Between the Wor(l)ds |Linkin Park|

Broken Wings - Brad & Elisa - Four

Chester hatte sie offenbar nicht gesehen, sonst wäre der Überfall wohl nicht unblutig zu Ende gegangen. Vorsichtig spähte Mike zu ihm hinüber und beschloss, nichts von der Frau zu sagen. Vielmehr bemühte er sich, mit den anderen über den Erfolg zu freuen.

„Schön langsam sind wir echte Profis!" Linsey zog die Sturmhaube vom Kopf und enthüllte so ihr breites Lächeln. Dass ihre Haare nun in alle Richtungen abstanden und ihre Wangen von der Hitze, die unter dem Stoff geherrscht hatte, gerötet waren, war ihr in diesem Moment herzlich egal.

„Nur jemand hat in eine Steckdose gegriffen", spielte Dave grinsend auf ihre Frisur an und fing sich damit gleich einen Schlag gegen den Arm ein.

„Die wollen nur wegrennen, weil sie dich gesehen haben. Zum Glück sind sie an meinem Kopf befestigt", setzte sie noch verbal einen Schlag darauf, was für sie ebenfalls zu einer schmerzenden Stelle am Oberarm führte. Chester schaute dem Geplänkel der beiden kurz kopfschüttelnd zu, ehe er sich an Mike wandte.

„Und?" Sofort war die Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf den Schwarzhaarigen gerichtet.

„Was soll ich großartig sagen?" Er zuckte mit den Schultern und sah die anderen fragend an. „Ich bin froh, dass ich die nicht einsetzten musste." Mike nickte in Richtung der Waffe, die er achtlos neben sich gelegt hatte, erleichtert, nicht mehr darüber nachdenken zu müssen, wie leicht es doch war, den Abzug zu drücken.

„Glaub mir, dass sind wir alle." Chester runzelte die Stirn und verschränkte seine Arme vor der Brust, während er sich gegen die Wand lehnte. Er mochte kalt und unberechenbar wirken, aber jemanden wirklich zu erschießen, das traf selbst ihn. War Mord doch eine der wenigen Verbrechen, die er während seines Lebens nicht begangen hatte. Aber die Welt hier spielte nun einmal nach anderen Regeln. Und manchmal war hier eine silberne Kugel der letzte Ausweg aus einer brenzligen Situation gewesen.

Rob wusste nur zu gut, woran Chester gerade dachte. Die anderen waren noch nicht da gewesen, als er praktisch Krieg gegen sie geführt hatte. So gesehen behandelte er sie jetzt schon richtig zuvorkommend, wobei er sie wohl in der Bank getötet hätte, hätte er sie gesehen. Natürlich war sie Rob aufgefallen, es wunderte ihn regelrecht, dass keiner der anderen sie gesehen hatte. Aber er würde ihr ganz sicher kein Haar krümmen, immerhin hatte sie ihn auch immer verschont, wenn sie wieder einmal schneller gewesen war als Chester und es seine Aufgabe gewesen war, den vorrübergehend leblosen Körper zurück ins Hotel zu zerren.

„Endstation!" Brads Stimme wurde von der Zwischenwand, die Fahrerkabine und Frachtraum trennte, gedämpft, doch Linsey nahm es nichtsdestotrotz zum Anlass, mit erhobenen Händen ins Freie zu springen. „Und wir sind wieder einmal entkommen!"

Joe und Rob schleppten, nun mit Mikes Hilfe, die vollgepackten Taschen ins Innere des Gebäudes, während Chester das Fahrzeug wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückbaute, gefälschte Nummerntafel und ein Schild, dass es als LKW einer nicht existenten Firma auswies, entfernte.

„Alles in Ordnung?", flüsterte Brad seiner Frau zu und legte einen Arm um sie, da ihm nicht entgangen war, dass sie nicht wie sonst alle beglückwünschte, sondern vielmehr in einigem Abstand hinter ihnen her schlurfte und mit versteinertem Gesicht zu Boden blickte. Ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass sie mit etwas haderte. Und doch wusste er ihre Antwort einen Moment bevor sie zu ihm hochblickte und ihm ein kurzes Lächeln schenkte.

„Ich war nur in Gedanken versunken." Er konnte sie nicht zum Reden zwingen, das wusste er. Genauso, wie dass sie ihm ihr Herz ausschütten würde, wenn die anderen schliefen. Wenn die Dunkelheit da war, um ihre Schwächen zu verstecken. Und so drückte er sie lediglich ein wenig fester an sich, um ihr auch ohne Worte zu verstehen zu geben, dass er für sie da war. Auch wenn er sich sicher war, dass sie das auch so wusste.