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»Wo warst du?«, ertönte Thaddeus ruhige Stimme, unmittelbar nachdem ich unsere Hütte betreten hatte.

Mein Blick flog zu ihm, wie er seitlich auf seinem Bett lag und sich mit seinem Ellbogen abstützte, während Faust aufgeschlagen vor ihm lag. Seine strahlend blauen Augen musterten mich aufmerksam, was mich jedoch irgendwie unwohl fühlen ließ. Sein Blick war zu intensiv, ich hatte das Gefühl, er würde in mich hineinblicken.

»Ich war ein wenig spazieren«, murmelte ich leise und lief zu meinem Bett. Das Notizbuch verstaute ich sofort in meinem Nachttisch und setzte mich anschließend auf die Bettkante.

Als mein Blick wieder zu Thaddeus flog, lächelte er mich sanft an. »Seit wann kannst du wieder sprechen?«, fragte er und schien glücklich über diesen Fakt.

Ich zuckte mit den Schultern. »War vorhin im Krankenhaus«, murmelte ich, doch meinen Unterkiefer durchzog ein stechender Schmerz. Ich kniff meine Augen zusammen und entschied mich dazu, weiterhin den Block zu verwenden.

»Alles gut?«, hakte Thaddeus sofort nach. Abwesend nickte ich und nahm mir ebenfalls Faust zur Hand, auch wenn ich das Buch zum zweiten Mal lesen würde. Ich wollte mich einfach beschäftigen und somit weiteren Gesprächen mit Thaddeus aus dem Weg gehen. Auch wenn das von mir irgendwie unfair war.

Seufzend stand Thaddeus von seinem Bett auf, warf das kleine Büchlein auf unseren Tisch, an dem wir Hausaufgaben erledigen konnten oder so etwas in der Art. Kurz danach hörte ich die Türe zum Badezimmer ins Schloss fallen.

Ich seufzte tief. Ich konnte mir einfach nicht erklären, was mit mir los war. Irgendwie herrschte in mir diese tiefe Leere, die ich mir nicht erklären konnte. Aber was fehlte mir? Was würde diese Leere füllen?

Ih legte mich mit dem Rücken auf mein Bett und starrte an die Decke. So viele Fragen schwirrten mir durch den Kopf.

Ich sehnte mich nach Zweisamkeit, ich hasste die Einsamkeit. Wenn ich allein war, dachte ich zu viel nach und sah die Welt und das Leben aus immer pessimistischeren Augen.

Auch wenn Thaddeus hier war, fühlte ich mich allein. Ich hatte das Gefühl, von niemandem wahrgenommen zu werden. Ich hatte für niemanden hier eine Bedeutung, da ich niemanden kannte. Keinem würde es auffallen, wenn ich nun wieder weg wäre.

Die Tür zum Bad ging wieder auf und Thaddeus trat heraus. Insgeheim wünschte ich mir, er würde mit mir reden, doch er lief wortlos an mir vorbei und verließ kurz darauf due Hütte komplett.

Und schon war ich wieder allein. So war es auch früher zu Hause immer. In der Schule war ich der lebensfrohe, junge Ardian, der in allem etwas positives sah und immer lachte.

Doch kaum war ich zu Hause, in meinem Zimmer, kam der innerliche Schmerz, die Einsamkeit, das Gefühl der Wertlosigkeit. Ich fühlte mich schon seit langem unbedeutend. Ich fühlte mich ersetzbar. Und dieses Gefühl hatte sich beinahe in mir festgebissen. Es hatte keiner geschafft, mir diese negativen Gefühle zu nehmen. Niemandem war ich wichtig genug, als dass man mir das Gefühl gab, geliebt zu werden.

Frustriert stellte ich fest, dass ich angefangen hatte zu weinen. Ich war schwach, ich war psychisch krank und ich war allein.

Mit diesem Gedanken stand ich auf und entschied mich dazu, draußen noch ein wenig spazieren zu gehen. Es war bereits dunkel, was so viel bedeutet, wie dass ich den ganzen Tag mit nachdenken verbracht hatte.

Vielen machte die Nacht Angst, doch ich liebte die Ruhe und den faszinierenden Sternenhimmel.

Ich hatte keinerlei Ahnung, wie viel Zeit verstrichen war, als ich die kleine Siedlung wieder erreichte. Mit müden Schritten lief ich über die kleinen Pfade, die zu den Hütten führten.

»Ardian, wo um alles in der Welt warst du?«, fragte mein Psychologe scharf, der zusammen mit Thaddeus an unserem Tisch saß.

Kurz keimte die Hoffnung in mir auf, jemand hätte sich Sorgen gemacht.

»Du warst bei der Kontrolle nicht anwesend, als ich um 22 Uhr hier vorbeigekommen bin. Du weißt, du musst Bescheid sagen, wenn du länger weg bleibst.«

Das hatte ich vergessen. Die Psychologen schauten um 22 Uhr in den Hütten vorbei, um nach dem Rechten zu sehen und zu schauen ob auch alle da waren, da man 22 Uhr in seiner Hütte bleiben sollte.

Also machte sich doch keiner Sorgen. Deprimiert ließ ich die Schulter hängen, nahm meinen Block, schrieb dort kurz eine Entschuldigung drauf und dass ich nun gerne schlafen würde, bevor ich mich samt Jeans einfach in das Bett legte. Ich durfte jetzt nicht weinen!

Boot camp | TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt