Will hatte sich in die Niesche gelegt und schlief. Sie setzte sich auf den Boden neben der Niesche und dachte nach. Sie war so in Gedanken vertieft, dass sie erst gar nicht merkte, dass jemand ihre Kopfhaut kraulte, bis eine Frage ertönte. "Was wollte er?"
Sie blickte hoch und sah in Wills lächelndes Gesicht. Sie lächelte schwach zurück."Er will mich als Leibwächter."
Wills Lächeln verschwand."Was? Wieso?"
"Oben im Thronsaal hatte er seinen Wachen befohlen, mich anzugreifen, damit er sehen konnte, ob ich gut bin oder nicht. Ich hab sie alle getötet, weil sie nicht aufgehört hatten, mich anzugreifen."
"Geh seiner Bitte nach!"
Nun war sie an der Reihe, fassungslos zu sein. "Was?"
"Du bist ihm dann sehr nah und kannst ihn töten." Sie schüttelte den Kopf. "Nein das wird nichts. Er hat einen Schutzzauber, um sich herum."
Sie schwiegen eine Weile.
"Und was...?" Sie unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
Draußen im Gang waren Schritte zu hören und plötzlich wurde die Zellentür aufgeschlossen.
Sie starrten gebannt auf die Tür und ein Mann mit langen schwarzen Umhang kam herein. Sie stand auf und stellte sich vor Will, um ihn im Notfall zu beschützen.
"Wer bist du!? Was willst du!? Bleib bloß weg!", zischte sie ihn an.
Er sah sie ausdruckslos an. Es wäre auch schwer geworden mit einer Maske die das Gesicht, bis auf die Augen verdeckte, irgendwelche Gefühle zu zeigen. Allerdings meinte er: "Bevor du mich verurteilst, solltest du dir vielleicht einmal anhören, was ich zu sagen habe."
"Warum sollte ich?", knurrte sie ihn an.
"Ihr seit doch eh alle Handlanger dieses Königs."
"Da bin anderer Meinung", sagte der Maskierte. Seine Stimme klang extrem tief. Wie durch einen Zauberer verstellt. "Ich hab hier etwas, was dein Prinz gut gebrauchen könnte."
Er zog ein kleines Fläschchen aus seiner Hosentasche und hielt es hoch. Es war mit einer roten Flüssigkeit gefüllt und diese sah aus, wie die Flüssigkeit, die Selina geheilt hatte.
Sie sah ihn an. "Und wieso gibst du uns das?" fragte sie misstrauisch.
"Weil ich euch helfen will, hier raus zu kommen und das schafft ihr nur, wenn ihr gesund seid."
Er reichte ihr das Fläschchen.
Sie öffnete es und wickelte den Verband von Wills Schulter. Er war schon eingewachsen.
"Oh, das wird jetzt wehtun." warnte sie ihn.
"Ich hab schon Schlimmeres erlebt."
Sie riss den Verband ab und er unterdrückte einen Schrei. Es begann sofort zu bluten und Selina tropfte schnell etwas von der Flüssigkeit hinein. Die Wunde verschloss sich und alle anderen mit ihr. Nach wenigen Augenblicken sah er wieder besser aus und wirkte nur etwas erschöpft.
Sie drehte sich zu dem Fremden um, der dem Blick von ihnen abgewandt hatte, um ihnen etwas Privatsphäre zu geben.
Als er aber bemerkte, dass sie ihn anschaute, blickte er auf und sah ihr ins Gesicht.
"Danke.", sagte sie aufrichtig.
"Das war nichts besonderes. Ich bin froh, dass ich helfen konnte."
Sie nickte und er fügte noch hinzu: "Und ich würde dir raten, die Stelle als Leibwächter anzunehmen. Mach dir keine Gedanken wegen dem Schutzzauber, ich kann ihn für dich schwächer machen."
Sie nickte wieder, fragte sich jedoch woher er davon wusste und gab ihm das Fläschchen wieder, doch der winkte ab.
"Ihr braucht es dringender als ich."
Sie nickte wieder und steckte es in ihre Hosentasche.
Als der Fremde gegangen war, drehte sie sich zu Will um.
"Du solltest wirklich die Stelle annehmen, wenn er Recht hat und den Schutzschild abschwächen kann, dann bist du als Einzige nahe genug an ihm dran, um ihn zu töten."
"Er wird mich in eines der edeleren Zimmer bugsieren wollen und ich will dich hier nicht allein lassen.", gab sie ehrlich zu. Er lächelte.
"Du musst es aber machen.", sagte er und küsste sie auf den Scheitel.
"Und jetzt sollten wir ein wenig schlafen."
