Kapitel 11

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"Claire? Joel hat angerufen und gefragt, ob wir mit ins Cabana kommen. Er meinte irgendetwas davon, dass ihr noch auf eure gelungene Premiere anstoßen wolltet und hat dir persönlich etwas Wichtiges zu sagen. Das darfst du dir also nicht entgehen lassen.", gedämpft tönte Caprice' Stimme durch die Badezimmertür, hinter welcher ich im Schaumbad lag und darauf hoffte, dass die restlichen Schmerzen in meinem Nacken - Cape hatte mich zuvor schon ausgiebig massiert - auch noch verschwanden. Seufzend tauchte ich einmal unter, da ich total in meinen Gedanken versunken war und gerade heute eigentlich keine Lust darauf hatte, Cocktails zu trinken und zu feiern, aber was tat man nicht alles für seinen Lieblingstanzpartner? Und natürlich war ich auch neugierig, was er mir persönlich zu sagen hatte.
"Warte, ich komme gleich.", gab ich nur seufzend zurück und hievte mich wehmütig aus dem warmen, entspannenden Wasser, um mir ein Handtuch umzuwickeln und die Tür aufzuschließen. Mein Nacken fühlte sich schon gleich besser an, weswegen ich mich - trotz meiner eigentlich schlechten Laune - lächelnd in den Türrahmen stellte und meinen Kopf schief legte.
"Also heute eine riesen Sause veranstalten, ja?", grinste ich meine beste Freundin an, um mich selbst davon zu überzeugen, dass schlechte Laune gar keinen voranbringen würde. Vielleicht wäre es ja doch eine gute Idee, ein bisschen feiern zu gehen und sich auf andere Dinge zu konzentrieren, als auf meine absurden Gedanken Bill Kaulitz wirklich zu verzeihen. Aber noch war nichts entschieden und das sollte vorerst auch so bleiben, schließlich konnte ich ihn auch an einem seidenen Faden baumeln lassen. Wenn er schon jeden Tag um Mitternacht in den Park gehen wollte, dann sollte das nicht nur ein- oder zweimal sein, sondern sich auch lohnen.
"Na sicher. Also mach dich fertig, wir sollen um neun im Cabana sein.", grinste Cape mich noch an, ehe sie verschwand und mich kichernd im Türrahmen stehen ließ. Manchmal war die Welt schon absurd; fast so absurd wie meine Gedanken. Aber um mal bei der Welt zu bleiben...Menschen haben so oft so schlechte Laune, spielen anderen und sich selbst aber genau das Gegenteil von dem vor. Wieso tun sie das? Um die anderen um sich rum nicht auch noch mit in diesen "Schlechte-Laune-Fluss" mit reinzuziehen? Oder um sich selbst etwas vorzumachen, in der Hoffnung, dass man sich selbst verarschen kann? Wie gesagt: Absurd. Wie so vieles, was hier um mich geschah, absurd war. Manchmal wünschte ich mir einen Stop-Knopf, auf den ich draufdrücken konnte, um einmal tief Luft zu holen und den Play-Knopf, wenn ich wieder Kraft besaß mich mit meinem eigenen Leben auseinanderzusetzen.

"Freust du dich?", hüpfte Cape neben mir auf dem Bürgersteig entlang, ehe sie vor der besagten Cocktailbar stehen blieb und mich mit schief gelegtem Kopf ansah.
"Natürlich. Aber vor allem bin ich neugierig und aufgeregt, was Joel mir wohl zu sagen hat.", grinste ich - meine schlechte, wenn auch nicht mehr allzu schlechte Laune überspielend - meine beste Freundin an. "Lass uns reingehen."
Kaum hatten wir die Tür aufgezogen erschlug uns auch schon fast das ganze Stimmenwirrwarr vermischt mit lauter Musik. Eigentlich ging man davon aus, dass Musik in Cocktailbars nur als Hintergrundmusik neben Gesprächen dienen sollte, jedoch war es hier im Cabana irgendwie anders. Die Gäste von dem Besitzer - sein Name war Carlos und er war ein Mann, den jede Frau wohl nicht gerade von der Bettkante stoßen würde - waren es gewohnt und bis jetzt hatte sein Konzept noch keiner negativ entgegengenommen.
"Hey Mädels.", rief besagter dann auch schon hinter seiner Theke zu uns herüber. "Joel sitzt wie gewohnt. Und für euch das Gewohnte zum Trinken?", ein Wangenkuss rechts und links und wir nickten ihm nur dankend zu. Die Harmonie, die hier in dieser Bar herrschte war kaum zu ersetzen. Wenn du das erste Mal hier warst, gingst du nicht aus dem Laden, ohne mit Carlos eine Unterhaltung gehabt zu haben. Er kümmerte sich um seine Gäste und mit der Zeit war er nicht nur unser Barkeeper des Vertrauens, sondern auch ein guter Freund geworden, mit dem man den ein oder anderen Tag am Wochenende - soweit es seine Arbeit zuließ - durch die Discotheken zog und seinen Spaß hatte.
Grinsend und zur Musik mitwippend gingen wir durch die doch sehr geräumige Bar, bis wir bei Joel ankamen, der auch schon von seinem Platz aufsprang und auf mich zugelaufen kam.
"Claire, schön, dass ihr gekommen seid.", überschwänglich fiel er mir um den Hals, drückte mir einen Kuss auf meine Wange und schlang kurz darauf seine Arme so fest um mich, dass ich das Gefühl hatte, von seiner Kraft erdrückt zu werden.
"Ich freu mich auch, schließlich müssen wir uns feiern!", erwiderte ich ihm Luftschnappend und war froh, als er seinen Griff lockerte und sich Cape widmete.
"Was gibt es denn so Wichtiges, mein Lieber?", neugierig schielte ich ihn an und nahm einen Schluck aus seinem Cocktailglas, da unsere Bestellung noch nicht da war.
"Du wirst es nicht glauben und mich womöglich für verrückt halten, aber", grinsend sah mein Tanzpartner zwischen meiner besten Freundin und mir hin und her. Das mit dem auf die Folter spannen konnte er schon seitdem wir uns kannten so super, dass er mich das ein oder andere Mal zur Weisglut trieb und das ganze in einem Streit zwischen uns endete. "Karsten Raduenz und Darcey Russell wollen mit uns trainieren.", führte er seinen Satz zu Ende. Mir blieb die Spucke weg, sofort entwichen mir jegliche Gesichtszüge und mein Kopf fing wie von alleine an, sich langsam und monoton immer wieder von links nach rechts und von rechts nach links zu bewegen. Fassungslos klappte mir die Kinnlade hinunter, als meine beste Freundin schon an Joels Hals hing und ihn quiekend beglückwünschte. Ich sollte mit den wohl berühmtesten und erfolgreichsten Balletttänzern trainieren, die schon seit Jahren mein Vorbild waren? Ich konnte es nicht glauben.
"Was bitte?", quetschte ich dann ungläubig zwischen meinen Lippen heraus. "Das kann doch gar nicht wahr sein.", meine Fassungslosigkeit verwandelte sich in ein Lachen, sofort schlug ich meine Hände vor den Mund, als Joel meinem Gesagtes mit einem doch widersprach.
"Oh mein Gott.", quiekte ich dann und fiel ihm genauso überschwänglich um den Hals wie er mir zuvor bei der Begrüßung. Ich war an dem Punkt angelangt, dass ich sagen konnte, dass ich es keine Sekunde mehr bereute mit Cape heute hier her gekommen zu sein.
"Es gibt was zu feiern, habe ich gehört? Herzlichen Glückwunsch euch beiden. Und bei der nächsten Aufführung will ich einen reservierten Platz in der ersten Reihe.", kam Carlos grinsend mit dem Tablett, auf welchem unsere Cocktails standen, zu unserem Platz.
"Aber sicher doch.", grinste ich und ließ mich von ihm drücken. "Das ist so unglaublich, ich kann es gar nicht glauben."
"Trink erstmal einen Schluck, vielleicht realisierst du es dann.", grinste Carlos noch, ehe er mit einem Stupsen auf meine Nase unseren Tisch verließ und sich wieder seiner Arbeit hinter der Theke widmete.
"Das ist so unglaublich, ich freue mich so für euch. Wahrscheinlich werdet ihr entdeckt und verschwindet nach London, um im Royal Ballett zu tanzen.", träumte Caprice, woraufhin ich ihr nur einen Vogel zeigte und in einem Lachen verfiel.
"Träum weiter, Schätzchen. Außerdem kann ich dich doch nicht allein lassen; du würdest in der großen, weiten Stadt Hamburg untergehen.", sanft drückte ich ihr einen Kuss auf die Wange auf.
"Es gibt was zu feiern? Glückwunsch schon mal.", ertönte zwischen unserem Gelächter eine Stimme, die mir so bekannt und doch so fremd vorkam. Eine Stimme, die mich den Traum mit Caprice nicht mehr mitträumen ließ, sondern mich von jetzt auf gleich in die Realität zurückholte.

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