Die Dunkelheit weicht nur langsam, aber dafür kommt der Schmerz. Mir ist so heiß, ich kann die Schweißtropfen auf meiner Stirn fühlen. Gleichzeitig spüre ich auch die Verletzungen meines Körpers und ein Wimmern entweicht meiner Kehle. Augenblicklich kommt jemand zu mir und etwas kühles legt sich auf meine Stirn.
"Shhh, alles wird gut", flüstert eine mir wohlbekannte Stimme und ich entspanne mich, lasse mich von dieser Stimme wieder in die angenehme Dunkelheit tragen.~~~
Als ich das nächste Mal aufwache ist mein Kopf klarer und ich spüre den Schmerz nur noch nebensächlich. Schnell merke ich, dass ich in einem warmen Bett liege und saubere Kleidung anhabe, dann dringt der Geruch in meine Nase und ich öffne die Augen.
Ich liege in Jims Gästezimmer, gekleidet in einen von seinen hellblauen Pyjamas. Gedämpftes Licht dringt durch die Vorhänge in den Raum und ich setze mich ein wenig auf, dabei bemerke ich die Bandagen um meine Handgelenke, die sich bis zu meinen Ellenbogen hochziehen. Mit Schrecken erinnere ich mich an die Folter und den Schmerz, und ein Zittern durchläuft meinen Körper. Ich kann froh sein dass ich noch lebe.
Dann erscheint ein Bild von dem leblosen Henry vor meinem inneren Auge und ich schlucke hart. Trauer überschwemmt mich, doch ich schiebe sie weg. Erstmal muss ich gesund werden, dann kann ich darüber nachdenken.
Plötzlich öffnet sich die Tür und Jim kommt vorsichtig herein, eine große Tasse in der Hand.
"Du bist wach", stellt er fest und ich schaue ihn unschlüssig an. Er klingt wie der Jim den ich kennengelernt habe und nicht wie der Psychopath der mich verletzt hat.
"Offensichtlich", antworte ich mit schwacher Stimme und er kommt zu mir ans Bett. Aufmerksam und auch ein wenig ängstlich beobachte ich wie er die Tasse auf den Nachttisch stellt und sich auf einen Stuhl neben das Bett setzt. Seine dunkelbraunen Augen mustern mich und ich wende den Blick ab.
"Wie geht es dir?", fragt er mich schließlich, aber ich schaue ihn trotzdem nicht an.
"Fantastisch. Der Mann den ich liebe ist ein mordender, eiskalter Psychopath der mich seit unserer ersten Begegnung angelogen hat, dann wurde ich entführt und gefoltert, habe einen alten Freund verloren und jetzt sitze ich hier bei besagtem Psychopath und weiß nicht was ich fühlen soll."
Meine Stimme bricht und ich schlucke erneut.
"Also geht es dir nicht gut."
Nun schaue ich Jim an und schüttele den Kopf.
"Nein, überhaupt nicht."
Da schiebt er die Tasse näher an mich heran und ich schaue darauf.
"Das ist Hühnerbrühe, zumindest stand das auf der Verpackung", erklärt Jim.
Ich nehme die Tasse vorsichtig in die Hand und trinke einen Schluck. Das heiße Gebräu wärmt mich von innen und es schmeckt sehr gut, weswegen ich sofort alles austrinke und Jim die Tasse zurückgebe. Er lächelt milde und hält die Tasse mit zwei Händen fest während er mich anschaut. Eine Weile lang sitzen wir einfach nur da und schauen uns schweigend an, bis ich den Blick abwende und Jim wieder das Wort ergreift.
"Möchtest du nicht mit mir reden?", fragt er nach und ich sehe ihn doch wieder an.
"Was soll ich denn sagen?"
Er zuckt ratlos mit den Schultern und fährt sich mit einer Hand durch seine schwarzen Haare.
"Frag mich Sachen, schrei, schimpfe oder sowas. Hauptsache du tust irgendwas was mir hilft dich einzuschätzen."
Ein ungläubiges Schnauben ist von mir zu hören.
"Bitte was?"
"Ich weiß nicht was in dir vorgeht, zumindest nicht richtig."
"Wie meinst du das?"
"Nun ja, entweder beschimpfen mich die Leute, wenn sie mit mir zusammen sind trennen sie sich von mir, aber sehr selten bleiben sie an meiner Seite. Und du... du tust irgendwie alles zusammen."
Überrascht schaue ich Jim an, sage aber nichts.
"Du verwirrst mich mit dem was zu tust und sagst, beispielsweise das von gerade eben: 'Der Mann den ich liebe'. Du bist wütend auf mich, sagst aber keinen Ton. Du nimmst auch meine Hilfe an, und ich kann sehen dass du gerne wieder hier bist, bei mir, aber ich kann keine Schlüsse daraus ziehen", fährt er fort und sein Blick wird fragend.
"Ich..."
Ich suche nach Worten und richte mich ein wenig mehr auf.
"Ich versuche das zu verarbeiten. Glaub mir, ich habe auch keine Ahnung was in mir vorgeht und erst recht nicht was ich gerade für dich... empfinde. Einerseits bin ich wütend, verletzt, traurig und enttäuscht, aber andererseits... ist ein Teil von mir versucht einfach alles zu vergessen."
Nun ist es an Jim überrascht zu sein und er starrt mich mit großen Augen an.
"Soll das heißen... du bist versucht über das hinwegzusehen was ich dir gesagt habe, über was ich bin und was ich tue?", fragt er leise und ich höre die Hoffnung in seiner Stimme. Einen Moment schaue ich ihn an und sehe wieder den Jim in den ich mich verliebt habe. Ich erinnere mich dass er auch fröhlich, nett, charmant, zärtlich und unglaublich liebevoll sein kann und ich will ihn unbedingt wieder so erleben. Dann nicke ich leicht.
"Aber... warum?", fragt Jim weiter und dieses Mal schwingt Freude, aber auch Verwirrung in seiner Stimme mit.
"Weil ich dich liebe. Ich habe noch nie jemanden so geliebt wie ich dich liebe, ich meine, ich hatte noch nicht viele Vergleiche, aber ich bin mir sicher dass ich niemanden so lieben könnte wie dich. Außerdem weiß ich dass du auch anders sein kannst, zumindest glaube ich das", antworte ich ernst und Jim nickt langsam.
"Allerdings weiß ich nicht ob ich das aushalten kann", fahre ich fort.
"Ich bin mir aber sicher. Du bist stark, klug und weißt dich zu wehren, und du hast etwas mit mir getan, was zuvor noch niemand geschafft hat", widerspricht Jim und zeigt auf sich.
"Du hast diesen Jim hier erschaffen."
"Wie meinst du das?"
"Ich meine, dass ich in deiner Gegenwart ruhig bin. Ich bin sanft, liebevoll und freundlich und du kannst mir widersprechen ohne dass ich Gelüste bekomme dich auf der Stelle zu erwürgen", erklärt er mit einem kleinen Lächeln.
"Also... so eine Art gespaltene Persönlichkeit?", hake ich nach und weiß nicht so ganz was ich davon halten soll. Nun lacht Jim leise und legt den Kopf leicht schief.
"Ja, so ungefähr. Mit dem Unterschied dass ich mir dessen bewusst bin und mich an alles erinnern kann. Außerdem führe ich keine gruseligen Selbstgespräche."
Er lächelt mich warm an und ich muss unwillkürlich schmunzeln.
"Naja, gruselig bist du dennoch", meine ich und er fährt sich wieder durch die Haare.
"Mhm, das ist halt ein Psychopath. Aber seit du da bist ist es weniger geworden."
"Ich verändere dich... aber... wie? Ich meine, Psychopathen sind launenhaft, schnell gelangweilt und... können keine Liebe empfinden. Warum kannst du das dann?"
"Das weiß ich auch nicht. Aber du hast ja gemerkt, dass der Psychopath nicht wirklich nett zu dir war."
Ich schlucke hart bei der Erinnerung.
"Nein, das war er tatsächlich nicht", murmele ich, da räuspert Jim sich.
"Ich habe allerdings etwas bemerkt, was meine Persönlichkeit betrifft. Meine beiden Seiten beginnen sich zu vermischen und ich glaube deswegen dass er dich bald auch lieben wird."
Es ist komisch über 'den anderen Jim' zu sprechen wenn es doch ein und die selbe Person ist.
"Meinst du wirklich?", frage ich leicht zweifelnd nach und er nickt, dann schaut er zu Boden.
"Also... ist dann jetzt... wieder alles gut zwischen uns?", fragt er vorsichtig nach und schaut mich fast schon schüchtern an.
Ich erwidere seinen Blick und atme tief durch, dann wiege ich leicht den Kopf hin und her.
"Ich weiß es nicht, aber ich glaube... schon, irgendwie. Ich habe viele Fragen, und ich möchte dass du ehrlich zu mir bist. Und es wäre nicht schlecht wenn du dich entschuldigst."
Ein wenig ernüchtert und niedergeschlagen schaut er wieder zu Boden, dann nickt er.
"Natürlich."
Er schaut kurz auf die Tasse in seiner Hand und steht auf.
"Willst du noch etwas davon?"
"Ja, sehr gerne", antworte ich mit einem leichten Lächeln und er erwidert es, dann geht er aus dem Zimmer und die Treppe runter.
Mit einem leisen Seufzen lasse ich mich in die Kissen zurückfallen und starre an die Decke. Ist es richtig Jim zu verzeihen? Immerhin hat er Menschen getötet und gibt es tagtäglich in Auftrag, oder nicht? Allerdings will ich ihm verzeihen und es ist mir sogar irgendwie egal was er getan hat. Das sagt eine Menge über mich aus.
Kurze Zeit später kommt Jim wieder hoch und ich setze mich auf. Er gibt mir die Tasse und zieht den Stuhl so nah ans Bett während ich trinke, dass ich nur die Hand ausstrecken müsste und ich könnte ihm durch die Haare streichen. Schnell ist die Tasse leer und ich stelle sie auf den Nachttisch, dann schaue ich Jim an. Er wirkt ein wenig nervös, wahrscheinlich hat er Angst davor wie ich auf die Dinge, die er mir erzählen will, reagieren werde. Doch ich strecke eine Hand aus und lege sie sanft auf seine Hände. Seine Haut ist kühl, aber trotzdem weich und er nimmt behutsam meine Hand in seine. Sacht streicht er mit dem Daumen über meinen Handrücken und ein Kribbeln fährt durch meinen Arm. Es ist eine gefühlte Ewigkeit her dass ich ihn berührt habe.
"Es tut mir leid", murmelt Jim und schaut auf unsere Hände.
"So unendlich leid."
Er sieht mich an und schluckt.
"Sobald du weg warst wollte ich die Worte ungeschehen machen, dich wieder herholen. Aber das ging nicht."
Ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus und ich lächle zaghaft. Das Wissen, dass es Jim genauso verletzt hat wie mich, macht es gleich erträglicher daran zu denken.
"Meinst du, du wirst irgendwann wieder mit mir zusammen sein können?", fragt Jim mich leise und hält den Blick auf unsere Hände gerichtet.
"Ich hoffe es. Allerdings kann ich das erst entscheiden wenn ich die ganze Wahrheit kenne", antworte ich vorsichtig und Jim nickt.
"Dann solltest du wissen dass, falls du mich endgültig verlassen solltest, diese Persönlichkeit von mir für immer verschwinden wird."
Er schaut mich ernst an und ich verstehe was er meint. Entweder ich ergreife diese Chance, oder wir werden uns nie wiedersehen.
"Okay", sage ich, da muss ich gähnen und Jim schmunzelt kurz.
"Ich lasse dich mal wieder alleine, du solltest schlafen."
Sanft löst er seine Hand von meiner und ich lege mich wieder hin. Jim beugt sich über mich und gibt mir nach kurzem Zögern einen Kuss auf die Stirn, dann richtet er sich wieder auf und geht aus dem Zimmer. Leise schließt er die Tür und schon bald schlafe ich ein, aufgewühlt von der letzten halben Stunde.~~~
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Moriarty In Love
Fanfiction"Jim, ich vertraue dir." "Ich weiß Honey." Das Leben der jungen Melody ist kein Zuckerschlecken. Eine miese Wohnung, fehlendes Geld und nur einen mickrigen Job in einem Schnell-Restaurant sind da noch nicht mal das Schlimmste. Ihre Angst vor Männern...