Kapitel 14

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  "Bist du aufgeregt?", fragte Cape mich nach einer Brabbelpause ihrerseits und hielt mir die Tür, die ins Innere des Theaters führte, auf.
"Ach du, kaum. Eigentlich fast gar nicht. Hängt ja auch kaum was von ab.", wank ich ironisch ab und trat auf den roten Teppich, der in dem Foyer ausgelegt war.
"Na dann geht's doch.", grinste sie, woraufhin ein warnender, fast schon boshafter Blick aus meinen Augen zu ihr herüber schweifte. Sofort huschte ein Arm von ihr um meine Schulter. "Du schaffst das schon. Außerdem ist Joel doch mit im Raum und leistet dir mental Beistand.", startete sie dann einen Versuch, um mich zu beruhigen.
"Vergiss es, du kannst einfach nicht beruhigen. Vor allem mich nicht.", lachte ich auf und ging die langen Gänge zu den Übungsräumen entlang. In einem dieser sollte mein Vortanzen stattfinden, auf das ich mich seit Wochen vorbereitete. Ich hatte viel geprobt, doch trotzdem blieb das Gefühl, dass es immer noch zu wenig war, nicht aus. Und genau das war das Problem; denn das machte mich noch unruhiger, als ich eh schon war.
"Aber versuchen kann man es ja mal.", pfiff sie gut gelaunt. "Gott, ich hoffe, dass du weiter kommst. Stell dir mal vor: Die Berühmtheiten und Profitänzer wollen, dass du mit nach London kommst, mit ihnen tanzt und überall bekannt wirst. Sie werden dich lieben und auf Händen tragen, weil sie dich unbedingt haben wollen. Ich kann es mir schon vorstellen, wie du grinsend und hüpfend aus dem Raum kommst und mir dein breites Grinsen schon verrät, dass sie dich haben wollen.", wieder einmal ihre Wünsche und Vorstellungen, über die sie sich mehr Gedanken machte, als ich selbst - dabei ging es doch um mich, oder nicht? Zeitweise kam es mir so vor, als sei sie aufgeregter und mehr bei der Sache, als ich selbst.
"Caprice, könntest du bitte für einen Moment den Mund halten? Ich habe schon genug Probleme damit, mich zu konzentrieren. Also halt doch bitte deinen Mund, bis ich das Ganze hinter mir habe, ja?", ermahnte ich sie, als ich die Tür zum Umkleideraum aufzog und ein vor Aufregung grunzender Joel kurze Zeit später auch schon in meinen Armen lag.
"Hey, hey.", kicherte ich und taumelte leicht zurück. "Du bist aber ganz schön aufbrausend. Lass noch mal alles raus, bevor du dich gleich an die Schritte halten musst."
"Ja, deswegen ja. Gott, ich bin so aufgeregt, Liebes!", gerade jetzt kam sein schwuler Touch, den er sonst gut zu verbergen wusste, ans Tageslicht, was mich leicht kichern ließ. Ich tanzte und war schon lange mit ihm befreundet, jedoch präsentierte er sich vor mir auch nur dann so, wenn er aufgeregt war oder seine fünf Minuten hatte.
"Also mit Aufregung kommst du bei Claire nicht weit.", murmelte Cape zwischen zwei Küssen, die die beiden sich zur Begrüßung auf die Wange drückten.
"Nur, weil du aufgeregter bist als ich? Was eigentlich überhaupt nicht normal ist, schließlich geht es um mich und nicht um dich. Aber nun gut, wir wussten ja schon immer, dass Caprice ein wenig seltsam ist.", war ich nun diejenige, die eher in Joels als in Capes Richtung losbrabbelte, während ich mir meine Jogginghose abstreifte und meine Strumpfhose und der Body zum Vorschein kam, den ich für das Vortanzen ausgewählt hatte. Eigentlich hätte ich etwas viel Spektakuläres ausgewählt, aber meine Trainerin hielt mich davon ab - hier ging es schließlich nur ums Tanzen und nicht um das drum herum.
"Darf ich jetzt noch nicht einmal mehr aufgeregt sein, wenn ein wichtiges Vortanzen von meiner besten Freundin und Mitbewohnerin ansteht?", kurz stoppte sie und hoffte auf meine fehlende Reaktion. "Nun gut, dann bin ich eben aufgeregt, weil Joel, ein guter Freund, ein Vortanzen hat. Und eigentlich bin ich auch nur wegen ihm hier.", mit rausgestreckter Zunge drehte sie sich von mir weg und widmete sich meinem Tanzpartner. Eine Antwort gab ich ihr nicht, da ich genau wusste, dass es nicht ernst gemeint war und nur in endlos lange Diskussionen ausarten würde. Einzig und allein mit einem Kopfschütteln, begleitet von einem Lächeln, reagierte ich, ehe ich mich meinen Haaren widmete. Das laute Lachen und Quieken der beiden anderen nahm ich nicht mehr wahr. Ich wollte alles einfach nur noch ausstellen und mich ganz allein auf den kommenden Auftritt - soweit man es so nennen konnte - konzentrieren. Es hing viel davon ab. Vielleicht würde sie mich ja wirklich nach London einladen und mir die Chance geben, in einem Stück mitzutanzen, welches dort aufgeführt werden würde. Dann hätte ich eine Auszeit von dem ganzen Stress, den ich mir in den letzten Wochen und Monaten mit dem Training, der Uni und...Bill gemacht hatte. Bill. Genau den wäre ich dann nämlich auch los. Dann hätte ich nicht mehr das Problem mit der Entscheidung, ob ich nun in den Park gehen sollte oder nicht. Auch wenn ich der Meinung war, dass er nach über zwei Wochen sicherlich nicht mehr jede Nacht dort sitzen würde. Er hatte doch schließlich auch einen Job und ich glaubte nicht daran dass genau dieser Job es zulassen würde, dass er sich um Mitternacht Tag für Tag die Beine im Park in den Bauch stand und auf ein Mädchen wartete, dass er früher verabscheut und schikaniert hatte.
"Darling, da bist du ja.", geschockt zuckte ich zusammen, drehte mich um meine eigene Achse und blickte in das lächelnde Gesicht meiner Tanzlehrerin. Erleichtert atmete ich ein, da mein Herz in dem Moment vor Aufregung nahezu gehämmert hat.
"Hey.", ich drückte ihr ein Kuss auf die Wange und streichelte sanft über ihren Arm.
"Bist du aufgeregt?", ihr italienischer Akzent machte sie noch sympathischer, als sie eh schon war.,
"Oh ja, und wie.", grinste ich und machte meine Nervosität mit einem hin und her gehüpfe deutlich.
"Das wird schon. Ich weiß, dass du das packen wirst. Schließlich bist du meine beste Tänzerin und hast es einfach verdient.", noch einmal nahm sie mich in den Arm, ehe sie sich an Joel wand und uns deutlich machte, ihr zu folgen. Jetzt gab es wohl kein Zurück mehr; jetzt war der Moment gekommen, an dem es hieß, alles zu geben.  

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