Failure - Joe - Three

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Begeht ihr jeden Tag ein Verbrechen?

Kaum eine Sekunde war vergangen, da waren auch schon sieben Augenpaare auf ihn gerichtet.

„Hab ich was Falsches gefragt?" Von den Blicken der anderen durchbohrt zu werden brachte Mike dazu, sich ziemlich unwohl in seiner Haut zu fühlen.

„Verbrechen." Es bedarf keiner großen Menschenkenntnis, um die Abscheu in Elisas Stimme zu hören. „Wie kann man in einer Welt ohne Gesetzte Verbrechen begehen?" Das war es zumindest, was sie sich sagte, warum sie es schaffte, ihnen noch immer beizustehen. Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum, was die anderen relativ sprachlos zurückließ.

„Sie ist eben sehr sensibel", versuchte Brad ihr Verhalten zu rechtfertigen, ehe er sich auf die Suche nach ihr machte.

„Meistens", übernahm Chester die Erklärung, „machen wir ganz normale Sachen, wie etwa dein Zimmer renovieren. Solche Aktionen wie heute machen eigentlich relativ selten, meistens klauen wir nur Essen und so Zeug, zum Spaß meistens."

„Und Drogen?", rutschte es dem Schwarzhaarigen heraus, der sich sogleich ein böses Funkeln einfing.

„Ich hab aus der Sache gelernt, okay?" Er hatte schon ein Leben verschwendet, es würde ihm nicht noch einmal passieren.

„Schon gut, Entschuldige." Er streckte seine Hand als Friedensangebot aus, das Chester zu seiner Überraschung annahm.

„Du bist echt kein schlechter Kerl, Mike." Und zu seiner Überraschung konnte er das Gleiche von Chester behaupten.

„Elisa?" Vorsichtig stieß Brad die Tür zu seinem Zimmer auf und fand seine Frau wie erwartet am Bett sitzend vor, von der Tür abgewandt, das Notizbuch fest umklammert. Sachte schloss er die Tür hinter sich, ehe er sich neben sie stellte. Sie blickte nicht auf, ein Indiz dafür, dass sie gerade mit den Tränen kämpfte, wie auch die Tatsache, dass ihr Blick stur zum Fenster gerichtet war und sie tief ein- und ausatmete.

„Was ist los?" Er setzte sich neben sie und löste eine ihrer Hände sanft vom Notizbuch und nahm sie stattdessen in seine. Sie zitterte, auch wenn sie ihr Bestes gab, das vor ihm zu verbergen.

„Hör mal, Mike hat das vorhin nicht so gemeint. Du bist keine Kriminelle." Er streichelte ihren Handrücken mit seinen Daumen, während sie weiter um Fassung rang.

„Wie kannst du dir sicher sein?" Ihre Stimme war rau und brüchig, als hätte sie tagelang nichts mehr getrunken und als sie aufsah, erkannte er, dass ihre Augen gerötet waren. Doch wie so oft hatte sie es sich verkniffen, den Tränen freien Lauf zu lassen.

„Du musst das nicht machen, hörst du?"

„Ich weiß." Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. „Aber ich fühle mich für sie verantwortlich. Wenn ich gehen würde, würdest du mit mir kommen. Wer passt dann auf sie auf? Wer sorgt dafür, dass Mike sich hier einlebt, alle genug zu essen haben, Chester ihr nicht wehtut?"

Fragend sah sie zu Brad hoch, der lediglich seufzte.

„Außerdem", gab sie schließlich nach einigen Minuten des Schweigens zu, „habe ich Angst. Ich weiß, es ist jetzt fast ein Jahr, aber ich bin mir noch immer nicht sicher, was das hier für ein Ort ist. Wo ich hingehen kann, wenn ich nicht hierbleibe."

„Du weißt, was ich dir damals gesagt habe, oder?" Er legte eine Hand auf das Notizbuch und sie nickte.

„Dass du auch Angst hast." Sie setzte sich auf und blickte ihm in die Augen. „Aber, dass das alles nicht so schlimm ist, solange wir zusammen sind."

„Egal, wofür du dich entscheidest, ich stehe hinter dir, das habe ich dir versprochen." Er strich über ihren Ehering, eine Geste, die sie in dieser Welt immer zum Lachen brachte.

Between the Wor(l)ds |Linkin Park|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt