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Marks Sicht:

Der Raum füllte sich langsam und um Punkt 16:00 Uhr schloss die Sekretärin die Tür.
Im Zimmer befanden sich jetzt der Schulleiter, Leons Klassenlehrerin, Lauras und Emicas Klassenlehrerin, der Vertrauenslehrer und ich.

In den nächsten Minuten unterhielten wir uns über Leon und die Prügelei.
Das Gespräch lief gut und ich hoffte auf einen Schulverweis für ihn.

Die anderen waren aber relativ unentschlossen und es bedurfte einer ausführlichen Schilderung der Situation in der Cafeteria, um ihnen vor Augen zu führen, dass die Prügelei kein Einzelfall gewesen war, sondern Leon ein aggressiver Junge war, der keine weitere Chance an unserer Schule verdiente.

Mich plagte ein schlechtes Gewissen, dass ich hauptsächlich deshalb so leidenschaftlich gegen ihn argumentierte, weil ich Angst um Emica hatte, doch es funktionierte und gegen 17:00 Uhr waren alle ziemlich überzeugt.

Plötzlich öffnete sich die Tür und Steven kam herein.
Verblüfft starrte ich ihn an und auch die anderen wunderten sich über sein schlechtes Benehmen, doch er begann einfach unbeirrt mit seinem Vortrag.

"Verzeihen Sie die Störung, aber ich fühle mich in der Verantwortung einen Beitrag zu dieser Sitzung zu leisten. Ich habe den betreffenden Schüler schon einmal unterrichtet. An seiner alten Schule war er stets ein sozialer und auffällig freundlicher Schüler.

Ich kann mir vorstellen, dass der Umzug ihn erschüttert hat und er es gerade schwer hat. Ich bitte Sie alle, nicht voreilig über ihn zu urteilen, sondern ihm die Möglichkeit zu geben, sich für sein Verhalten zu entschuldigen.

Ich bin mir sicher, dass er diese Chance verdient hat."

Ich war völlig entsetzt. Steven war mir total in den Rücken gefallen und es fiel mir keine Erklärung dafür ein.

Der Rest der Anwesenden nickte überzeugt und ehe ich realisierte, was gerade passierte, war beschlossen, Leon nicht von der Schule zu verweisen und die Versammlung wurde geschlossen.

Steven verschwand sofort, doch ich rannte ihm nach.
Auf dem Parkplatz holte ich ihn ein.

"Sag mal was war das denn gerade?", schrie ich ihn an.

"Es wäre einfach falsch, ihn so hart zu bestrafen."

"Geht's noch? Er hat mit einem jüngeren Schüler zusammen zwei Mädchen verprügelt und eine Lehrkraft angegriffen!
Hinzu kommt, dass er dich schon früher genervt hat und ich dein bester Freund bin!"

Ich bekam keine Antwort, denn Steven stieg einfach in sein Auto.

Ich riss wutentbrannt die Beifahrertür auf und brüllte: "Was ist los mit dir?"

Er stieß mich mit einem Tritt weg, knallte die Tür zu und rauschte davon.

Ich stand fassungslos auf dem Parkplatz und es begann zu regnen. Ich rief Emica an, da ich ihr versprochen hatte, sie sofort über den Ausgang der Sitzung zu informieren.

"Hey!"

"Ich hab leider schlechte Nachrichten. Leon bleibt."

"Oh. Und Ole?"

"Über den wurde gar nicht gesprochen, aber ich schätze er kommt mit einer Missbilligung davon."

Sie seufzte.

"Kann ich zu dir kommen?", fragte ich.

"Klar gerne, aber normalerweise bist du doch abends gerne bei deinem Mitbewohner."

"Schon, aber der nervt mich gerade. Ich hab keinen Bock drauf, ihn zu sehen."

Etwas später kletterte ich durchs Fenster in ihr Zimmer und hing meine nasse Jacke über die Heizung.
Sie saß auf dem Bett und zog mich zu sich. Sie strich mir durch die nassen Haare und ich küsste sie.

"Versprich mir, dass du dich von Leon fern hältst!", flüstere ich an ihren Lippen und sie nickte.

"Versprich du mir, dass du deinen Mitbewohner einfach rauswirfst und mich einziehen lässt."

Es war nur ein Witz von ihr und trotzdem wollte ich gerade wirklich nichts lieber tun, als jeden Tag nach der Arbeit von Emica im Bett erwartet zu werden.

So sehr ~ A long way to love                                      Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt