Als Igro elf Jahre alt war, bekam er einen Brief. Die Skola Magika von Eudesser hatten davon gehört, dass die angesehene Kaufmannsfamilie Wastjef ein Kind mit ausgeprägten magischen Fähigkeiten hatte, und luden den Kleinen recht herzlich zu sich ein. Seine Eltern waren in letzter Zeit ein wenig in Zahlungsschwierigkeiten, deshalb waren sie recht herzlich damit einverstanden, dieses kleine nervige Bündel an erheblichen finanziellen Ausgaben loszuwerden.
Am Unterricht der Skola Magika war dann aber nichts mehr besonders herzlich. Die Lehrer griffen nur allzu gern zum Rohrstock, wenn die Kleinen die Formeln nicht richtig aufsagten, und da es eine Zauberschule war, sprühten aus dem Rohrstock fiese heiße Funken, die die Schuluniform (und die Haut) versengten. Trotzdem fand Igro ein paar Freunde, lebte sich ein, und sogar mit einigen Lehrern kam er am Ende ganz gut zurecht. Er hatte schon immer ein recht einnehmendes Wesen gehabt.
Mit zwanzig Jahren verließ Igro die Schule. Er hatte einen guten Abschluss, aber er hatte keine Ahnung, was er nun mit seinem Leben anstellen sollte. Die Lehrer der Skola hatten bei all ihrer Begeisterung für funkensprühende Stöcke nicht viel Zeit für Berufsberatung gehabt.
Also nahm Igro eine langweilige Arbeit in der Verwaltung der Stadt an. Seine magischen Fähigkeiten wurden kaum gebraucht und verkümmerten. Doch da er fast allen Leuten so ungeheuer sympathisch war, bot man ihm nach einiger Zeit ganz plötzlich und unerwartet einen Platz im Rat der Flaschen an. Igro war überrascht und fühlte sich geehrt. Jedenfalls sagte er das, bevor er das Angebot ablehnte. Vor so vielen Leuten zu sprechen, war ihm unangenehm. Außerdem war ihm längst klar, dass der Rat der Flaschen kaum wirkliche Macht hatte. Seine Aufgabe sollte vermutlich sein, die Entscheidungen des Königs und seiner engsten Berater zu verkünden, damit sie beim Volk möglichst gut ankamen.
Einige Zeit später wurde er in den inneren Palast gerufen. Mehrere Wachen führten ihn dorthin, und er war schon besorgt, dass er wegen seiner Ablehnung Ärger bekommen, vielleicht sogar im Verlies landen würde. Dann aber war er nur noch verblüfft, denn man führte ihn geradewegs in den höchsten Turm, ins Audienzzimmer des Königs. Ein grimmiger Mann mit kleinen grauen Haarstähnchen am Kopf saß dort in einem pompösen Sessel und sah ihn neugierig an.
„Majestät.", stammelte Igro.
„Ah, Meister Wastjef. Wir sind erfreut, Ihn zu sehen. Setze Er sich."
„Wer?"
„Er!" Der König zeigte auf ihn.
„Ich?"
„Bestimmt nicht der Palastwächter da drüben, du Idiot!"
Na toll, dachte Igro. Ein paar Sekunden beim König und schon wurde er angeschnauzt. Das lief wohl ohne Zweifel aufs Verlies hinaus.
Der König fing sich wieder.
„Wir haben von Seinen überragenden Fähigkeiten im Bereich der Magie gehört."
„Majestät, Ihr ehrt mich."
„Ach was! Ist mir gar nicht aufgefallen, du Blitzmerker!", schnauzte der König wieder wütend.
„Entschuldigung, ich wollte nicht..."
„Klappe! So." Der König atmete tief ein uns sprach langsam und betont weiter. „Wir haben von Seinen überragenden Fähigkeiten nicht nur in der Verwaltung und im Bereich der magischen Künste, in denen Er bekanntermaßen ausgebildet wurde, sondern auch besonders im zwischenmenschlichen Bereich gehört. Wir haben ebenfalls zu Unserem großen Bedauern gehört, dass Er offenbar, selbst wenn ihn wichtige Personen der Stadt darum ersuchen, den Titel eines Mitglieds in meinem Rat offenbar für unter Seiner Würde hält."
„Majestät, ich wollte nicht..."
„Fresse! Doch Wir haben dich, ich meine Ihn, äh... Wir meinen: Wir meinen Ihn, also... wo war ich? Ach, Scheiß drauf. Ich möchte dir einen anderen Posten anbieten."
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Horst Meier und die Stange des Schreckens
FantasyHorst lebt ein friedliches Leben in den Diensten des Stufenimperiums und koordiniert Flugpläne für Drachen. Aber weil es ziemlich langweilig wäre, nur über so ein friedliches Leben zu schreiben, gelangt Horst eines Tages zufällig an ein Buch, das sä...