»Herr Bora, Sie haben großartige Fortschritte gemacht. Es freut mich, dass sie mithilfe Ihrer Psychologin so schnell auf dem Weg der Besserung sind. Deswegen freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir Ihnen die Sonde heute schon entfernen können«, teilte mir mein Arzt erfreut mit.
Glücklich sah ich zu Taddl, der gerade zu Besuch war, bevor er zurück in die Schule musste, um ein Referat vorzubereiten, damit er seine Mathenote retten konnte. Es waren mittlerweile zwei Wochen vergangen, seit mir die Sonde gelegt wurde. Und mit jedem Tag machte ich Fortschritte.
Lizzy kam jeden Tag vorbei, um nach mir zu schauen. Sie hatte einen neuen Ansatz für die Therapie von Magersucht und von Depression, an welcher sie seit einigen Wochen arbeitete und so sah ich die Welt jeden Tag wieder ein Stück bunter.
Eine Schwester brachte ein grünes Tuch und eine Schale, die sie nun neben meinem Bett abstellte. Das Tuch legte sie mir auf die Brust und sah anschließend den Arzt auffordernd an. Sofort tastete ich nach Taddls Hand und kniff ängstlich die Augen zu.
Unter Würgen und einem unangenehm brennenden Schmerz zog der Arzt den Schlauch heraus. Kaum war er draußen, hielt mir die Schwester ein Glas Wasser hin, aus welchem ich sofort trank. Das Brennen in meiner Nase ließ leider nicht nach.
»Die Schmerzen werden leider noch ein paar Stunden anhalten, aber wenn du ausreichend trinkst, gehen sie schneller wieder weg. Um ihr Essverhalten und Gewicht zu überwachen würde ich Sie gerne noch ein paar Tage hier behalten«, meinte der Arzt, notierte etwas und verließ dann zügig den Raum. Erleichtert atmete ich durch. Endlich dieses Ding weg.
»Tut mir Leid, aber ich muss auch los. Das Referat ist ziemlich wichtig«, meinte Taddl verlegen. Traurig nickte ich. Die Einsamkeit, die ich hier erlebte, machte mich nicht glücklich. Aber Taddl sollte schauen, dass er sich auf die Abschlussprüfungen vorbereitete und seine Note rettete.
Er drückte mir noch einen Kuss auf die Lippen, bevor er verschwand. Als er die Tür öffnete, stieß er fast mit zwei Personen zusammen, die sich später als Finn und Sarah erwiesen.
»Schön euch zu sehen«, sagte ich und meine Laune hob sich wieder etwas. »Du bist ja deinen Schlauch los«, stellte Finn erfreut fest, als er sich zu einer Umarmung zu mir herunterbeugte. Ich nickte und umarmte auch Sarah.
»Sie haben vor zwei Tagen Lenas Leiche zu ihren Eltern geschickt. Sie konnten endlich einen Bestatter finden, der hier herfahren würde und sie nach Kaiserslautern bringt, wo ihre Eltern sie beerdigen können«, erzählte Sarah zaghaft und beobachtete genaustens meine Reaktion.
»Schade, dass ich auf ihrer Beerdigung nicht dabei sein kann«, murmelte ich und spielte mit meinen Händen. Es kostete mich viel Kraft, die Vorwürfe, die ich mir selbst machte, niederzukämpfen. Auch Sarah und Finn nickten deswegen traurig. Sie waren schließlich ebenfalls Lenas Freunde gewesen. »Wisst ihr zufällig, wann ihre Beerdigung ist?«, fragte ich nach. An diesem Tag wollte ich mich an einen ruhigen Ort zurückziehen und an sie denken. »Der Chef hier meinte, sie soll nächsten Mittwoch beigesetzt werden«, flüsterte Sarah.
»Sollen wir uns dann zusammen mit Maja in der kleinen Kirche treffen und an Lena denken?«, fragte Finn, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich nickte. Nicht allein sein zu müssen würde mir Kraft geben.
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Boot camp | Tardy
FanfictionWas macht man, wenn man ohne Vorwarnung in ein Erziehungscamp geschickt wird? Ardian weiß es auch nicht. Als er dann noch herausfand, dass er sich eine Bleibe mit dem aggressivsten Jungen des Camps teilen musste, wollte er am liebsten nach Hause. Vo...