» Prolog

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  Eine Geschichte, die schon älter ist, mir aber noch immer am Herzen liegt. Ich würd mich freuen, Rückmeldungen zu bekommen und wünsche euch viel Spaß!


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"Schau mal, da ist sie wieder, unser kleines Tanzmäuschen.", sofort verfielen die Jungs in schallendes Gelächter, als ich mit meiner Tasche über der Schulter aus der Tanzschule kam. Es war jedes Mal ein Spitzrutenlauf, wenn ich aus der Tür trat und alle mit ihrem Skateboard zu mir gerollt kamen und dieses gehässige Grinsen auf ihren Lippen hatten. Von ihren Sprüchen wurde ich kein einziges Mal verschont, jedes Mal durfte ich mir Beleidigungen anhören.

"Na? Hast du deine Ballettschühchen und dein Tutu wieder ausgeführt?", grinste der schwarzhaarige Junge mir hämisch ins Gesicht.
"Mal gucken, welches Kleidchen sie heute dabei hat.", grinste sein Zwilling mit den kurzen Dreads dreckig und riss mir meine Tasche von der Schulter. Ich versuchte mich zu wehren, schlug mit meinen Fäusten gegen den Brustkorb des Jungen und versuchte ihn von mir wegzustoßen - erfolglos. Schneller, als ich gucken konnte, hatte er auch schon meine Tasche geöffnet und zog mein neues Tutu heraus. Lange hatte ich gespart, um es mir leisten zu können, und war somit zu meinem Heiligtum geworden. Ballett und alles, was damit zu tun hatte, war für mich mein Leben.
„Gib mir meine Tasche wieder.", nuschelte ich mehr leise als laut, eher schüchtern als selbstbewusst und griff ein weiteres Mal nach ihr. Doch wieder erfolglos - wieder führte mein Griff ins Leere.
„Ey, Jungs, kommt mal rüber und guckt euch das an.", dreckig lachend hielt er meinen Ballettanzug zwischen Zeigefinger und Daumen baumelnd in die Luft, reckte sich so hoch, dass ich in keinster Weise hätte dran kommen können, und machte eine winkende Geste, woraufhin die restlichen Jungs seiner Clique auch schon angerannt kamen und sich das - in meinen Augen Desaster - lachend ansahen. Wie ein Häufchen Elend stand ich alleine vor den Zwillingen, die hinter ihrem Rücken noch sechs von ihren Freunden stehen hatten, und schielte auf den Boden. Mein Kopf glühte und ich kämpfte mit meinen Tränen. Bloß nicht anfangen zu weinen, Claire, dachte ich mir. Sei jetzt stark.
„Wenn ihr meint, dass das Ganze hier lustig ist, dann habt ihr euch mächtig geschnitten.", schrie ich plötzlich los, hatte meinen Mund gar nicht mehr unter Kontrolle, und blickte in die Jungenmasse. Geschockt blickten mich die Augenpaare an. „Würdest du es auch noch genau so lustig finden, wenn ich dein scheiß Holzbrett mit den vier Rollen drunter nehme, und es in der Mitte zerbreche? Wenn ich es in die Elbe werfe? Ich glaube nicht, oder?", funkelnd sah ich ihn an. Sein Blick hatte immer noch diesen Hauch von Schock und Fragwürdigkeit in sich. Ich wusste ganz genau, dass keiner von den acht Trotteln jemals damit gerechnet hätte, dass ich meinen Mund aufmache. Und genau das machte mich, wenn auch nur um ein kleines Stück, selbstbewusster.
„Und jetzt gebt mir verdammt noch mal meine Sachen wieder und lasst mich in Ruhe, Kaulitz'!", wütend entriss ich dem Dreadkopf mein Tutu, dem Schwarzhaarigen meine Tasche und drehte mich um, um nach Hause zu gehen. Euch werde ich es noch zeigen, dachte ich.

Es war der letzte Tag, an dem die Jungs, geschweige denn die Zwillinge irgendetwas zu mir sagten. Einen Monat später waren sie verschwunden. Oft fragte ich mich wieso, doch als ich an einem Augustmorgen 2005 die Zeitung aufschlug wusste ich, wo die beiden Jungs abgeblieben waren.

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