.
Nur Sekunden später wird mir die Tür aufgedrückt und ich trete in den leicht müffelnden Hausflur. Gerade laufe ich an von Kinderhänden beschmierten Wänden vorbei weiter die Treppe hinauf, als mir einfällt dass Henry doch gemeint hat, dass er im Lotto gewonnen hat. Warum zur Hölle wohnt er dann hier?
Ein kleines bisschen außer Atem komme ich endlich vor seiner Wohnung an und klopfe an die angelehnte Tür. Henry öffnet sie ganz und lächelt mich erfreut an.
"Hey Melody, schön dich zu sehen."
Er tritt zur Seite und lässt mich eintreten, dann schließt er die Tür hinter mir und nimmt mir meinen Mantel ab. Seine Wohnung ist klein, aber schön, zumindest sieht es so aus. Allerdings war Henry noch nie ein Fan von Ordentlichkeit, deswegen liegen Bücher auf dem Boden, eine Mütze hängt am Schlüsselbrett und aus einer Ecke grüßt ein alter Koffer, der voll mit bunten Aufklebern ist.
"Nett hast du es hier", meine ich und schaue mich kurz im Flur um, dann wende ich meine Aufmerksamkeit wieder Henry zu. Dieser steht an den Türrahmen zum Wohnzimmer links von uns gelehnt und schaut mich leicht nachdenklich an.
"Tee?", fragt er, doch ich schüttele den Kopf.
"Ich hatte gerade einen."
Mit einem Nicken bedeutet er mir ihm zu folgen und geht ins Wohnzimmer, wo er sich auf ein dunkelgrünes Sofa setzt. Ich nehme auf einem gleichfarbigen Sessel zu seiner Linken Platz und schaue mich schnell im Raum um. An den Wänden hängen Bilder von Tieren, vorwiegend Raubkatzen, und in einer Ecke steht ein Tisch mit einem Computer.
"Also...", lenkt Henry meinen Blick wieder auf sich und legt leicht den Kopf schief.
"Ich will mit dir reden."
"Das habe ich gemerkt Henry", gebe ich schmunzelnd zurück.
"Ich habe nur noch nicht rausgefunden worum es geht."
"Das ist einfach. Ich will dich warnen, und zwar vor Jim."
Sein Blick ist ganz ernst und langsam wird mir dieses Treffen unangenehm. Henrys Stimmung hat sich geändert, ohne dass ich es gemerkt habe und er spricht schon wieder mit so einem seltsamen Unterton.
"Wieso sagst du das?", frage ich unbehaglich, aber wirklich wissen will ich es nicht.
"Weil er gefährlich ist."
"Das sagtest du bereits."
"Aber ich meine es ernst, Melody. Jim ist wahrscheinlich der gefährlichste Mann von ganz London. Und der kaltblütigste auch."
"Was erzählst du da?!"
Aufgebracht schaue ich Henry an, doch der redet mit eindringlichem Ton weiter.
"Melody, er hat Dutzende Herzen gebrochen, noch mehr Leben zerstört und etliche andere Dinge getan. Früher oder später wird er auch dich fallen lassen."
Sofort schüttele ich den Kopf.
"Du irrst dich, Jim würde so etwas nie tun."
Doch gleichzeitig erinnere ich mich an die Dinge die ich nicht erklären kann und eine dunkle Ahnung beginnt in mir aufzusteigen.
"Bist du dir sicher?", fragt Henry ruhig nach, aber ich habe nicht vor meine Ahnung zuzugeben.
"Ja, bin ich", antworte ich mit fester Stimme.
"Und jetzt will ich gehen."
Ich will aufstehen, doch Henry hält mich auf.
"Nein, bitte nicht! Melody, du musst mir glauben! Jim Moriarty wird bei dir bleiben bis er dich nicht mehr braucht, dann wird er dich verstoßen."
"Wird er nicht", sage ich bestimmt.
"Warst du etwa schon mit ihm im Bett?"
Plötzlich klingt seine Stimme irgendwie ängstlich und verzweifelt, aber gleichzeitig auch ein wenig drohend.
"Das geht dich gar nichts an!", fauche ich und stehe auf, doch auch Henry erhebt sich.
"Melody, hast du mit ihm geschlafen?"
Er wird lauter und ich zucke zurück, werde aber auch wütend.
"JA VERDAMMT!", schreie ich nun und augenblicklich wird Henry wieder ernst. In seinen Augen blitzt Trauer auf, auch Reue und Bedauern.
"Dann tut es mir leid", murmelt er leise und ich presse meine Kiefer aufeinander.
"Mir auch."
Mit diesen Worten gehe ich in den Flur zurück, nehme meinen Mantel und will gerade gehen, da klickt es hinter mir und ich wirbele herum. Henry steht dort und zielt seelenruhig mit einer Pistole auf mich. Vor Schreck weiten sich meine Augen und ich erstarre, meine Wut ist urplötzlich verflogen.
"W-was..."
Meine Stimme versagt und ich schaue Henry nur stumm an.
"Ich sagte schon dass es mir leid tut, aber es geht nicht anders. Geh von der Tür weg."
"Wa-warum?", stammele ich und er legt den Kopf schief.
"Löcher in der Tür sind schwerer zu erklären als in einer Wand."
Schockiert bleibe ich an Ort und Stelle stehen und kann das was ich erlebe kaum fassen. Da kommt Henry auf mich zu und ich weiche blitzschnell zur Seite hin aus, denn ich werde nie wieder einen gewalttätigen Mann an mich heran lassen. Und das ist Henry, auch wenn es mir unendlich weh tut das zu erkennen.
"Geht doch", sagt er leise und zielt mit der Pistole auf meinen Kopf. Nun beginnt mein Körper vor Angst zu zittern und ich schließe verzweifelt die Augen. Nur schwer lassen sich die Tränen und ein Schluchzen zurückhalten und ich hoffe nur dass Henry Mitleid mit mir hat. Doch das hat er nicht.
Ich rechne schon fest damit dass er abdrückt, als plötzlich die Tür aufgetreten wird und Henry sich herumdreht. Überrascht reiße ich die Augen auf und sehe gerade noch wie Sebastian Henry mit einigen gezielten Schlägen entwaffnet und außer Gefecht setzt. Dann schaut er mich an und streckt mir eine Hand hin.
"Komm, wir müssen los."
Nach kurzem Zögern nehme ich seine Hand, dann rennen wir eilig die Treppen hinunter und aus dem Haus. Adrenalin strömt nun durch meinen Körper und ich kann gut mit Sebastian Schritt halten. Könnte auch daran liegen dass er sich extra meinem Tempo anpasst.
Wir rennen weiter die Straße hinunter, da hält er an und zieht mich zu einem Auto.
"Los, steig ein."
Ich setze mich rein und schließe die Tür, da startet Seb auch schon den Motor und fährt mit quietschenden Reifen los. Hastig schnalle ich mich an und halte mich fest, denn Seb fährt schnell und scheint jemanden abhängen zu wollen. Schnell schaue ich in den Rückspiegel und entdecke ein anderes Auto, was uns mit hoher Geschwindigkeit folgt.
"Scheiße", knurrt Sebastian und nimmt die nächste Kurve so scharf, dass wir beinahe ein Fahrrad was an der Ecke angeschlossen ist mitnehmen. Die Häuser, Autos und Straßen rauschen an uns vorbei und Seb nimmt einige Abkürzungen, die nicht so ganz legal sind, um unseren Verfolgern zu entkommen. Es dauert eine ganze Weile und zwischendurch entgehen wir nur haarscharf dem Tod, aber endlich haben wir das andere Auto angehängt und Seb fährt etwas ruhiger. Nur langsam beruhige ich mich, mein Puls sinkt, das Adrenalin verschwindet und auch die Anspannung weicht. Stattdessen sacke ich in meinem Sitz zusammen und fühle Tränen auf meinen Wangen.
"Ist alles okay?", fragt Seb mich besorgt und ich schüttele den Kopf.
"Henry war mein Freund... ich hätte nie gedacht dass er jemals... er jemals-"
Meine Stimme bricht und verwandelt sich in hemmungsloses Schluchzen.
Es dauert lange bis ich mich wieder beruhige, und Sebastian kann nicht viel tun als zu fahren und mir ab und zu die Schulter zu tätscheln. Schließlich hält er an und ich schaue aus dem Fenster. Wir stehen vor Jims Haus.
"Es ist besser wenn du die Nacht über hier bleibst", meint Seb und ich nicke. Wie betäubt schnalle ich mich ab und gehe zum Haus während Sebastian mir folgt. Er öffnet die Haustür und lässt mich rein, dann führt er mich ins Wohnzimmer.
"Danke Seb", murmele ich und drücke seine Hand kurz, dann lasse ich mich aufs Sofa fallen.
Plötzlich überkommt mich eine starke Müdigkeit und ich lege mich aufs Sofa, noch immer in meinen Mantel gekleidet.
"Schlaf ruhig Mel, ich passe auf", meint Sebastian und ich kuschele mich tiefer in meinen Mantel.
"Okay...", murmele ich und schließe erschöpft die Augen.
Das letzte was ich mitbekomme ist, wie Sebastian sich auf einen Sessel setzt, dann schlafe ich auch schon ein.~~~
Jaaaaaa, endlich kann ich euch das Kapi hier zeigen *-*
Arme Melody :( Sie tut mir beim schreiben immer so leid aber ich liebe es einfach meine Figuren ein bisschen zu foltern XD
Wir sind beim 50. Kapitel angekommen woho ^^ Jetzt geht's langsam ab.Viel Spaß beim warten ;)
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Moriarty In Love
Fanfiction"Jim, ich vertraue dir." "Ich weiß Honey." Das Leben der jungen Melody ist kein Zuckerschlecken. Eine miese Wohnung, fehlendes Geld und nur einen mickrigen Job in einem Schnell-Restaurant sind da noch nicht mal das Schlimmste. Ihre Angst vor Männern...