Mike kam sich vor wie ein Soldat, der ins Kriegsgebiet gebracht wurde, bereit für den Absprung über dem Schlachtfeld. Bereit für einen Kampf bis auf den letzten Mann. Und wenn er die anderen so ansah, die auf beiden Seiten des Frachtraumes an die Wand gelehnt dasaßen, teilweise schon die Sturmhauben über das Gesicht gezogen, alle, ihm eingeschlossen, von Kopf bis Fuß in schwarz gekleidet, verstärkte sich dieses Gefühl nur noch.
Nachdenklich drehte er die Waffe, die ihm Chester ausgehändigt hatte, hin und her. Sie war schwerer, als er es sich vorgestellt hatte und doch lag sie wie angegossen in seiner leicht zittrigen und eiskalten Hand. Damit konnte er töten, keine Frage, selbst wenn man in dieser Welt nicht töten konnte, wie ihm schon mehrfach versichert worden war. Eine Wirkung würde ein Schuss trotzdem zeigen, soviel war er sicher, wusste aber nicht, ob er den Anblick von zerstörten Körpern in einer Blutlache ertragen würde. Mike hoffte nur, dass alles nach Plan laufen würde und keiner einen Schuss abfeuern musste. In Anbetracht der Tatsache, dass die anderen ebenfalls mindestens eine Waffe mit sich herumschleppten, ließ seine Hoffnung darin aber schwinden. Besonders Chester machte ihm Sorgen, der jetzt schon pfeifend mit seinem Revolver herumspielte, die Waffe entsicherte, nur um sie einen Moment später wieder zu sichern. Die Pistole hatte er mit einem Grinsen wie in einem Film unter seinen Gürtel gesteckt und mit seiner schwarzen Jacke verdeckt.
„Ist was?" Er unterbrach sein Spiel einen Moment und schaute Mike an, der sofort entschuldigend beide Hände hob.
„Er ist halt aufgeregt, vor seinem ersten Banküberfall. Das waren wir doch alle, Chaz!" Linsey lugte aus dem Schlitz in der Sturmhaube hervor und selbst ohne ihren Mund zu sehen konnte er sagen, dass sie von einem Ohr zum anderen grinste. Das war offenbar genau die Art von Unternehmung, die dem rebellischen Mädchen gefiel. Dafür hatte sie sogar ihre sonst eher liebliche Kleidung gegen einen engen schwarzen Anzug und ein Gewehr getauscht, auf dem ihre Hände ruhten. Mike entging nicht, dass sie so wesentlich erwachsener aussah, als er es gewohnt war.
„Solange du weißt, was du tun musst", schenkte ihm Chester ein weiteres schräges Lächeln, ehe er sich wieder dem Revolver zuwandte.
KLICK. Folge ihnen in die Bank. KLICK. Bleib in der Nähe vom Eingang. KLICK. Beobachte die Geiseln genau. KLICK. Wenn einer nicht das tut, was er soll. KLICK. Dann schießt du. KLICK.
„Bereit?" Chester blickte in die Runde, als der Kleinlaster zum Stillstand kam und bekam von allen ein Nicken als Antwort. Sturmhauben wurden aufgesetzt, Handschuhe angezogen, Waffen entsichert, letzte bedeutungsvolle Blicke ausgetauscht. Und los ging es. Chester war der erste, der in der Seitengasse aus dem Laderaum sprang, die anderen folgten ihm auf dem Fuß.
Bis zur Bank waren es nur wenige Meter, aber trotzdem rannten sie. Würden sie bemerkt werden und die Bank verriegelt, so wäre das Unternehmen zum Scheitern verurteilt. Nicht dass die Polizei sie erwischen würde, so gut waren die hier nicht, aber sie wollten einen bleibenden Eindruck bei den Menschen hinterlassen, und mit einem Fehlschlag ging das nun eben nicht so einfach.
Würde sein Herz noch schlagen, so würde es im Moment wohl heftig gegen seine Rippen hämmern, dachte Mike, während er den anderen im Laufschritt in die Bank folgte, seine Sicht durch die Maske ein wenig eingeschränkt, aber nicht genug um das, was er gerade tat, vor ihm zu verbergen.
Unter seiner Maske zog Chester die Augenbrauen zusammen, während er die Waffe erhob und in die Bank stürmte, der dumpfe Klang der schweren Stiefel bei jedem Schritt im Ohr. Richtig oder Falsch, das zählte hier nicht mehr. Veränderung, das war, was er wollte. Ironie, dass er trotzdem wieder zum Kriminellen geworden war. Zum Schrecken der unbescholtenen Bankbesucher, die entsetzt aufschrien, als er den Raum betrat, leicht vorgebeugt, sein Team hinter ihm und Keine Bewegung brüllte. Zwei Worte, die dank der Übung durch das Singen eindeutig furchteinflößender klangen, war er doch in der Lage, wie der Teufel höchst persönlich zu schreien.
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Between the Wor(l)ds |Linkin Park|
Fanfic»Weiß ich, wo ich bin? Weiß ich, was passiert ist? Weiß ich, wer ich bin? Nein.« Als Mike eines Abends ohne Erinnerungen an die Vergangenheit im beinahe menschenleeren Los Angeles erwacht, beginnt für ihn das Abenteuer seines Lebens, das ihn näher...