Kapitel 19

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"Noch zwei Stunden", seufzte ich. Ich saß auf den Knien in dem weichen Sessel und spielte mit einer Haarsträhne, während Zan fast ununterbrochen redete. Von seiner Mutter, seiner Schule und seiner Katze.

Mittlerweile wusste ich, dass sein bester Freund Liam und seine Katze Sunny hieß und dass seine Mutter Vollzeit arbeitete und wenig Zeit hatte, aber er trotzdem fand, dass sie die tollste Mum war, die man sich nur wünschen konnte.

Im Gegenzug erzählte ich ihm von meiner Mutter, die niemanden besonders gut leiden konnte und mich immer zwang, Dinge zu tun, die ich gar nicht tun wollte, und von Maya und Mackenzie, den Kindern, mit denen ich eigentlich nichts zu tun hatte.

Zayn lachte unbekümmert und meinte nur, ich würde mich sicherlich später gut mit ihnen verstehen, wenn sie nicht mehr vier Jahre alt und höllisch nervig waren.

"Die beiden klingen doch eigentlich ganz niedlich", behauptete er und ich schüttelte heftig den Kopf und sah ihn entrüstet an.

"Die beiden Satansbraten und niedlich? Wie wagst du es, diese beiden Wörter überhaupt miteinander in Verbindung zu bringen?! Sie sind richtige Biester!"

Lachend zuckte er die Achseln und deutete dann auf das Fenster hinter ihm. "Draußen wird es erst in ein paar Stunden hell, doch der Himmel färbt sich jetzt schon lila. Eine weitere Sache, die man an Australien lieben muss."

"Na, das wird mir nicht viel helfen, wenn ich vier Tage lang meinen Vater und seine neue Familie ertragen muss", brummte ich, obwohl der violette Himmel wirklich eines der schönsten Dinge war, die ich seit Langem gesehen hatte.

Zayn durchbohrte mich mit seinem forschen Blick aus seinen dunklen Augen nahezu. "Es wird schon nicht so schlimm", beruhigte er mich, "Vier Tage sind doch fast gar nichts!"

Ich schwieg, wollte nicht darüber reden, wie schwer es mir fiel, den Gedanken an seine Verlobte und das neue Kind zu ertragen. Bestimmt hatte er sich wahnsinnig verändert, dafür war ich nicht bereit.

"Ich hoffe, er hat sich nicht allzu sehr verändert, das würde mich total treffen, irgendwie", murmelte ich, "Früher hat er mich immer Cas genannt und mir Zuckerwatte gekauft..."

"Wenn es nur das ist... Ich kann dich auch gerne Cas nennen. Und etwas Zuckerwatte kann ich mir gerade noch leisten", grinste er, sein echtes, breites Grinsen, mit der Zunge zwischen den Zähnen.

Statt einer Antwort verdrehte ich die Augen und studierte erneut die Anzeige auf dem Fernsehbildschirm. Noch eine Stunde und zweiundzwanzig Minuten. Das war fast gar nichts. Bald setzte ubser Flieger zur Landung an. Bald waren wir unten angekommen. Bald war Zayn für immer weg, nicht mehr so echt und greifbar.

Wieder sah ich Szenen vor meinem inneren Auge, in denen Zayn sich nervös meinen Eltern vorstellte, sich mit mir gemeinsam über den dicken John lustif machte, mir ein kleines Päckchen zu Weihnachten überreichte, mit mir Zuckerwatte essen ging.

Verstohlen musterte ich ihn aus dem Augenwinkel. Er sah wirklich umwerfend aus.

"Nur noch eine Stunde und zwanzig Minuten", sprach ich heiser und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.

Leise und langsam sagte er: "Ich möchte nur sehr sehr ungern landen."

Ich nickte verständnisvoll und tätschelte seinen Arm. "Ich weiß. Ich weiß."

Dann waren wir beide stiill und hingen unseren Gedanken nach. Er dachte vielleicht an seine großartige Freundin, ich dachte an das Kleid und meine Weihnachtsgeschenke und Dad. Er biss sich nachdenklich auf die Lippe und ich knabberte an meinen Fingernägeln.

Bald war das hier vorbei. Ganze zweiundzwanzig Stunden hatte ich mit diesem rätselhaften Jungen verbracht und er war mir mehr ans Herz gewachsen, als mir lieb war. Ich konnte mir gar nichts anderes mehr vorstellen außer mich und ihn an Bord eines Flugzeuges. Irgendwie würde ich ihn sehr vermissen.

Dabei wusste ich rein gar nichts über ihn, theoretisch, ich hatte keine Ahnung von den Dingen, die er mochte und die er nicht mochte, ich wusste nicht, wie seine Geschwister hießen, ich wusste nicht, wie oft er sich duschte oder ob er gerne Gemüse aß oder nicht. Und mir erschien das alles so unendlich wichtig. Wie konnte ich jemanden so gern haben, den ich überhaupt nicht kannte?

"Zayn", fragte ich still, "Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?"

"Oder soll ich noch einmal an dir vorbeigehen?", scherzte er und zog eine Augenbraue hoch. Ich verkniff mir das Lachen und sah ihn strafend an.

"Ist ja gut", entschuldigend hob er die Hände, "Natürlich glaube ich an Liebe auf den ersten Blick. Das ist zwar die mit Sicherheit oberflächlichste Form von Liebe, aber das ist doch Wahnsinn: Du siehst jemanden und ZACK ist es schon um dich geschehen. Warum denn nicht? Passiert sicherlich vielen Leuten. Vielleicht kommt man ins Gespräch, vielleicht auch nicht. Vielleicht findet man heraus, dass man dieselben Bands mag, vielleicht auch nicht. Das ist in dem Moment auch gar nicht wichtig. Du siehst jemanden und wechselst ein, zwei Worte mit demjenigen und schon bist du ihm - oder ihr - komplett verfallen. Natürlich glaube ich an so etwas."

Mein Herz schlug schnell, rasend schnell, viel zu schnell.

(Fun Fact: Schlaflosigkeit führt zu regelmäßigen Updates!! Ihr wisst schon, was zu tun ist ;)

23 Stunden - {zayn malik a.u.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt