6.Kapitel.Flucht

320 30 0
                                    

Selina hatte keine Ahnung, wo sie waren und fragte sich, wie lange sie wohl noch in diesem Käfig gefangen war. Nathaniel blieb die ganze Zeit bei ihr, was sie beruhigend fand, denn draußen lief ein fluchender Tom umher und seinen Flüchen nach zu urteilen war er stinksauer, weil sie ihm das Gesicht aufgeschlitzt hatte.
Nathaniels Anwesenheit, bedeutete für sie Sicherheit vor Tom.
Und obwohl er an diesem Morgen noch erschöpfter aussah als am gestrigen Tag, versuchte er sich ihr gegenüber, nichts anmerken zu lassen.
Sie spürte, wie er die Bariere wieder um sie zog und sah zu ihm auf.
Er sprach leise, als ob er seiner eigenen Magie nicht trauen würde: "Du wirst morgen hier herauskommen. Avina wird uns auf der Straße nach Karbhan abpassen. Und wir müssen Tom und Ludmar zum Schweigen bringen, denn sie werden uns jagen. Mich nur, weil ich dir geholfen habe, deine Freundin werden sie tot sehen wollen und dich werden sie nach Xadrien verkaufen wollen. Dort ist Menschenhandel legal und naja du zählstnichtmal als einer davon."
Selina sprach genauso leise. Sie wollte nichts riskieren.
"Ich erledige sie, dann sieht es aus als hätte ein Tier sie umgebracht. Wir statten uns, dann hier mit Waffen aus und ziehen weiter." Nathaniel blickte auf und sie sah seinen bittenden Ausdruck in den Augen. "Kann ich mit euch gehen?"
"Ich hätte nichts dagegen. Aber meine Wölfe werden dich in der ersten Zeit aufmerksam beobachten und wenn sie nichts Auffälliges finden, werden sie dir Vertrauen schenken und ich rate dir ihr Vertrauen nicht auszunutzen. Bei dem Letzten der sie und mich betrogen hatte, wurde nicht mehr als eine Blutlache gefunden."
"Ich werde es mir zu Herzen nehmen."
Plötzlich stoppte die Kutsche und Nathaniel zog seinen Zauber zurück.
Sie hörten Getrampel auf dem Kutschbock und schließlich wurde die Tür zum Wagen aufgerissen. Ein schlacksiger Mann mittleren Alters kam zum Vorschein und als er sie sah, begann er zu grinsen. Und dies war das fürchterlichste Grinsen, das Selina je sehen musste, da die Hälfte der Zähne herausgefallen und die andere Hälfte war schwarz und faulig war.
"Hallo meine Schöne", sagte er und trat an den Käfig. Sein widerlicher Mundgeruch ließ sie zurückweichen.
"Nana, du brauchst dich mir nicht gleich zu unterwerfen."
Sie drückte sich an die Wand ihres Käfigs um diesen Geruch zu entkommen und knurrte. Knurrte in ihrer menschlichen Gestalt so laut sie konnte. Sie würde sich nie unterwerfen, niemals. Als ob der Kerl das auch wüsste, lachte er und trat näher an die Gitterstäbe heran.
"Für dich werd ich sicher eine Menge Gold bekommen."
Selina knurrte noch lauter, ließ ihre Reißzähne wachsen und schnappte in seine Richtung.
Jetzt schaltete sich Nathaniel ein, der die Szene schweigend beobachtet hatte: "Ludmar lass sie jetzt mal in Ruhe! Wir können es uns nicht leisten, wenn sie verreckt, bevor wir sie verkauft haben."
"Ja, da hast du Recht. Wir wollen ja nicht, dass diese Schönheit, zu viel Stress erleiden muss."
Er trat ein paar Schritte zurück, blickte von ihr zu Nathaniel und sagte schließlich: "Denk daran wem du verpflichtet bist, Junge, denn mir kommt es so vor, als hättest du etwas zu viel Mitgefühl mit diesem Etwas."
Selina knurrte und Ludmar ging schweigend hinaus.
Nathaniel seufzte leise und Selina fragte, als sie ihre Reißzähne wieder eingezogen hatte: "Was hatte er damit gemeint?"
"Nichts, er versucht mich nur irgendwie unter seine Kontrolle zu bringen."
"Und wieso?"
"Weil er genau weiß, dass ich mächtiger bin, als es den Anschein hat und vorallem mächtiger als er."
"Und wa..."
"Du stellst eindeutig zu viele Fragen", stellte er schließlich lachend fest.
"Nur manchmal."
"Wo kommst du eigentlich her?", fragte er sie am Abend, als er ihr etwas zu essen brachte.
"Aus Hagenfels." antwortete sie schlicht.
"Und deine Familie?"
"Sie auch", sagte sie und bemerkte, wie bedrückt sie sich angehört hatte.
"Was ist mit ihnen?" fragte er
"Sie wurden von Dämonen umgebracht und ich bin dann zur Kristalakademie gegangen."
"Mein Beileit" sagte er knapp, aber das er wie immer so ruhig war lies es irgendwie nur so dahin gesagt wirken.
"Muss es nicht. Es war ja nicht deine Schuld."
Er gab einen komischen Laut von sich, aber Selina fragte nicht weiter nach und konzentrierte sich wieder auf ihr Essen.
Ein wenig später legte sie den Kopf auf die Decke und dachte darüber nach was heute passiert ist. Sie schauderte beim Gedanken an Ludmar.
Er wirkte, als ob er keine Skrupel hätte seine eigene Mutter zu töten. Ein absoluter Widerling!

Larwenia - Die Komplette ReiheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt