22. Kapitel

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Mit einem Lächeln auf den Lippen beschließe ich einen Spaziergang am Strand zu machen. Ein paar meiner Mitschüler liegen im Sand, spielen Volleyball, aber niemand ist im Meer. Verträumt gehe ich an ihnen vorbei und laufe in die Richtung, wo die Felsen stehen. Ich lasse die vergangenen zwei Stunden nochmal wie einen Film vor meinem inneren Auge abspielen.

'Du bedeutest mir mehr, als es den Anschein macht.'
'Ich hab mich auch in dich verliebt'

Es ist nicht so, dass ich daran zweifle. Dafür bin ich viel zu verknallt und blind. Diese Klassenfahrt ist zu unwirklich, als dass er sich wirklich in mich verliebt hat. Aber was, wenn es doch so ist? Was, wenn unser Kuss am ersten Abend etwas in ihm entfacht hat? So etwas kann man nicht vortäuschen. Davon bin ich überzeugt.

Allerdings war ich auch davon überzeugt, dass mein MP3 Player nicht aus dem Bus fallen würde. Und was ist passiert?

"Harry!" Ich drehe mich um. Ellie? Was will Ellie denn und warum lächelt sie? "Hey, wow! Deine Haare!" Ich fasse mir auf den Kopf. Stimmt, kein Gel. "Hast du heute Abend Zeit?" Ich hebe beide Augenbrauen. "Ich schätze schon. Meine zweitausend Freunde haben sicher alle schon etwas vor." Kichernd legt sie ihren Arm um meine Schulter. "Oh Harry", lacht sie, "du bist so witzig!" Ich beobachte sie nur, was eine falsche Ziege. "Wir gucken heute Abend einen Film, du musst unbedingt mit gucken! Louis wird auch dabei sein." Ich lege den Kopf schräg und sehe sie von der Seite an. "Wer wird noch da sein?" "Daylson, Nico, Alex, ich und Louis. Bitte, du musst kommen.", betont sie und beißt sich auf die Lippe. "Na schön, was gucken wir denn?" Sie zieht ihren Arm weg. "Das ist eine Überraschung!", ruft sie und läuft dann zurück zu den anderen Mädchen. Ich habe irgendwie ein ungutes Gefühl bei der Sache. Warum hat Louis mich nicht gefragt? Will er mich nicht dabei haben? Ich meine, nach heute morgen ...

Am Nachmittag komme ich zurück. Ich höre Felix aus unserem Zimmer fluchen und vor Schmerz stöhnen. Sofort platze ich ins Zimmer. "Felix, was-" Ich stolpere zurück und schlage die Hand vor den Mund. "Was zum Teufel ist mit dir passiert?!", frage ich und laufe rüber zu ihm. Sein Auge ist angeschwollen, seine Lippe lag aufgeplatzt, er sieht furchtbar aus. Mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen, als ich es mir genauer ansehe. Aber er schubst mich grob weg. Ich falle, zum Glück, auf mein Bett. Ich verstehe nichts mehr. "Halt dich einfach fern von mir, okay?!", brüllt er. Sofort beginnen meine Augen zu brennen und ich hebe meine Hände abwehrend. "Felix, ich-" "Raus! Verschwinde einfach! Such dir ein anderes Zimmer!" Wutentbrannt öffnet er den Kleiderschrank und wirft meine Klamotten aus dem Zimmer. Sofort laufe ich raus und sammle alles ein. "Felix, bitte, beruhig dich, was ist denn los?! Ich hab doch gar nichts gemacht!", sage ich verzweifelt, aber dann beginne ich zu weinen und sinke in mitten meiner Klamotten zu Boden. Felix hält inne. Er steht in der Tür, die Hände zu Fäusten geballt. Seine Atmung kommt stoßweise. "Ich will das nicht, aber du machst nur Probleme. Ich hatte dir einen guten Rat gegeben. Jetzt leb mit den Konsequenzen, aber ohne mich." Die Tür knallt so laut, dass mir noch mehr Tränen über die Wange laufen. Louis kommt auf den Flur. Ohne groß zu fragen hilft er mir hoch, nimmt meine wenigen Sachen und zieht mich schnell in sein Zimmer. Ich rutsche an der geschlossenen Tür hinab und vergrabe mein Gesucht in den Händen.

Louis lässt mich. Er sitzt auf dem Stuhl auf der anderen Seite des Zimmers und starrt auf mich hinab. Er fragt nicht nach, was passiert ist, tröstet mich nicht, ist nicht bei mir, sondern auf der anderen Seite des Zimmers. So verweilen wir für eine ganz schön lange Zeit. Ich weine, Louis schweigt.

Irgendwann steht er auf und reicht mir eine Packung Taschentücher. Ich trockne meine Wangen und stehe auf. "Ich verstehe es nicht.", schluchze ich, aber er schweigt noch immer.

Und als könnte es unpassender nicht sein, klopft jemand an die Tür. Louis schließt erneut kurz die Augen und schiebt mich bei Seite. Dann öffnet er sie und ein Mann mittleren Alters stürmt herein. Ich springe zur Seite, als ich sehe, dass sein Gesicht wutverzerrt ist. "Ich kann nicht glauben, dass du unten warst. Was habe ich dir gesagt?!" "Es war doch nur einmal." "Wir hatten vereinbart, dass du gar nicht runter gehst! Und eure Lehrerin hat es doch sicher auch deutlich gemacht! Morgen kommen die neuen Gäste, die dafür Geld bezahlen. Jetzt muss unten nochmal sauber gemacht werden! Warum kannst du nicht einmal auf das hören, was man dir sagt, Louis. Nur einmal?"

Ich bin wie eingefroren. Was passiert ihr gerade?

Louis fährt sich aufgebracht durch die Haare. "Es tut mir leid. Und jetzt verschwinde." Der Mann und ich schnappen gleichzeitig nach Luft. "Louis!", sage ich, noch bevor der Mann es sagen kann. "Halt dich daraus.", knurrt Louis und starrt den Mann vor sich an. Wow, die Spannung im Zimmer ist enorm.
Der Mann starrt Louis immer noch total verärgert an. Ich frage mich wie alt er ist. Ende 40? Er trägt einen Anzug und ein Namensschild, aber ich stehe zu weit weg, um es lesen zu können. "Darüber reden wir nochmal." Und mit diesen Worten stürmt er auch schon wieder hinaus.

Atemlos lasse ich mich auf's Bett sinken, aber Louis tritt gegen das Regal. Ich zucke zusammen. Ich traue mich nicht zu reden. Ich habe Angst vor ihm.

Highschool SMUT × Larry {COMPLETE}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt