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Die Wochen nach diesem Vorfall verliefen ruhiger. Taddl hatte zunehmend weniger Ausbrüche und wenn er doch einmal wütend war, so beruhigte er sich schnell wieder oder es blieb dabei, dass er mich anschrie. Verletzt hatte er mich nicht mehr.

Lena verhielt sich weiter merkwürdig aufdringlich und suchte ungewöhnlich viel Körperkontakt, obwohl ich sie immer zurückwies.

»Na, alles gut?«, hörte ich bereits wieder ihre Stimme auf dem Schulgang. Innerlich verdrehte ich die Augen. »Klar«, meinte ich also freundlich und fand mich schon in ihren Armen wieder. Steif erwiderte ich die Geste.

»Hast du Lust, heute was zu machen? Nochmal in die Spielhalle gehen? Oder vielleicht ein wenig schwimmen?«, fragte sie. Es tat mir langsam im Herzen weh, ihr nahezu jeden Tag eine Abfuhr zu erteilen, aber ich wollte beim besten Willen keine Zeit mit ihr verbringen, wenn sie den Anschein machte, in mich verliebt zu sein.

»Lena, was wird das?«, fragte ich demnach verzweifelt. Sie hatte mir erzählt, wie schrecklich ihre letzte Beziehung war und wie unglaublich unschön sie geendet ist, kurz bevor sie hier ins Camp kam. Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen, dass sie an mir interessiert war. Hätte ich eine solche Trennung erlebt, würde ich von Partnern und Liebe erstmal nichts wissen wollen.

»Was meinst du?«, fragte sie unschuldig. Im Augenwinkel erkannte ich, wie Taddl auf uns zusteurte, mit leicht grimmiger Miene. Das konnte nichts gutes heißen.

»Du fragst immer wieder nach Treffen, obwohl ich wirklich immer absage. Willst mich immer umarmen, anfassen. Was wird das?«
Ertappt sah sie weg. Taddl hatte uns nun erreicht.

Zur Überraschung aller Mitschüler, die hier im Gang standen, beugte Taddl sich zu mir herunter und gab mir einen innigen Kuss.
Verzweifelt sah ich ihn an, nachdem wir uns gelöst hatten. »Denkbar schlechtester Zeitpunkt«, flüsterte ich, worauf er mich fragend ansah. Mit einem »Später« wimmelte ich ihn vorerst ab.

Als ich zurück in Lenas Gesicht blickte, fiel mir sofort ihr geänderter Ausdruck auf. Ihre Augen waren trüb und wirkten leer. Selbst ihre Haare schienen innerhalb weniger Sekunden ihren Glanz verloren zu haben. Leichenblass stand sie nun vor uns.

»Es ist nichts, Ardy. Ich bin einfach offen«, meinte sie, was für mich trotzdem keinen Sinn machte. Wenn ich offen war, versuchte ich aber nicht, selbst nach der hundertsten Absage ein Treffen zu erfragen.

Mit nahezu tränenden Augen wendete sie sich ab und lief mit schnellen Schritten den Gang herunter. Eine innere Stimme versuchte mich zu überreden, ihr hinterherzugehen, doch ich blieb bei Taddl.

»Was war denn?«, fragte er verwirrt. Nachdenklich sah ich zu der Stelle, wo sie eben noch stand und schluckte das merkwürdige Gefühl einer Vorahnung herunter. »Sie wollte immer ein Treffen mit mir, also mir alleine, aber ich wollte nie. Sie hat aber nie aufgegeben, wollte mich immer anfassen und irgendwann hatte ich das Gefühl, sie ist verliebt. Darauf wollte ich sie gerade ansprechen, als du mich geküsst hast«, erzählte ich leise.

Liebevoll drückte er mir einen Kuss die Schläfe. Hoffentlich bewahrheitete sich mein Gefühl nicht.

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Wer hätte es gedacht, ich bin wieder da. Probleme sind zwar behoben, aber ehrlich gesagt trau ich dem Braten noch nicht wirklich. Sollte ich also weg sein, ihr wisst diesmal, wo ich bin. Am Rand der Verzweiflung xD Kleiner Spaß, ohne Internet war auch mal sehr entspannend!

Boot camp | TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt