Sie rannte. Rannte durch die Gänge der Kristallakademy. Die Gänge waren leer, kein Wunder, es war mitten in der Nacht. Sie wollte nur noch in ihr Zimmer, bevor jemand sie sah und sie demjenigen eine Rechenschaft ablegen musste.
Selina Antaya aus Hagenfels rannte um die nächste Ecke und in jemanden hinein. Sie blickte auf und sah dieses höhnische Lächeln von Antonia Emilia Weinhoff, Tochter von Markus und Emilia Weinhoff, welche das Großgestüt bei Karbhan leiteten.
Antonia lachte: "Na schleichen wir uns mal wieder durch die Gänge? Was hast du dort draußen gemacht?"
Selina antwortete genervt: "Das geht dich gar nichts an du verlogene ...."
"Willst du etwa frech werden? Du scheinst zu vergessen, dass ich dir körperlich überlegen bin. Also denk nach was du sagst oder tust!"
Selina antwortete nicht. Sie wollte sich nicht die Blöße geben, mit ihr in der Nacht auf dem Flur zu streiten.
Antonia wusste zwar nicht, was Selina war und dass diese weitaus mehr Kraft hatte als sie dachte, aber sie hielt sich für die Beste auf der ganzen Akademie und fühlte sich scheinbar von ihr bedroht. Selina wusste nicht wieso, sie hatte keine Freunde auf der Schule. Sie rappelte sich auf, drehte sich langsam um und ging den Flur zurück, aus dem sie gekommen war. Sie würde den anderen Weg nehmen, um in ihr Zimmer zu gelangen. Antonia lachte, aber sie würde Selina nicht verraten können, ohne sich selbst zu verraten.
Selina knurrte, als sie die Zimmertür geschlossen hatte. Sie hasste sie. Sie hasste sie abgrundtief. Seit Selina auf die Kristallakademy ging, hackte Antonia immer auf ihr herum und keiner wusste wirklich warum. Sie sehnte sich danach, wieder zurück in den Wald zu gehen, zurück zu ihrem Rudel.
Seit sie damals mit 10 im Wald ihrer Heimat Hagenfels ausgeritten war, ihr Pferd sie abgeworfen hatte und obendrein noch weggelaufen war, kam sie einfach nicht von diesen Tieren weg, und die Tiere auch nicht von ihr. Sie waren immer in ihrer Nähe, um ihr beizustehen. Als sie eines Tages, zwei Jahre später, wieder mit ihnen unterwegs war, um die Wälder zu erkunden, überlegte sie, wie es wohl wäre, eine von ihnen zu sein. Dieser Gedanke entwickelte sich blitzschnell zu einem Herzenswunsch und zwei Sekunden später, wurde sie von irgendeiner Kraft in die Luft gehoben und leuchtende blaue Fäden schwebten und flimmerten um sie herum. Sie war so fasziniert von ihnen, dass sie die Veränderung an ihrem Körper erst bemerkte, als die Fäden verblassten und schließlich verschwanden. Sie stand plötzlich nicht mehr auf zwei Beinen sondern auf vier Pfoten. Ihre Gefährten starrten sie mit einem Hauch von Stolz an. Sie war ein Wolf. Einer der Ihren. Sie wusste, dass dies eine gravierende Veränderung in ihrem Leben war, also versuchte sie sich zurück zu verwandeln, indem sie sich wünschte wieder ein Mensch zu sein. Und wieder erschienen diese leuchtenden blauen Fäden, von denen sie so fasziniert war. Sie bemerkte ihre körperliche Veränderung wieder nicht sofort. Es tat nicht weh, kribbelte nicht, gar nichts. Sie zog ihr Kleid wieder hoch, welches durch die Verwandlung in einen Wolf herunter gerutscht war und rannte nach Hause zu ihren Eltern und erzählte ihnen was passiert war. Ihre Mutter Antaya sah ihren Vater Sumien lange an, bis dieser nickte.
Sie kniete sich vor ihr hin und sagte zu ihr: "Mein kleiner Liebling, du musst mir jetzt gut zuhören!"
Als Selina nur nickte, sprach ihre Mutter weiter: "In unserer Familie wird ein spezielles Gen weitervererbt, welches meine Großmutter auch als das 'Wolfsgen' bezeichnete. Wie es scheint, bist du nach ihr die nächste Genträgerin. Nicht jede Generation bekommt es. Du musst sehr vorsichtig sein, wem du dich anvertraust, aber vergiss nie, wer du bist!"
Ihr Rudel sah sie seit jenem Tag als Leitwölfin an und vertraute ihr blind.
Sie zog sich das Nachthemd an, legte sich ins Bett und ließ die Erinnerungen noch einmal durch ihren Kopf fließen. Lächelnd schlief sie schließlich ein.
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Larwenia - Die Komplette Reihe
FantasyKurzbeschreibung: Avina wollte lediglich auf eine Schule für Magie doch dann wird ihre beste Freundin entführt und nicht nur das. Der Feindliche König des Nachtbarlandes Xadrien übernimmt die Herrschaft in Larwenia. Wie sollen die zwei Mädchen gege...