Kapitel 33 - Vergessen auf der Steintreppe (4/5)

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(Dados Sicht, weil sich einige mehr von Dado gewünscht hatten. <3)

"Mauri, was machst du da?", hörte ich die Stimme meiner kleinen Schwester Mila, welche sich in den Türrahmen gestellt hatte und mir dabei zusah, wie ich die letzte Lage des Verbandes um mein Handgelenk wickelte. Ihr blondes Haar fiel glatt in ihr rundes Kindergesicht, während ihre großen grünen Augen mich anschauten.

"Ich verbinde meinen Arm.", erklärte ich ihr ehrlich. Mila würde eh nicht verstehen, wieso ich das machen musste. "Wieso?", fragte sie und ihre Stimme klang total niedlich und besorgt um ihren großen Bruder, weshalb ich mich vor sie stellte und auf die Knie ging, bis wir auf einer Höhe waren und ich ihr in diese Augen schauen konnte, die meinen so ähnlich waren. "Weil es mir nicht so gut geht in letzter Zeit."

"Ist es wegen Michael?" Ihre Stimme klang zart und unschuldig. Ich wusste, dass sie noch nicht von schwulen Beziehungen wissen konnte, jedoch nickte ich trotzdem.

"Wenn du so traurig bist, ist er es nicht wert.", hauchte sie. "Bitte sei wieder glücklich, Mauri."

"Ich werde mir Mühe geben, Schätzchen.", lächelte ich verkrampft und gab ihr einen Kuss auf den blonden Haarschopf. Zu gerne hätte ich, dass es wahr wäre. Dass ich glücklich werden würde. Für meine geliebte Schwester. Aber mir klar, dass es nicht so kommen würde. Je länger Micha und Chessy zusammen waren, desto glücklicher wirkten sie. Und ich wollte, dass sie glücklich waren. Micha hatte es nicht anders verdient. Ich wäre viel zu schlecht für ihn und Chessy sah wenigstens gut aus.

Ein leiser Seufzer entfuhr mir und ich wandte mich wieder an Mila. "Hast du schon deine Sachen gepackt?"

Mila schüttelte den Kopf. "Ich kann mein Schneckchen nicht finden, hast du es gesehen?" "Es war in der Wäsche, da du es doch letztes Mal beim Spielen mit Lea in die Sandkiste geworfen hast, weißt du nicht mehr?", erklärte ich sanft und die Kleine schob ihre Lippe vor. "Ich will aber mein Schneckchen!"

"Es heißt: Ich möchte mein Schneckchen, nicht ich will.", wies ich sie zurecht. "Und du kannst es nicht mit in die Vorschule nehmen, es ist noch ganz nass. Ich könnte dir aber Bodo anbieten."

"Bodo ist aber langweilig! Ich wil- Ich möchte mein Schneckchen!"

"Such dir aus meinem Zimmer eins aus, wenn du willst, aber ich beeil dich! Wir sind spät dran...", eilte ich und während Mila in mein Zimmer rannte, um eines meiner Schneckchen zu nehmen, befestigte ich den Druckverband und schaute noch einmal nach meinem neusten Bild. Es war schon fast trocken und ich nahm mir fest vor, heute nach der Schule weiterzumalen. Das Malen war im Moment die beste Ablenkung, die ich bekommen konnte. Ich versteckte mich in meinen Bildern, versteckte mich vor Micha, der mich in meinen Träumen heimsuchte. Erst im letzten Traum hatten wir uns geküsst. Aber richtig. Mit Zunge und so. Doch dann hatte er sich aufgelöst und ich war zurückgestolpert, hinein in das dunkle Loch der Depression, in dem ich auch aufgewacht bin. Ich war einfach nicht gut genug für ihn! Er mochte mich nicht! Und das lag nur an mir!

Mila kam mit einem großen blauen Schneckchen zu mir ins Wohnzimmer und lächelte. "Darf ich das hier mitnehmen?" "Ja", antwortete ich und reichte ihr ihre kleine Jacke, die sie sich anzog, während ich meine überstreifte.

Der Weg zum kindergarten war nicht lang und ich spielte mit Mila 'Ich packe meinen Koffer'.

"Ich packe meinen Koffer und stecke ein: Ein Kissen, eine Zahnbürste, einen Hammer und ein Schneckchen für Mila.", sagte ich, während ich ihre kleine Hand hielt und sie überlegte angestrengt. "Ich packe meinen Koffer und stecke ein: Ein Kissen, eine Zahnbürste, einen Hammer, ein Schneckchen für mich und Michael."

"Micha!?", fragte ich überrascht. "Wie kommst du darauf?"

"Naja, ich habe mein Schneckchen und du brauchst ja auch jemanden zum Kuscheln.", erklärte Mila ernst und mein Herz zerbrach mit einem Schlag in tausend Teile. Micha zum Kuscheln... Allein die Vorstellung, mit Micha in einem Bett zu liegen und mich an seine warme Brust zu schmiegen, ließ meinen Herzschlag höher schlagen. Und es mit einem Mal wieder einfrieren, als ich erkannte, dass dies niemals die Realität sein würde.

Niemals.

Ein starkes Wort, dass sich in meinem Herzen festbiss, wie ein gemeiner Parasit, der erst loslassen würde, wenn es kein Blut mehr zum Saugen gab. Und eine neue Bildidee schlich sich in meine Gedanken. Niemals....

Als ich Mila in der Vorschule abgegeben hatte, ging ich wieder nachhause, holte mein Rad und fuhr in Lichtgeschwindigkeit zur Schule. Ich war erstaunlich spät dran. Der Schulhof schon überfüllt mit Leuten. Hastig schlängelte ich mich durch sie, um zur Steintreppe zu gelangen. Manu war ansonsten immer der, der am spätesten war, da er mit dem Bus fuhr und ich hatte immer noch ein paar wunderschöne Minuten mit Micha allein. Nun gut, heute vielleicht nicht, aber sie sollten schon da sein.

Doch als ich bei der Treppe ankam, war keiner von meinen Freunden da. Noch nicht einmal Klaus, der sich gelegentlich zu uns gesellte. Jetzt war niemand da. Kein Micha, kein Manu, kein Klaus... Niemand. Verblüfft schaute ich auf die Uhr. Schon fünf Minuten vor Schulbeginn. Normalerweise waren sie doch schon da.... Oder hatten sie mich vergessen?

Erschöpft ließ ich mich auf die steinerne Stufe fallen. Sie hatten mich tatsächlich vergessen. Vergessen auf einer Steintreppe. Meine besten Freunde hatten mich vergessen. Meine einzigen Freunde hatten mich vergessen. Wahrscheinlich vögelte mein Schwarm gerade mit seiner Freundin auf'm Schulklo. Ein Stich durchfuhr mein Herz. Und Manu... Keine Ahnung. Sie hatten wahrscheinlich einfach keine Lust auf mich. Wer hatte schon Lust auf mich? Ich hatte es verdient hier zu sitzen.

Ein leiser Funken Hoffnung, dass sie noch kommen würden entstand in meinem Kopf, aber erlosch schnell wieder, als es nur noch eine Minute bis zum Klingeln war und ich aufstand, um mich in den Klassenraum zu begeben. Allein.

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Armer Dado.... :c

Bis gleich zum letzten Part heute. :3

Palle, seine Freunde und ich / #kürbistumor #glpalleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt