Kapitel 49 - Furchtbare Neuigkeiten

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„Mrs. Windemear?" Die Stimme des Arztes klang fragend, als er meine Mum und mich am nächsten Tag vor dem Mittagessen im Flur aufhielt.

„Ja?"

„Ich muss unbedingt mit Ihnen reden. Es geht um die Direktorin. Unter vier Augen."

Ich erkannte die Dringlichkeit in seinem Tonfall, wollte mich aber nicht abwimmeln lassen. Schließlich gehörte ich ebenso zur Familie und Elaras Zustand war schlimm. Ihr Unterricht wurde ein Albtraum und das musste sogar ich sagen. Keiner wagte auch nur einen falschen Atemzug zu tun, in der Angst, er könnte ihre Wut auf sich ziehen. Jede ihrer bedrohlich, frostigen Ausbrüche ertrug ich schweigend. Selbst, als sie mich angefahren hatte. Will, Ethan und Mara waren fassungslos über ihr Verhalten, doch ich konnte nur resigniert seufzen. Diese eine Unterrichtsstunde reichte mir vollkommen und jede Neuigkeit war mir willkommen.

Meine Mum sah mich an und ich schüttelte kaum merklich den Kopf.

„Meine Tochter bleibt."

„Auch gut. Kommen Sie." Wir folgten dem Arzt durch den Flur zum Krankenflügel und dort in ein kleines Büro.

„Setzen Sie sich." Er deutete auf zwei Stühle und ließ sich selbst auf einen sinken, bevor er ein Blatt Papier zur Hand nahm.

„Ich weiß, dass Sie Mrs. Frey nahestehen und da es keine weiteren Angehörigen gibt – den Wächter mal außen vor gelassen – wende ich mich an Sie. Ich werde mich kurz fassen. Aber zuvor eine Frage ... Wollte Ihre Freundin dieses Kind? Wollte sie es wirklich?"

Ich runzelte verwirrt die Stirn. Was sollte diese Frage? Natürlich wollte Elara das Kind. Ich hatte das Strahlen in ihren Augen gesehen, die Zärtlichkeit, mit der sie darüber gesprochen hatte.

Auch meine Mutter schien so zu denken und ihre Antwort fiel ruppiger aus, als sie es wahrscheinlich beabsichtigt hatte.

„Ja, sie wollte es. Was wollen Sie damit andeuten? Glauben Sie, die Fehlgeburt wurde absichtlich herbeigeführt? Von Elara?"

„Sie wollte es also. Das macht die Angelegenheit leider deutlich schwieriger."

„Würden Sie bitte Klartext reden", forderte meine Mum den Arzt auf und ich lehnte mich ein Stück nach vorne.

„Natürlich. Verzeihung." Er reichte meiner Mutter das Dokument. „Ich habe Bluttests gemacht. Rein aus Routine. Dabei ist mir jedoch etwas aufgefallen. Im Blut von Mrs. Frey befand sich eine hohe Konzentration an Cytotec. Eine zu hohe Konzentration."

„Was ist das?", wollte ich wissen, während meine Mutter mit gerunzelter Stirn das Blatt Papier studierte.

„Cytotec ist ein Mittel, das manchmal bei medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen eingesetzt wird. Es führt zu fast wehenartigen Bauchkrämpfen und kann sehr starke Blutungen auslösen. Diese zwei Punkte treffen genau auf Mrs. Frey zu, waren aber noch eine Spur heftiger, da sie bereits – laut dem Wächter – schon fast im dritten Monat war, das Medikament aber nur bis Tag 49 empfohlen wird."

„Aber wie ist das Zeug in ihren Körper gekommen?", fragte meine Mum, während ich fieberhaft nachdachte.

„Deswegen wollte ich zuerst mit Ihnen sprechen. Ich hatte gehofft, Sie wüssten vielleicht, ob die Direktorin in letzter Zeit Tabletten genommen hat."

Entschieden schüttelte meine Mutter den Kopf. Dann wurde es still im Zimmer.

In meinem Kopf ratterte es.

„Wie lange dauert es, bis es wirkt?", wollte ich wissen.

„Bei normaler Einnahme gut drei Stunden."

Academy for Elementarys 1 - Verborgene KräfteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt