Kapitel 23

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Zayns Bartstoppeln fühlten sich nicht rau und kratzig an, wie ich vermutet hatte, sondern weich und männlich und sie kitzelten mich an der Oberlippe. Nach einer gefühlten Ewigkeit löste er sich langsam, verwirrt dreinschauend, von mir. Meine Hände waren noch immer in seinem Nacken verschränkt und seine hielten meine Taille fest. Keiner von uns beiden bewegte sich. Eine Weile sahen wir uns einfach nur an, seine Augen funkelten karamellbraun. Meine Gedanken spielten verrückt. Das war zu viel. "Bitte lass mich jetzt nicht los, ich fürchte, ich muss gleich in Ohnmacht fallen", murmelte ich und zwang mich zu regelmäßigen Atemzügen.

Zayn nickte mit weit aufgerissenen Augen. "Das Gleiche gilt für mich." Dann grinste er und sah noch umwerfender aus als je zuvor. Richtig glücklich. Verlegen kaute ich auf meiner Lippe herum und starrte auf meine Schuhspitzen. Langsam ließ ich meine Arme sinken und wagte nicht, ihn anzusehen. 

"Das kam ... überraschend", stotterte ich und errötete. Dieses merkwürdige Gestammel zwischen uns war ungewohnt und neu... Aber es gefiel mir, irgendwie. Nervös kratzte sich Zayn am Hals und er wirkte mehr als ratlos. Wahrscheinlich wusste er selbst nicht so genau, was ihn dazu veranlasst hatte, mich zu küssen.

Er hatte mich geküsst!!

Schließlich konnte ich mein Lächeln nicht mehr verbergen, meine gesamte Gesichtsmuskulatur tat weh, während ich strahlte wie ein Honigkuchenpferd. "Es kam aber auch gar nicht so schlecht an... Könnte man ja bei Gelegenheit wiederholen", lächelte ich.

Aufgeregt warf er einen Blick auf sein Handy, um die Uhrzeit zu checken. "Ähm", machte er und hustete verhalten, "Ich. Muss. Ähm. Gehen." Er musste gehen? Langsam nickte ich und bemühte mich, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Natürlich musste er gehen. "Nimm es nicht persönlich, ich...", begann er und brach dann ab. Schnell zog er mich an sich und umarmte mich flüchtig. Dann drehte er sich um und ließ mich einfach stehen. Mitten in dem Gang, verwirrt und glücklich und traurig zugleich. 

Für einige Minuten starrte ich auf den Fleck, aus dem er gekommen war, doch natürlich geschah kein Wunder, in dem er auf magische Weise wieder auftauchte, mir seine Liebe gestand, mich heiratete und tausend Kinder mit mir zeugte. Er würde nicht mehr kommen. Dieser Kuss war sein Abschiedsgeschenk gewesen.

Langsam wandte auch ich mich zum Gehen und kämpfte mit den Tränen. Hinter meinen Augen juckte und brannte es höllisch und ich kniff meine Lider fest zusammen, um nicht zu weinen anzufangen. Mein absouter Traumjunge hatte mich soeben eisskalt abserviert und gleich würde ich auch noch die reizende neue Familie meines Vaters kennenlernen. Großartig.

Wie in Trance taumelte ich, meinen schweren Koffer hinter mir her ziehend, den Gang entlang, an den Geschäften vorbei, wo mich Leute fragend anblickten. Wahrscheinlich hatten sie alles beobachtet und jetzt tat ich ihnen leid. Gehässig schnitt ich ihnen eine Grimasse und ging hoch erhobenen Hauptes weiter. 

Kaum öffnete ich die Einganstür des Haupteingangs und kämpfte mit meinem Trolley, der einfach nicht mit mir gemeinsam hindurchpassne wollte, hörte ich, wie eine mir nur zu vertraute Stimme aufgeregt meinen Namen schrie. Ich wirbelte herum und starrte in das  lachende Gesicht meines Vaters. Er war allein. Sehr gut. "Cas!", schrie Dad und winkte mir aufgeregt zu. Dann kam er mir zu Hilfe und schob meinen Koffer durch die Tür, bevor er mich lange und innig umarmte. 

Nur ein kleines Stück größer als ich war er jetzt, seit unserem letzten Wiedersehen war ich wohl ziemlich gewachsen. 

Als er mich wieder los ließ, musterte er mich von oben bis unten und ich stellte fest, dass seine Augen verdächtig glänzte und er schneller blinzelte, um nicht zu weinen. "Meine Güte, Casey", ergriffen nahm er mich gleich noch einmal in den Arm und seine Hand rieb mir gleichmäßig über den Rücken, was eine beruhigende Auswirkng auf mich hatte. Irgendwie. Früher, als ich noch ein Kind war, hatte er das auch immer gemacht.

In dem Moment brach ich zusammen. Tränen liefen mir aus den Augenwinkeln, noch bevor ich überhaupt wusste, wie mir geschah, heulte ich schon wie ein kleines Baby. "Ich habe dich so vermisst, Daddy", schluchzte ich und vergrub mein Gesicht in seinem Ärmel. Und außerdem hat Zayn eine Freundin und wird mich niemals lieben und dann hat er mich geküsst und dann hat er mich stehengelassen.

"Ich dich erst, meine kleine Prinzessin", flüsterte er, "Aber könntest du eventuell ein wenig leiser weinen, die Leute gucken schon." Ich schniefte und rang mir ein schwaches Lächeln ab. Tief atmete ich ein und wieder aus.

"Können wir gehen, Cas?", wollte Dad wissen und streckte seine Hand nach meinem Trolley aus. Tapfer nickte ich und mein Vater wirkte erleichtert, als hätte er nciht erwartet, dass unser Wiedersehen derartig ausfallen würde. Mit Tränen und Sentimentalität und all sowas, was normalerweise nicht unser Ding war.

Es war erst halb Fünf am Morgen hier, und dennoch war es draußen angenehm warm. Verglichen mit dem Schneematsch in London war es das Paradies. Und wenn mich nicht alles täuschte, würde es gegen Elf Uhr am Vormittag richtig heiß werden. Dad schwieg und lotste mich zu seinem Wagen, einem kleinen Familienauto, was eine Spur zu niedlich war, als dass es zu ihm passte. Als er mit meiner Mutter zusammen war, hätte er nie so ein Auto gekauft. Er hätte im Vorbeifahren über den armen Mann gelacht, der im Besitz eines solchen Fahrzeugs war.

"Interessantes Auto", bemerkte ich und rümpfte die Nase.

Dad zuckte die Schultern, während er mein Gepäck im Kofferraum verstaute und mir die Tür für den Beifahrersitz aufhielt. "Es ist nicht mein Wagen, sondern Evies. Ich finde ihn auch ganz entsetzlich, aber sie fand ihn große Klasse, deshalb hat sie ihn damals gekauft", lachte er und stieg ebenfalls ein.

Evie. Mir tat es weh, wenn er so über sie sprach, über die neue Prinzessin in seinem Leben, seine große Liebe, die Mutter seines so lang ersehnten Sohnes. Ich konnte gar nicht anders, als eifersüchtig zu sein. Hinten auf der Rückbank stand eine dieser Schalen, in denen Babys normalerweise den ganzen Tag saßen und in ihre schwabbeligen Hände klatschten. Vermutlich war dieser John noch zu klein, um zu klatschen. Vermutlich machte er überhaupt nichts den lieben langen Tag.

Außer vielleicht hin und wieder alles vollzukotzen. Hier hing der penetrante Geruch nach Baby-Erbrochenem in der Luft, fand ich. Meine Vermutung wurde bestätigt, als Dad die Fenster hinunterließ und seufzte: "Johnny hat hier letztens alles vollgespeiht. Tut mir leid wegen dieses Geruchs."

Obwohl ich den Geruch irgendwie widerwärtig fand, behauptete ich, es würde mir nichts ausmachen und ich sei es ja von Maya und Mackenzie gewohnt. Dann herschte wieder diese betretene, unangenehme Stille zwischen uns, denn wir hatten uns seit Ewigkeiten nciht gesehen, geschwiege denn, miteinander gesprochen. Im Grunde waren wir uns völlig fremd. 

23 Stunden - {zayn malik a.u.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt