die Wolke auf der du sitzt

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Er starrte hinauf in den Himmel, die Wolken flogen sanft über den Horizont, verschwanden mit dem Tageslicht im Nichts der Nacht. Dunkelheit legte sich wie ein Tuch auf die Landschaft, verbarg Trauer und Kriminalität im Düsteren, Lichtblicke in Form von Sternen glitzerten als letzte, natürliche Hoffnung. Die Schwärze umfasste ihn, tiefe Wunden durchzogen sein Herz, rissen es in Stücke, unscheinbar in eine Wand der schützenden emotionslosigkeit gehüllt, Einsamkeit und Trauer versteckt hinter Kälte. Blonde Haare schienen das letzte Frohe an ihm zu sein, Narben zierten seine bleiche Haut, zeugten von dem vergangenen Aufprall, Scherben hatten sich in ihn gebohrt, schmerzten nicht wie die Nachricht die ihn ereilt hatte, seine Welt zerstörte, wie einen Spiegel zertrümmerte. Stumm saß er dort, seine braunen Augen weiter gebannt dem Naturschauspiel folgend als ein sachtes Lächeln zum ersten Mal seit langem seine Lippen umspielte, auf die weißen, bauschigen Fetzen über ihn blickend, "...irgendwo sitzt du jetzt auf einer der Wolken und schreist den Himmel zusammen wie dumm dein Freund doch ist, oder..?", leise lachte er, in den Erinnerungen vergangener Zeiten schwelgend

"Chris!", rief ihre glockenklare Stimme erbost durch die Wohnung, anscheinend war das Versteck für unerwünschte Filme entdeckt worden, "Jaa, was ist den Schatz?", trällerte er gespielt unschuldig zurück, zu amüsant fand er ihre beleidigte Mimik als sie kurz später in den Raum gestürmt kam, in der Hand eine ihrer vielen Liebesfilme, die Wangen rötlich vor Wut, die blauen Augen funkelten ihn an, schnaufend hielt sie ihm die DVD entgegen, wartete auf eine Reaktion, "oh", war seine geistreiche Antwort, "hast du die alten Klischeefilme also wieder gefunden?", fragend spähte er über den bläulichen Rand, schaute sie an, "tu nicht so", meckerte sie wie so oft, fuhr sich durch die struppeligen, braunen Haare, "du hast sie doch extra versteckt!"
"Ich? Wie kannst du bloß so etwas behaupten!"
"Weil ich dich kenne!", auch ihr Gesicht zierte nun ein belustigter Ausdruck, zaghaft ließ sie von ihm ab, drehte sich in der hölzernen Tür erneut zu ihm um, "und wehe du versteckst meine Filme noch einmal bei den Kochbüchern!"
"Würdest du öfter Kochen wäre das kein so gutes Versteck!", neckte er.

Bilder vergangener Tage streiften durch seinen Kopf, suchten einen Ort Ruhe zu finden, endlich vergessen zu werden, zu verblassen mit den seelischen Wunden des Todes, "dieser Idiot..", murmelte er wie so oft, fixiert auf die Wolken, "..hätte er nicht getrunken wärst du nicht alleine auf einer Wolke sondern bei mir..".

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