Meine erwartete Standpauke kam, als ich keine zehn Minuten später in Elara Freys Büro zitiert wurde. Die Direktorin saß mit wütend funkelnden Augen hinter ihrem Schreibtisch und ich schluckte. Die Tür schlug hinter mir mit einem lauten Knall ins Schloss. Das elektrische Kribbeln auf meiner Haut war so stark, wie noch nie und ich hatte das Gefühl, ihre Haare würden von einem unsichtbaren Wind getragen.
Verdammt. Sie musste wirklich wütend sein, wenn sie sich so wenig unter Kontrolle hatte.
Ich versuchte gar nicht erst, ein unschuldiges Lächeln aufzusetzen, denn die Direktorin starrte mich nur aus ihren leuchtend grünen Augen zornig an, ohne mit der Wimper zu zucken. In ihren schönen Kleidern sah sie jedes Mal aufs Neue machtvoll aus. Heute war es violett, aber etwas war anders. Auch der kleinste Funken Freundlichkeit war aus ihrem Blick verschwunden und langsam bekam ich es wirklich mit der Angst zu tun.
„Weißt du eigentlich, was du getan hast?", fragte sie. Ihre Stimme war fast nur ein Flüstern. Doch mit jedem Wort stieg die Lautstärke an. „Hast du eine Ahnung, was du gerade angerichtet hast? Ich habe dir ausdrücklich erklärt, dass das Anwenden von Magie gegenüber einem anderen Schüler verboten ist! Aber was tust du? Du setzt sie gleich mitten im Speisessaal, vor allen anderen Schülern ein und als wäre das nicht genug, greifst du auch noch Ashley Hampton an! Die Tochter des AFE – Leiters! Ich sollte dich von der Schule verweisen, wegen Verstoßes gegen die Regeln und gnadenloser Dummheit!"
Mir wurde kalt. Von der Schule verweisen? Mrs. Frey musste wirklich Angst vor diesem Mr. Hampton haben, wenn sie mich deswegen von der Schule schmeißen wollte. Dabei hatte sie ja erst mit aller Macht versucht, mich hierher zu kriegen. Sicher, es war nicht von Vorteil gewesen Ashley anzugreifen, aber sie war diejenige, die mich und die halbe Schule fertigmachte. Trotzdem wurde ich immer kleinlauter.
„Ashley ist ein Biest. Sie hat es nicht anders verdient." Ich merkte selbst, dass mein Einwand nur halbherzig über meine Lippen kam. Direktorin Frey funkelte mich immer noch an.
„Das gibt dir trotzdem nicht das Recht, Selbstjustiz zu üben. Wir haben an dieser Akademie Pflichten und Regeln. Halte dich daran oder du du musst mit den Konsequenzen leben! Rache ist keine Lösung! Und für bockige Mädchen, die glauben, sie ständen über dem Gesetz, haben wir auch keinen Platz." Sie klang nun deutlich beherrschter. Anscheinend hatte ich das Schlimmste überstanden.
„Es tut mir leid", murmelte ich, obwohl ich nicht akzeptieren wollte, alleine Schuld an der Sache zu tragen. Schließlich hatte Ashley angefangen.
Sie sah mich eine Weile schweigend an. Ihr musste ja wohl klar sein, dass ich nirgendwo hin konnte, sollte sie das wirklich durchziehen. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und die Sekunden zogen sich wie Kaugummi in die Länge. Das Kribbeln auf meiner Haut hatte nachgelassen und jetzt erst merkte ich, in was für einem Sturm ich mich befunden hatte.
„Das werde ich nicht, aber du solltest das nächste Mal zweimal überlegen, was du tust, denn glaube mir: Ich werde dich im Auge behalten."
Daran hegte ich keinen Zweifel.
„Gut, du kannst gehen."
Schnell murmelte ich noch eine Entschuldigung und begab mich geknickt zur Tür, doch die Direktorin rief mich noch einmal zurück.
„Darf ich fragen, wieso du Ashley Hampton angegriffen hast?"
Ich hielt inne und zögerte. Sie schien mein Unbehagen zu bemerken.
„Ashley hält sich für eine Göttin und schikaniert mehr Schüler als nur dich. Das ist mir schon länger zu Ohren gekommen, aber ich glaube nicht, dass es ausreicht, um dich aus der Reserve zu locken. Denn du bist vom Charakter genau wie deine Mutter. Ruhig und beherrscht. Also, was ist passiert?"
Verblüfft von ihren Worten drehte ich mich um.
„Sie hat meinen Dad als Raven Dragonis rechte Hand bezeichnet." Sofort verdunkelte sich Elara Freys Blick, und ich fragte mich, ob es richtig gewesen war, ihr das zu sagen.
„Hören Sie, ich kenne meinen Vater nicht und würde schon gerne wissen, ..."
„ ... ob er zu den Gorgonen gehört hat und Ravens engster Vertrauter gewesen ist", beendete die Direktorin meinen Satz und ich nickte.
Sie schwieg eine Zeit lang, während ich an der Tür stand und sie beobachtete. Die Gefühle kämpften in ihrem Gesicht miteinander und ich wagte nicht zu atmen.
„Soweit ich weiß, war dein Vater ein guter Mensch", begann sie schließlich und schien Mühe zu haben, die Worte überhaupt auszusprechen. „Ob er Raven Dragoni angehörte, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Frag deine Mutter. Sie sollte es besser wissen." Ich hatte den bitteren Ton in ihrer Stimme nicht überhört, als sie von meiner Mum sprach und Mitgefühl stieg in mir auf.
„Eins noch", meinte sie. „Leg dich auf keinen Fall mit der AFE an und hüte dich vor Blake Hampton. Ein Mensch, der so viel Macht besitzt wie er, kommt schnell in Versuchung, sie auszunutzen. Also reiz ihn nicht."
Das würde ich mir merken. Dann gab Mrs. Frey mir mit einer Handbewegung zu verstehen, dass unser Gespräch beendet war und ich verließ mit noch mehr Fragen das Büro. Elara Freys Warnung über Blake Hampton wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen und ich fragte mich, ob er heute auch zum Fest eingeladen worden war. Ich würde es schon herausfinden.
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Academy for Elementarys 1 - Verborgene Kräfte
Fantasy》„Hannah Windemear." Ich zuckte zusammen. Noch nie hatte sich mein Name so angehört, als würde ich mit Eiswasser übergossen werden.《 Nun ja, ich hatte auch noch nie jemandem mit Magie fast meine Tasche ins Gesicht geschleudert. Abgesehen davon, dass...