Wohin man sich wenden muss, damit die Handlung einen ganz neuen Impuls bekommt (1/6)
Ein halbes Bataillon der imperialen Armee war fünf Kilometer von seinem Lager aus quer durch Utanfeste bis zu Horsts Haus gestapft, um sich dort taktisch klug um das eiserne Gebäude zu positionieren. General Klodom war ein gerissener Kriegsherr. Seine Truppe war bestens vorbereitet für den Fall, dass der verräterische Verschwörer Horst Meier versuchen sollte, sich mit magischen Waffen freizukämpfen (deshalb hatten sie ebenfalls ein paar magische Sprengkörper), durch einen unterirdischen Tunnel zu fliehen (dafür hatten sie ein paar extraschnelle Zwerge, die normalerweise in der Mine arbeiteten und sich in null Komma nix zu ihm durchgraben würden), mit einem Drachen zu fliehen, den er im Keller versteckt hatte (für den Fall gab es eine Ladung Drachenpfeile für jeden) oder nach dem „Der Schlange den Kopf abschlagen"-Prinzip den General persönlich zu töten (dafür hatte er seine dickste Eisenrüstung an, an der selbst ein Drache mehrere Minuten herumgekaut hätte). Auch für den Fall, dass er sich sofort ergeben würde, hatten sie alles geplant: Die einfachste Route zum nächsten Verlies wussten alle.
Dagegen hatten sie nicht den Fall eingeplant, dass Horst ihnen die Tür aufreißen und das halbe Bataillon verdattert anstarren und gar nichts machen würde, weil er mit dessen Ankunft nun nicht direkt gerechnet hatte.
„Nein, nein.", stotterte Horst.
„Wie bitte?"
„Nein. Ich war das nicht. Wer sagt denn das?"
„Wir haben einen schriftlichen Hinweis bekommen, der vermutlich aus ihrer nächsten Umgebung stammt. Anonym."
„Äh?"
„Laut dieser Information waren sie die letzten drei Tage in Distreal 11,5, wo sie sich an einem Umsturzversuch einer weitgehend unbekannten Gruppe namens Antidrakonistischer Widerstand beteiligt und dabei einen Diener des Imperiums getötet haben. Ist das soweit richtig?"
„Äääh..."
„Nach diesen Beschuldigungen habe ich den Stationsmeister aufgesucht. Er hat sich bereiterklärt, mich zu begleiten."
Meister Mellrich war auch hier? Ach, ja, dem musste er ja noch erklären, warum sie und der Drache in so einem Zustand angekommen waren... hm, jetzt wars wohl zu spät. Aber heute wollte er das doch echt noch machen!
Da stand er ja, ein Stück hinter Klodom. Meister Mellrich war ein Halblig, also noch kleiner als der Zwergengeneral. Er wirkte recht entspannt. (Halblinge haben extrem haarige Füße voller Hornhaut, dass sie auf Schuhe verzichten können. Meistens jedenfalls. In der Umgebung der Station ließen aber unachtsame Reisende oft Glasflaschen oder deren zersplitterte Überreste auf dem Boden zurück. Diese Unachtsamkeit hing oft direkt mit dem Inhalt der Glasflaschen zusammen, den die Reisenden zuvor zu sich genommen hatten, um ihre Flugangst zu mindern oder einfach so, weil sie Bock hatten. Für einen Halbling sind solche Splitter, schlimmstenfalls auch noch im Gras versteckt, eine unglaubliche Grausamkeit. Schon lange hatte sich Mellrich daher einen charakteristischen, nervösen, vorsichtig schleichenden Gang angewöhnt, damit seine schönen Füße heil zu Hause ankamen. Da war ein gepflegter Boden wie der vor Horsts Haus sicher mal eine nette Abwechslung.)
„Meister Mellrich hat uns verraten, dass Sie während der letzten Tage unangemeldet und plötzlich zur höheren Stufe aufgebrochen sind und der Drache nach ihrer Rückkehr den Eindruck machte, er sei in ein Gefecht verwickelt worden. Damit haben wir also eine Bestätigung für den anonymen Hinweis. Sie sind ein Verräter der Imperialen Ordnung."
Mellrich guckte mitleidig. Sein Blick sagte: Sorry, tut mir ja echt leid für dich, Kollege, aber Verräter der Imperialen Ordnung geht nun mal echt gar nicht. Obwohl, vielleicht war das auch zu viel hineininterpretiert, vielleicht sagte er auch einfach nur: Toll, gar keine Glassplitter! Warum kann ich nicht auch so weit weg von der Station wohnen?
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Horst Meier und die Stange des Schreckens
FantasiaHorst lebt ein friedliches Leben in den Diensten des Stufenimperiums und koordiniert Flugpläne für Drachen. Aber weil es ziemlich langweilig wäre, nur über so ein friedliches Leben zu schreiben, gelangt Horst eines Tages zufällig an ein Buch, das sä...