Sie nickte und sie legten sich aneinander geschmiegt in die Niesche und schließlich ein.Der Maskierte schlich sich vom Keller wieder nach oben. Er musste noch jemand einen Besuch abstatten und das Ganze, ohne gesehen zu werden. In einem Schloss voller Wachen kein übermäßig leichte Aufgabe. Dennoch für einen Schwarzmagier wie ihn, kein Hinderniss. Magier in diesem Land brauchten für fast alles die Magie, die in Edelsteinen gespeichert war. Noch dazu ließ sich nicht jeder Stein für jeden Zauber gebrauchen. Anders war es mit schwarzer Magie, doch sie hatte den Nachteil, dass viel von der Magie übrig blieb und sich ab einer gewissen Menge zu scheußlichen Wesen formen konnte. Dasselbe war es eigentlich bei weißer Magie nur, dass aus ihr keine Dämonen wurden, sondern magische Kreaturen wie Drachen, die nicht weniger gefährlich, aber um einiges vernünftiger waren. Woran das lag, würde er wohl niemals herrausfinden. Aber es gab nunmal Geheimnisse, die dazu bestimmt waren, auch welche zu bleiben. Das galt zum Beispiel für seine Identität.
Seine Anonymität war sein größter Vorteil, wenn er einen Aufstand gegen den König anzetteln wollte. Lange Zeit hatte er dafür nicht. Mit einer Heirat würden seine Ansprüche auf den Thron legitim, solange William nicht aus der Versenkung auftauchte. Das Volk würde sich ihm, ohne Anführer nicht entgegen stellen. Einen von beiden Geschwistern musste er also schnellstens befreien. Nur für wen, hatte er sich noch nicht entschieden. Zuerst einmal musste er sich ein Bild von der Lage machen. Die Kerker waren recht gut bewacht. Er selbst kam zwar problemlos durch, doch eine andere Person mit zu schmuggeln, war etwas ganz anderes. Mit etwas Glück, könnte er heute Nacht mit ihr, über den Turm verschwinden.
Still schlich er sich durch die Gänge bis zu ihrem Zimmer. Das Glück war ihm heute jedoch nicht gewogen. Ein mit Magie verstärktes Schloss hing an dem Riegel der die Tür verschloss. Es schützte auch den Riegel selbst, der sonst ein leichtes Ziel gewesen wäre. Natürlich gab es noch die Möglichkeit, die gesamte Tür in ein Häufchen Asche zu verwandeln. Doch das war nicht gerade unauffällig und heikel, da sich aus Asche und Zerstörung nur zu gerne Dämonen erhoben. Er musste einen anderen Weg finden. Deshalb lief er hinauf, bis auf das Dach. Dummerweise hatte er nicht daran gedacht, dass sich hier oben eine Wache befinden könnte und wurde von dem Geräusch hinter sich überraschms0y
t. Er drehte sich um und vor ihm stand, wie aus dem nichts gewachsen, ein Bär von einem Mann, mindestens einen halben Kopf größer als er und auf jeden Fall breiter. Er bewegte sich schnell , beinah elegent und dann hörte der Maskierte ein ersticktes Keuchen. Es klang fremd, obwohl es aus seinem eigenen Mund kam. Aber er hatte auch selten einen solchen Schlag einstecken müssen. Die Faust der Wache war noch immer direkt vor ihm, als sich sein Gehirn wieder einschaltete. Beinah mechanisch, als hätte er es bereits tausenmal gemacht, schnappte er den Arm seines Gegenüber und drehte ihn mit einen Ruck herum. Die Wache schrie auf, er hatte ihm die Schulter ausgekugelt und er konnte keine Zeugen gebrauchen.
"Es wäre klüger gewesen, das Schwert zu benutzen.", gab er seinem Gegener noch einen guten letzten Rat. Eigentlich sinnlos, da er ihn in nächsten Moment über eine der Zinnen schubste. Er sah nicht hinunter, doch hörte das widerliche Geräusch als der Mann auf dem Boden aufschlug. Jetzt musste er sich aber beeilen, eh einer die Leiche fand.
Er befestigte ein Seil am Griff der Lucke, über die man das Dach betreten konnte. Dann warf er es zwischen zwei Zinnen den Turm hinunter und schwang sich selbst über die Kante. Ein recht waghalsiges Kunststück, wenn er an die Höhe des Turms dachte. Jedoch gab er sich Mühe nicht hinunter zu sehen. Nur einmal wagte er den Blick um das richtige Fenster auszumachen. Er hing genau darüber und rutschte langsam hinunter, bis seine Füße den Fenstersims berührten. Er drückte sich gegen die Scheibe und hörte den Donnerschlag über sich, eh die ersten Tropfen ans Glas prallten. Toll musste es nun auch noch regnen? Andererseits hielt es andere davon ab, nach drausen zu gehen und die Leiche im Innenhof zu finden. Er klopfte leise gegen das Fenster, um auf sich aufmerksam zu machen und wenige Momente später öffnete eine nicht wenig überraschte Avina das Fenster.
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Larwenia - Die Komplette Reihe
FantastikKurzbeschreibung: Avina wollte lediglich auf eine Schule für Magie doch dann wird ihre beste Freundin entführt und nicht nur das. Der Feindliche König des Nachtbarlandes Xadrien übernimmt die Herrschaft in Larwenia. Wie sollen die zwei Mädchen gege...