Mit einer viel zu großen Jogginghose an meinen Beinen lief ich neben Bill durch das große Gebäude bis hin zu den Umkleidekabinen.
"Lauf nicht so schnell, ich komm mit diesem Sack hier nicht hinterher.", grummelte ich und wartete darauf, dass Bill endlich stehen blieb, um mir wenigstens meine Tasche abzunehmen. Die Tatsache, dass ich mit zwei freien Händen die Beine der Hose hochziehen und somit entspannter und ohne die Angst hinzufallen, gehen könnte, blieb mir jedoch verwehrt.
"Wir sind aber spät dran, also komm schon.", schnell öffnete Bill die Tür zur Garderobe, in welche ich ihm hastig folgte. Brummend schmiss ich meine Tasche auf eine der Bänke und entledigte mich meiner Klamotten. Auch Joel schien schon da zu sein, da seine Trinkflasche nicht auf dem gewohnten Platz stand, den ich von vorherigen Malen in meinem Gedächtnis hatte.
"Hast du schon eine Idee, was wir heute Abend machen könnten?", als ich von meinen Klamotten abließ und Bill ansah, bemerkte ich, dass er mich die ganze Zeit über beim Umziehen beobachtet hatte. Gut, dass ich meine Klamotten schon unter dem Trainingsanzug hatte und somit keine nackte Haut zeigen musste. Wobei - zurechtgewiesen hätte ich ihn im anderen Fall natürlich schon.
"Wieso heute Abend? Begleitest du mich jetzt nicht nur mit zum Training, sondern mein ganzes Leben lang?", lachte ich auf und packte meine restlichen Sachen zusammen, um meine Tasche während des Trainings in meinen Spind zu schließen.
"Ach so, soll ich deiner Meinung nach wieder gehen?", brummte er und verschränkte seine Arme vor der Brust. "Ich kann auch meine sieben Sachen packen und wieder gehen!"
"Soll das jetzt eine Drohung darstellen?", lachte ich auf und ging an ihm vorbei, um in Richtung Trainingsraum zu gehen. "Außerdem hast du nicht mal sieben Sachen dabei. Du würdest nicht mal auf fünf kommen.", mit einem Grinsen auf den Lippen lief ich den Gang runter. Zuerst dachte ich, Bill würde mir nicht folgen und somit wirklich seine "sieben Sachen" packen und den Weg gen Daheim antreten, aber als ich sein Schnaufen und das Klacken seiner Stiefel auf dem steinigen Boden durch den hellhörigen Flur hallen hörte, konnte ich mir bei meinem Grinsen auf den Lippen wieder sicher sein. Ich wusste doch, dass er mir sowieso hinterherkommen würde.
"Du kannst eine echte Zicke und dazu noch ganz schön frech sein. Ich will ja mal sehen, was du machst, wenn ich dich nicht jeden Tag begleiten würde.", versuchte er mir zu drohen. Immer noch grinste ich nur und kämpfte mich vor bis zum Trainingsraum, vor welchem ich stehen blieb.
"Mein Lieber, du bist dir hoffentlich im Klaren, wer hier hinter dieser Tür", mit erhobenem Finger deutete ich auf eben diese, "auf mich wartet. Ah, pardon - wohl eher auf dich. Schweig, oder du wirst sehen, was du davon hast.", lächelte ich ihn verrucht an, drückte ihm kurz meinen Zeigefinger auf die Brust und stieß die Tür, die Bill und mich vor besagtem Joel trennten, auf.
"Da bist du ja endlich!", kam er auch schon auf mich zugestürzt und verharrte kurz vor unserer Umarmung urplötzlich. "Äh, tschuldige - ihr meine ich natürlich. Hey, Bill.", lächelnd ging Joel auf Letzteren zu und streckte ihm seine Hand entgegen. Mit einem verkrampften Lächeln auf den Lippen tat Bill es ihm nach und quetschte sich durch seine zusammengepressten Lippen eine Begrüßung heraus.
"Dann können wir ja jetzt anfangen, wenn du schon die ganze Zeit auf mich gewartet hast.", klatschte ich in die Hände. In Gedanken wandelte ich das [i]mich[/i] in ein Bill um und sah vor meinen Augen schon den Gesichtsausdruck, den mir eben jener zugeworfen hätte, wenn ich es tatsächlich laut ausgesprochen hätte. Er hätte mich womöglich umgebracht oder wäre wirklich gegangen und hätte nie wieder etwas von sich hören lassen.
Als ich mich aufwärmte, um mir beim bevorstehenden Training keine Verletzungen zuzuziehen, und Bill mit seinem Handy spielend auf der großen Fensterbank sitzen sah, schossen mir plötzlich unendlich viele Gedanken durch den Kopf: Von meiner Premiere und der Entdeckung im Publikum, über das Treffen im Park und meinen Zusammenbruch, bis hierhin - bis zu dem Punkt, an dem Bill begann mich jeden Tag zu begleiten. Es war ein Wunder, dass er jetzt hier saß und genau dies tat. Wenn ich daran zurückdachte, was er mir früher angetan hatte, wie er mich für mein Hobby schikaniert hatte, stellte sich an meinem ganzen Körper eine Gänsehaut auf. Und jetzt? Jetzt unterstützte er mich bei der Umsetzung meines Traumes einmal in London, mit den ganz Großen tanzen zu können. Wohlmöglich musste ich ihm dankbar sein, dass er mich bis hierher gebracht hat. Wahrscheinlich auch dafür, dass er mir den Weg in meiner Jugend nicht gerade leicht gemacht hatte. Denn dass ich es trotzdem bis hierher geschafft und durchgehalten hatte, zeigte doch nur, dass ich die Kraft besaß, für etwas zu kämpfen, was mir am Herzen lag. Dass ich die Stärke besaß, immer weiterzugehen und mich daran festzuhalten, was mir wichtig war.
Eigentlich konnte ich wohl richtig froh sein, dass es ihn gab. Es waren absurde Gedanken wenn man die Vorgeschichte von Bill und mir kannte, aber trotz dessen konnte ich es guten Mutes behaupten: Ich war froh, dass er da war. Wer sonst hätte mich damals im Park gefunden? Bei den Temperaturen wäre ich an einer Unterkühlung elendig dahingestorben und die Leute wären erst auf mich aufmerksam geworden, wenn es eh schon zu spät gewesen wäre. Wer sonst hätte mich in der Woche Trainingsstopp abgelenkt und auf andere Gedanken gebracht? Oder mit wem sonst hätte ich so einen Spaß, wenn nicht mit ihm? Zwar hatte ich eine beste Freundin, die allerbeste von allen, aber das war immer noch irgendetwas...Anderes.
Halt, vielleicht sollte ich aufhören zu denken. Wenn Freunde oder Freundinnen etwas Anderes waren als ein Junge, dann konnte ich den Jungen doch eigentlich gar nicht als Freund ansehen. Was dachte ich hier bitte? War das gerade mein Ernst?
"Joel, lass uns endlich anfangen.", sprengte ich mit einem Druck in meiner Stimme, der es in sich hatte und Joel, als auch Bill zusammenzucken ließen, meine Gedanken. Ich wollte so etwas nicht denken - nicht einmal ansatzweise!
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Things never turn out the way you expect!
FanfictionEin Hobby? Nein, für Claire ist das Balletttanzen mehr als nur das. Wären da nicht die Jungs, die ihr jedes Mal nach dem Training vor dem Tanzhaus, nahe des Skateplatzes, auflauern und sie mit bloßen Worten schikanieren. Doch das jahrelange Training...