Wolfsblut

Jungs

Wie ein verängstigtes Reh renne ich durch die Halle, in der Hoffnung ja keinen Ball abzubekommen. In meinem Team werden es immer weniger und als letzte will ich nun auch ungern im Feld stehen.

"Na Malia wie gehts dir so?", fragt ein rothaariger, verschwitzter Junge.

Verwirrt sehe ich mich um, um zu checken, dass er ja mich damit gemeint hat. Aber da es in diesem Jahrgang kein Mädchen mit dem komischen Namen Malia gibt, außer mich, wird er wahrscheinlich doch mich meinen. "Ähm gut", antworte ich und könnte mich schlagen.

"Du bist heiß.", redet er weiter. Angeeckelt von diesem misslungenen Flirtversuch drehe ich mich weg. Meine Augen treffen auf Roman der am anderen Ende der Halle steht und uns mit einem undefinierbaren Blick beobachtet. Natürlich hatte er unser - konnte man es überhaupt Gespräch nennen? - mitbekommen.

Das restliche Spiel habe ich hauptsächlich versucht diesem Clown aus dem Weg zu gehen. Aber dadurch fliegt nun ein Ball rasend schnell auf mich zu, sodass ich nicht reagieren kann und ich bekomme ihn direkt in mein Gesicht geschlagen. Ich taumle einige Meter zurück und falle dann zu Boden. Gekicher und erschrockene Rufe sind zu hören, doch niemand hilft mir auf. Bis sich mir eine Hand entgegenstreckt, die ich dankend annehme. Roman zieht mich mit Leichtigkeit hoch, als wäre ich ein Fliegengewicht, wobei ich das keinesfalls bin. Ein trübes Lächeln legt sich auf seine Lippen, das mir wieder etwas Kraft verleiht. "Alles in Ordnung?"

Ich nicke, halte mir aber mit schmerzverzerrter Miene auf meine Nase. Als ich auf meine Finger sehe, erkenne ich Blut. Toll. Sagte ich nicht, dass ich nicht wollte, dass mir dies passiert? Tja willkommen in meinem Leben. Alles was ich nie wollte ist eingetroffen.

"Das sieht schmerzhaft aus.", meint Roman und legt eine Hand auf meinen Rücken, als wolle er mich stärken. Und tatsächlich, durch diese Berührung fühle ich mich besser, als wäre der Schmerz beinahe nicht da und als gäbe es nur ihn.

Ich höre die quietschenden Schuhe von Miss Tinder zu mir laufen. "Malia alles ok?", sie setzt ihren typischen Mitleidsblick auf, bei dem jeder weiß, dass es ihr nicht im geringsten leid tut was mir gerade passiert ist.

Ich sehe zu dem Jungen, der den Ball geworfen hat und funkle ihn böse an, während er nur weiterhin grinst.

"Miss Tinder? Ich kann Malia zur Schulärztin bringen.", meint Roman.

"Das wäre lieb.", Miss Tinder nickt, geht wieder auf ihre alte Position und pfeift das Spiel an.