Kapitel 1 - Mein Leben

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Missmutig stopfte ich die ganzen Bücher und meine Federtasche in meinen Rucksack. Ich hatte keine Lust auf Schule. Allgemein hatte ich in den letzten Wochen, oder eher schon Monaten, keine Lust darauf. Früher war die Schule zwar auch nicht so mein Ding gewesen, aber ich hatte sie noch nicht so verabscheut wie jetzt.

Früher sah mein Tagesablauf immer gleich aus. Viel zu lange wachbleiben, am nächsten Tag nicht aus dem Bett kommen, den Bus fast verpassen, die Hausaufgaben im Bus nachholen, mich mit meinen Freunden vor der Schule treffen, mit ihnen in den Klassenraum gehen, langweilige Schulstunden über mich ergehen lassen, nachhause fahren und den restlichen Tag mit zocken verbringen. Du wirst mir nicht glauben, aber ich war glücklich damit gewesen.

Jetzt sah mein Alltag zwar fast genauso aus, aber eine Kleinigkeit hatte sich geändert. Ich hatte mich verliebt. Manchmal war ich mir nicht ganz sicher, ob 'verliebt' das richtige Wort war. 'Über beide Ohren verknallt' würde besser passen.

Aber höchstwahrscheinlich wusste er noch nicht mal, dass ich existierte. 'Er' hieß Palle. Zumindest nannte er sich so. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie er in Wirklichkeit hieß, aber er wurde von seinen Freunden nur Palle genannt und jeder an unserer Schule kannte ihn nur unter Palle. Seine Freunde waren auch so ein Thema. Freunde war vermutlich noch ein bisschen untertrieben, sie waren vielmehr eine unzertrennliche Clique. Es waren so viele, dass ich mir ihre ganzen Namen nicht wirklich merken konnte. Und furchtbar arrogant waren sie auch noch.

Aber Palle war mit Abstand der hübscheste. Diese brauen Augen und diese dunklen Haare, die immer perfekt gestylt waren. Er war der Schwarm aller Mädchen unserer Schule. Und von mir. Aber vermutlich kannte er jedes Mädchen besser als mich. Schließlich war ich ein Junge, der sich eher im Hintergrund hielt, unscheinbare Kleidung trug und zudem auch noch drei, fast vier Jahre, jünger war, als er.

Ja, Palle war neunzehn und in der letzten Klassenstufe. Er musste einmal wiederholen, weshalb er noch hier war. Doch vermutlich würde er in einem halben Jahr die Schule verlassen.

"Manuel Büttinger!", schrie meine Mutter streng von unten.

Seufzend riss ich mich von meinen Gedanken los und machte mich auf den Weg nach unten, wo ich mich schnell zur Bushaltestelle verpieselte. Es gab Schneeregen und meine Laune rutschte noch weiter in meinen Keller.

Den Bus verpasste ich mal wieder fast, ergatterte gerade noch einen Sitzplatz und begann in meinen Collage Block eine unlösbare Matheaufgabe zu lösen. Nach zehntauseend beschriebenen Zeilen, einem kleinen Nervenzusammenbruch und einer abgebrochenen Bleistiftspitze, gab ich es auf und steckte den Block resigniert zurück in den Rucksack. Das würde jetzt eh nichts bringen.

Um dem interessierten Blick eines jungen, blonden Mädchen neben mir auszublenden, starrte ich aus dem Fenster. Draußen war alles öde und grau. Ein typischer, langweiliger Winter-Schultag. Ich knirschte mit meinen Zähnen und wartete ungeduldig, bis der Bus endlich hielt und ich aussteigen konnte.

Vor dem Schultor warteten meine Freunde auf mich. Wie immer.

Palle saß mit seiner Clique wieder auf den unteren Ästen eines Baumes, ignorierte strikt seine ganze Umgebung und rauchte. Wie immer.

Alles war wie immer.


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Neue ff. Hoffe ihr freut euch.

Deshalb kam heute auch kein Teil meiner anderen Story. Ein dickes Schorry.

~Rummi

Palle, seine Freunde und ich / #kürbistumor #glpalleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt