Kapitel 13

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"Caprice? Bist du schon zu Hause?", rief ich durch unsere Wohnung, als ich die Tür aufgeschlossen hatte und meine Jacke im Flur an den Haken hing. "Cape?"

"Ja, mensch, ich bin ja schon bei dir.", total aus der Puste kam meine Freundin angelaufen und stoppte kurz vor mir. "Was ist denn los?"

"Nichts, ich brauche jetzt glaube ich einfach mal einen Abend, den ich faulenzend mit meiner Freundin vor dem Fernseher verbringe.", lächelte ich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.

Der Abend im [i]Cabana[/i] war mittlerweile zwei Wochen her. Zwei Wochen waren vergangen, in denen nichts anderes passierte, als das Training, das von morgens bis abends auf dem Tagesplan stand. In der Uni standen gerade Semesterferien an, weswegen ich mich voll und ganz auf das bevorstehende Vortanzen konzentrieren konnte. Von Bill hatte ich in der Zeit auch nichts gehört. Zwar hatte Cape mir das ein oder andere Mal ans Herz gelegt, dass ich bei ihm im Park auftauchen und wenigstens sagen sollte, dass ich im Moment keinen Kopf für etwas Anderes, als das Vortanzen hatte, jedoch endete es jedes Mal mit einem Kopfschütteln meinerseits. Gerade wegen Bill tanzte ich doch so viel und steigerte mich in das Training. Ich wollte einfach nicht daran denken, dass es da noch etwas gab, was mir eigentlich zugegebenermaßen wirklich am Herzen lag. Und gerade das es mir am Herzen lag...das wollte ich keinem zeigen; nicht einmal mir selber. Vor allem nach dem Abend in der Bar nicht. Es war so seltsam, dass ich nach dem Gespräch mit Carlos nicht mal mehr unter Kontrolle hatte, zu lächeln oder eben nicht. Jedes Mal, wenn ich Bill ansah, zuckten meine Mundwinkel und schon verzogen sich meine Lippen zu einem Lächeln. Es war so seltsam, denn eigentlich wollte ich das gar nicht. Ich wusste nicht, was in mir vorging; wusste einfach nur, dass ich alles tun würde, um mich gegen alles zu wehren und mich von eben diesem Jungen abzulenken.

"Na los, ich mache die Popcorn und du holst die Cola aus dem Kiosk unten?", grinste Cape mich wie ein Honigkuchenpferd an und war schon auf dem Sprung in die Küche. Popcorn und Cola? Naserümpfend ging ich hinter ihr her und lehnte mich über die kleine Theke.

"Ich wäre für Wasser und eine Banane.", nuschelte ich und griff nach eben jenem vor mir in der Obstschale.

"Was bitte?", lachte meine beste Freundin mich von der Küchenzeile her an und war schon dabei das Popcorn in Gang zu schmeißen.

"Ich habe bald das Vortanzen und da will ich vorher nicht noch in die Breite gehen, sondern vielleicht noch den ein oder anderen Kilo abnehmen.", erklärte ich ihr, wofür ich gleich den Blick einfing, den ich erwartet hatte.

"Du spinnst, Claire. Weißt du was? Langsam weiß ich wirklich nicht mehr, was ich mit dir anstellen soll. Du hast schon deine fünf Kilo abgenommen-"

"Das sind keine fünf Kilo!", unterbrach ich sie.

"So siehst du mittlerweile aber aus. Meinst du nicht, dass die ein Mädchen sehen wollen, dass sich länger als eine halbe Stunde auf den Beinen halten kann ohne zusammenzubrechen? Du hast doch bald überhaupt gar keine Kondition und Kraft mehr.", redete sie sich in rage.

"Übertreib jetzt mal nicht. Das hört sich ja schon an, als wäre ich mitten oder kurz vor der Magersucht. Bleib mal auf dem Boden. Ich versuche einzig und allein meine Ernährung umzustellen und die ein oder andere Kurve an der Hüfte zu begleichen.", stieß ich empört aus und schüttelte nachdenklich den Kopf. Wo meine Gedanken wieder einmal waren? Das konnte sich doch jeder denken.

"Aber jetzt lass uns bitte einen Abend vor dem Fernseher verbringen. Ob mit Popcorn und Cola oder nicht. Die Hauptsache ist doch, dass wir zusammen sind und mal wieder einen schicken Mädelsabend machen.", wollte ich mich so schnell wie möglich von aufkommenden Gedankengängen ablenken und verabschieden, was mir wieder einmal mehr schlecht als recht gelang. Natürlich konnte ich nicht mit dem Finger schnipsen und jeglicher Gedanke war aus meinem Kopf verschwunden. Schließlich war ich auch nur ein Mensch und machte mir - in dem Falle leider - Gedanken um Menschen und Situationen.

Warum ich nach dem Abend im [i]Cabana[/i] trotz meines Lächelns solch negative Einstellung zu dem berühmt berüchtigten Thema Kaulitz hatte, war ganz einfach zu erklären: Ich hatte das Vortanzen vor mir und wollte mir weiß Gott nicht noch mehr Probleme an den Hals schaffen, die mich womöglich komplett aus dem Konzept bringen würden. Ich hatte nur diese eine Chance und die musste ich nutzen; die ließ ich mir von niemandem kaputtmachen.

"Können wir ja auch gerne machen, aber trotzdem könnte ich mich über deine Komplexe, du habe Kurven an den Hüften, die da nicht hingehören, aufregen. Du weißt ganz genau, dass das nicht stimmt und ich will es einfach vermeiden, dass dir irgendwer einen Floh in dein Ohr setzt und du dich unglücklich machst.", mit sorgenvoller Miene sah meine beste Freundin mich an und kam um die Theke herumgelaufen, um einen Arm um mich zu legen.

"Du brauchst keine Angst zu haben. Ich mach das alles aus freien Stücken. Ich will es halt einfach nur schaffen, weißt du.", lächelte ich und legte meinen Kopf in ihre Halsbeuge, um kurz danach aber schon wieder aufzublicken. "Du weißt doch, was mich glücklich macht - Ballett und meine beste Freundin; mehr brauche ich nicht.", grinsend blickte ich sie an.

"Bist du dir sicher?", fragte sie scheinheilig und tippelte vor zum Wohnbereich und ließ sich mit der Fernbedienung in der Hand auf der Couch nieder und klopfte auf den Platz neben sich.

"Wieso sollte ich mir da nicht sicher sein.", mit einem Hauch von Ahnung, auf was sie hinaus wollte, ließ ich mich neben ihr nieder und blickte sie von der Seite her an.

"Ich weiß nicht.", grinste sie noch immer und in ihren Augen lag noch immer dieser Funken von Unschuldigkeit, der mich sie mit der Schulter anstoßen ließ. "Nun sag schon - was meinst du?"

"Na, ich bin ja nicht blind und sehe, wie du dir Gedanken um den Herrn Kaulitz machst. Meinst du nicht, dass du dich langsam mal auf den Weg zu ihm in den Park machen sollest? Es sind fast drei Wochen seit eurem Treffen vergangen. Der friert sich doch jeden Abend den Arsch ab.", mit einem Blick voller Mitgefühl blickte Cape mich an und legte den Kopf schief. Mir kam es schon fast so vor, als wolle sie mich mit ihrem Hundeblick überzeugen.

"Er sitzt eh nicht jeden Abend da rum und wartet auf mich. Und wenn, dann kann er auch mal ein bisschen zappeln.", fast schon eingeschnappt verschränkte ich meine Arme vor der Brust und konzentrierte mich auf die Mattscheibe, die an der gegenüberliegenden Wand befestigt war.

"Nach den Blicken, die er dir im [i]Cabana[/i] zugeworfen hat, zu urteilen, sitzt er nicht nur abends da und wartet auf dich.", ich nahm ihre Worte kaum wahr, da ich mich so auf die Sendung konzentrierte, dass ich lange brauchte, um ihr eben Gesagtes aufzunehmen und zu verstehen. Eine Gänsehaut verteilte sich großzügig auf meinem Körper.

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