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Ich musste eingeschlafen sein, denn das Knallen der Türe holte mich aus meinen Träumen. Rücksichtslos wurde das Licht eingeschalten und ich erkannte Thaddeus. Doch bei genauerem Hinschauen konnte man erkennen, dass seine Augen rot und ein wenig geschwollen waren.

Er verschwand im Bad, bevor ich überhaupt zu einem Satz ansetzen konnte. Ich setzte mich auf und fuhr mir erst einmal durch die Haare. Sie standen mit Sicherheit zu allen Seiten ab. An sehr seltenen Tagen standen sie so, dass es sogar recht gut aussah, aber ich bezweifelte, dass das der Fall war.

Ich sah auf meine Kissen und erkannte, dass es eingedrückt war und die Bettdecke total faltig war. Sofort kam der Perfektionist in mir wieder durch und ich stand auf und machte in konzentrierter Sorgfalt mein Bett. Ich war so konzentriert, dass ich nicht einmal merkte, dass Thaddeus wieder im Zimmer war und zu seinem Bett ging. Ich merkte es erst, als mein Bett gemacht war und ich mich wieder aufrichtete.

»Thaddeus?«, fragte ich vorsichtig. Er schaute mich nicht an, zuckte nicht einmal bei dem Klang meiner Stimme. Er tat einfach so, als würde ich nicht existieren. Es tat mir weh, doch ich rief mir in den Kopf, dass ich ihn heute bereits weitaus mehr verletzt hatte. Langsam lief ich zu seinem Bett herüber und stellte mich neben ihn. »Thaddeus, bitte hör mir zu«, flüsterte ich. Abfällig sah er mich an. »Bei was? Beleidigungen? Dummen Sprüchen zu meiner Sexualität?«

Ich brauchte ein paar Sekunden, um diese Information zu verarbeiten. Das erklärte auch, wieso er die Situation heute Mittag so leichtfertig hingenommen hatte.

»Nein, im Gegenteil, ich wollte mich bei dir entschuldigen.« Unsicher stand ich vor seinem Bett, wusste nicht, ob ich mich setzen sollte oder stehen bleiben sollte. Ich wollte ihm Nahe sein und seine Wärme spüren, doch ich hatte Angst, einen Schritt zu viel zu machen und er würde wieder ausrasten.
Thaddeus schaute mich mit einem stahlharten Blick an. »Du hast mich verletzt, Ardian«, rief er dann. Man konnte sehen, dass sich Tränen in seinen Augen sammelten und er sich mit aller Kraft versuchte zu beherrschen. »Ich weiß das. Deswegen will ich mich ja entschuldigen. Ich habe gemerkt, wie falsch und auch konservativ meine Reaktion war und das die Reaktion nicht in Ordnung war. Nur weil die Situation neu für mich war und mir vorher noch nie in den Sinn gekommen ist, mit einem Mann intim zu werden, bedeutet das ja noch längst nicht, dass es etwas schlechtes ist. Und ich will dir auch noch sagen, es hat mir gefallen.«

Ich war augenblicklich still. Hatte ich das wirklich ausgesprochen? Wollte ich mich wirklich so verletztlich zeigen? Thaddeus sah mich an, immer noch mit Tränen in den Augen. »Ist dir klar, dass man als Homosexueller soviel negatives zu hören bekommt? Ständig beleidigt wird, wenn man sich so zeigt wie man ist? Und wenn man dann noch rausfindet, dass man einen Mitbewohner hat, der einen nicht akzeptiert, ist das wie ein Schlag ins Gesicht. Und ich werde zu meinem Psychologen gehen und fragen, ob ich die Hütte wechseln kann. Ich will mit dir nicht mehr unter einem Dach leben.«

Die letzte Aussage tat mir wirklich weh und ich hatte das Gefühl, ich konnte mein Herz brechen spüren. Ich wollte weiterhin mit ihm leben.
Er wollte aufstehen und sein Vorhaben anscheinend in die Tat umsetzen. Ich hielt sofort sein Handgelenk fest und zog ihn zurück. Es war nun ein halber Meter Abstand zwischen uns und ich sah ihm fest in die Augen. »Thaddeus, es tut mir aufrichtig Leid, wie ich reagiert habe. Es war falsch von mir. Ich habe den ganzen Tag nachgedacht und gebe zu, dass mir der Kuss gefallen hat. Und um dir das zu beweisen...«

Ich sprach nicht weiter, nahm allen Mut zusammen und küsste ihn.

Boot camp | TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt